ÖVP will - wie die SPÖ - den Pflegeregress abschaffen

Sebastian Kurz und Christian Kern
Sebastian Kurz hat seine Vorstellungen zum Thema Gesundheit preisgegeben, darunter das Aus für den Pflegeregress. Christian Kerns Reaktion: "Erledigen wir's gleich.“

Sebastian Kurz hat am Dienstag einen Teil seines Wahlprogramms verraten. In zehn Punkten formulierte der ÖVP-Chef seine Vorstellungen zum Thema Gesundheit, darunter das Aus für den Pflegeregress. Eine Forderung, die auch SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern stellt.

Die Pflegekosten sollen laut Kurz aus dem Budget kommen. 150 bis 200 Millionen Euro würde das Aus laut Kurz für den Regress bedeuten. Die SPÖ will das Aus über die Einführung der Erbschaftssteuer finanzieren.

Kurz will das dagegen durch andere Maßnahmen in seinem Programm finanzieren, wie etwa dem Stopp der Neuzuwanderung ins Sozialsystem. Derzeit gebe es eine hohe Zuwanderung von Personen, die mehr aus dem Sozialsystem heraus nehmen, als sie einzahlen. Bei einem Stopp wären Einsparungen von einigen hundert Millionen Euro möglich, so Kurz.

Kern an ÖVP: "Erledigen wir's gleich"

Kern hat auf diese Ansage des ÖVP-Chefs prompt reagiert. Die SPÖ will nun schon diesen Donnerstag im Nationalrat einen Antrag auf Abschaffung des Pflegeregresses einbringen. Sein Vorschlag an die ÖVP laute: "Erledigen wir's gleich“. Die geforderte Erbschaftsteuer zur Finanzierung soll in dem Antrag aber nicht enthalten sein. Die zur Gegenfinanzierung geforderte Steuer auf Erbschaften und Schenkungen ab einer Million Euro pro Erbe sollte laut Kern 500 Millionen Euro jährlich bringen. Es sei laut Christian Kern derzeit schwierig, eine politische Mehrheit dafür zu finden. Jetzt wolle man einmal das Problem des Regresses lösen.

Gefragt, ob er die Erbschaftssteuer also erst in der nächsten Legislaturperiode verhandeln wolle, räumte der Kanzler ein, "realistisch betrachtet" gebe es derzeit großen Widerstand von ÖVP und FPÖ. Wenn es kurzfristig möglich wäre, wäre das "großartig", aber man stelle sich jedenfalls mit diesem Konzept am 15. Oktober zur Wahl.

Kritik an Kurz´ Vorstellungen

Dass Kurz das Aus des Pflegeregresses aus dem laufenden Budget finanzieren will, reicht dem Kanzler nicht: "So billig darf man sich nicht aus der Affäre stehlen." Nicht ganz nachvollziehbar findet Kern denn auch den Gedanken, über die Eindämmung des Zuzugs ins Sozialsystem Geld zu lukrieren. Was immer man sich darunter vorstellen könne, es werde "mit Sicherheit" nicht ausreichen, um das, was die SPÖ im Pflegebereich vorhabe, zu finanzieren, erklärte der Kanzler.

FPÖ, Grüne und Team Strochach auch für Aus

Sowohl FPÖ als auch Grüne und Team Stronach haben sich am Dienstag ebenfalls für eine Abschaffung des Pflegeregresses ausgesprochen. Die Blauen wollen einen entsprechenden Antrag bereits am Mittwoch im Nationalrat zur Abstimmung bringen.

Länder auch dafür

Die Bundesländer sind grundsätzlich auch zur einer Abschaffung des Pflege-Regresses bereit. Allerdings pochen vor allem die ÖVP-geführten Länder auf eine Berücksichtigung des Einnahmenentfalls und eine Klärung der Finanzierung.

Was Kurz sonst noch fordert

Mehr Hausärzte, kürzere Wartezeiten Sebastian Kurz hat im Ö1-Morgenjournals noch andere konkrete Forderungen zum Thema Gesundheit vorgestellt. Konkret will er sich unter anderem für mehr Hausärzte mit längeren Öffnungszeiten einsetzen, um die Ambulanzen zu entlasten. Außerdem soll es Limits bei Wartezeiten auf wichtige Untersuchungen und Operationen geben. Kurz schlägt auch Landarztstipendien vor, um den Bereich am Land für junge Mediziner attraktiver zu machen. 50 Millionen Euro will man laut Ö1 investieren.

Foto auf e-card Unter dem Titel Digitalisierung und Innovation sollen Tele-Medizin und E-Health forciert werden, durch Missbrauchsbekämpfung und entsprechende Sanktionierungen 200 Millionen eingespart werden. Verpflichtende Fotos auf e-cards sollen Missbrauch vorbeugen. Laut einer Meldung des Sozialversicherungs-Dachverbandes würde diese Maßnahme allerdings auch 18 Mio. Euro kosten.

Entlastung für Angehörige Bei Demenzerkrankungen sowie in der Hospiz- und Palliativversorgung will der ÖVP-Chef eine Absicherung durch die öffentliche Hand gewährleisten. 20 Millionen Euro seien dafür nötig. Zur Entlastung der Angehörigen sollen Schritte der Deregulierung gesetzt werden. Kurz nennt einfache Systeme im Bereich der Pflegebehelfe oder die Pflegefreistellung. "Die Angehörigen sind der größte Pflegedienst des Landes und verdienen unsere volle Unterstützung. Ein serviceorientierter Staat darf die pflegenden Angehörigen nicht wie Bittsteller behandeln."

Bürokratieabbau Auch ein Bürokratieabbau bei den Sozialversicherungen ist geplant. Mit 36 Sozialversicherungsträgern mit unzähligen Funktionären und hohen Strukturkosten wurden laut Kurz Systeme geschaffen, wo nicht der Patient im Mittelpunkt steht, sondern oft die Systeme selbst. Die Systemkosten müssten zugunsten der Patienten und Pflegebedürftigen umgeleitet werden. Kurz sagte dazu zu Ö1: "Schlankere Strukturen sind definitiv notwenig."

Vorsorge Der ÖVP-Chef setzt auch auf die Stärkung der Gesundheitsprävention. Langfristige Kostensteigerungen könnten so reduziert werden. Für die jährliche Vorsorgeuntersuchung soll es einen Bonus geben. Kosten: 100 Millionen Euro.

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