Kurz: Ungarn muss EuGH-Urteil "respektieren"

Außenminister Kurz traf seinen ungarischen Amtskollegen bei der UNO-Vollversammlung in New York und sprach mit ihm über Ungarns Handeln in der Flüchtlingskrise.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat Ungarn aufgefordert, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg zur Umverteilung von Flüchtlingen zu "respektieren". Gleichzeitig bekräftigte Kurz bei der UNO-Vollversammlung in New York aber, dass ein Systemwechsel in der "gescheiterten Politik der Umverteilung" in Europa nötig sei, wie ein Sprecher Dienstag früh (Ortszeit) sagte.

Bei einem Gespräch mit Ungarns Außenminister Peter Szijjarto am Montagabend (Ortszeit) stellte der Außenminister demnach klar, dass die nationalkonservative Regierung in Budapest den Richterspruch akzeptieren müsse, wonach ein 2015 mehrheitlich unter den EU-Staaten getroffener Beschluss zur Umverteilung von Flüchtlingen rechtens ist. Ministerpräsident Viktor Orban sperrt sich weiterhin gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Auch Szijjarto hatte die Entscheidung des EuGH scharf kritisiert.

Kurz zeigte auch Verständnis

Dennoch ließ Kurz Verständnis für die Haltung Orbans durchklingen. "Wir müssen auf den Stopp illegaler Migration, die Sicherung der EU-Außengrenzen und Hilfe vor Ort setzen", betonte er. Ungarn leiste bei der Sicherung der EU-Außengrenzen einen wichtigen Beitrag.

Kurz setzt auf Kooperation mit Libyen

Auch bei einem informellen EU-Außenministertreffen am Montagabend war die Migration in Verbindung mit Libyen das Hauptthema, wie es aus dem Umfeld des Ministers hieß. Dieser habe auch dort die Forderung nach einem Systemwechsel vorgebracht. Es sei wichtig mit Libyen zu kooperieren, stellte Kurz gegenüber österreichischen Journalisten fest.

Von einer Lösung sei man zwar noch weit entfernt, die Richtung stimme aber: "Es gibt kaum noch Menschen, die auf der Mittelmeerroute gekommen sind." Zudem sei es wichtig "sicherzustellen, dass NGOs nicht in libyschen Gewässern unterwegs sind". Weiters brachte der Außenminister bei seinen Gesprächen auch Österreichs Bewerbung für den Sitz der Europäischen Bankenaufsicht EBA und der EU-Arzneimittelagentur EMA vor.

Treffen mit Guterres

Bei einem Treffen mit UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, das Kurz am Mittwoch gemeinsam mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen am UN-Sitz in New York absolvieren wird, soll auch die Stärkung des UNO-Standortes Wien angesprochen werden. Dies sei neben dem politischen Gewicht auch als wichtiger Wirtschaftsfaktor von Bedeutung. Bei der derzeit laufenden Generalversammlung in New York steht auch die von Guterres forcierte Reform der Vereinten Nationen, die unter anderem einen Bürokratieabbau vorsieht, im Fokus. Solche Veränderungen seien positiv und notwendig, erklärte Kurz. Es sei aber wichtig, dass es sich um Reformen handle, welche die "UNO stärken und nicht schwächen".

Die angestrebten Reformen sind auch unter dem Eindruck der Kritik von US-Präsident Donald Trump zu sehen. Dieser hatte die Vereinten Nationen am Montag scharf gemaßregelt. "Wegen Bürokratie und Misswirtschaft haben die UN ihr volles Potenzial nicht erreicht", sagte Trump. Das Budget der Weltorganisation habe sich seit dem Jahr 2000 um 140 Prozent erhöht und die Zahl der Mitarbeiter verdoppelt. Aber: "Die Ergebnisse entsprechen diesen Investitionen nicht."

Kurz zu Nordkorea: "Eine militärische Lösung kann es ja nicht sein."

Ein weiteres Hauptthema des UNO-Treffens ist der Konflikt um Nordkoreas Atomprogramm. Es sei diesbezüglich notwendig, Druck auszuüben, das Verhalten Nordkoreas sei "inakzeptabel", stellte Kurz fest, der am Mittwochabend bei der Vollversammlung auch eine Rede halten wird. Allerdings müssten alle politischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. "Eine militärische Lösung kann es ja nicht sein." Am Mittwoch wird Kurz in diesem Zusammenhang auch ein Gespräch mit dem südkoreanischen Außenminister Kang Kyung-wha führen.

Generell zeigte sich Kurz zufrieden, dass es am Donnerstag mit der Unterzeichnung eines Nuklearwaffenverbotsvertrags einen weiteren Zwischenschritt zum Ziel des Verbots von Atomwaffen geben werde. Dennoch dürfe man nicht "naiv" sein, forderte der Außenminister. "Staaten mit Atomwaffen wird es weiterhin geben.

Kurz für "Peace-Keeping-Mission" im Ukraine-Konflikt

Als aktueller Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) werde er bei der UNO-Generalversammlung auch den Ukraine-Konflikt erörtern, erklärte Kurz. Der Idee des Einsatzes einer "Peace-Keeping-Mission" der UNO stehe er "positiv" gegenüber. Es müssten freilich die Rahmenbedingungen geklärt werden, wo diese Mission zum Einsatz kommen solle. Er denke, dies sollte "nicht nur entlang der Kontaktlinie, sondern auch darüber hinaus, geschehen. Weiters erachte er es für sinnvoll, wenn die Mission bereits vor einem offiziellen Waffenstillstand eingesetzt werde. Zum Thema Ukraine stand am Dienstagnachmittag auch für Bundespräsident Alexander Van der Bellen ein bilaterales Gespräch mit seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko auf dem Programm.

Kurz und Van der Bellen trafen iranischen Präsidenten

Weiters wird der Bundespräsident im Lauf des Dienstags die Präsidenten Afghanistans (Ashraf Ghani), des Libanon (Michel Aoun) und Ecuadors (Lenin Moreno) treffen. Zudem wird er an einem Umwelt-Gipfeltreffen und einem Empfang teilnehmen, den der US-Präsident traditionell für die anwesenden Staatsoberhäupter gibt. Am Montag sprachen Van der Bellen und Kurz mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rouhani über den Stand bezüglich des 2015 ausgehandelten Atomvertrags.

Dieser war unter anderem durch Verhandlungen in Wien zustande gekommen. Während die EU mit dem Abkommen zufrieden ist, wurde es vom neuen US-Präsidenten Donald Trump aber mittlerweile mehrmals infrage gestellt. Am Montag sagte Trump bei einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, er wolle "sehr bald" darüber entscheiden, ob die USA sich aus dem internationalen Abkommen über das iranische Atomprogramm zurückziehen. Netanyahu lehnt das Abkommen als "schlecht" ab. "Entweder wird es geändert oder es wird gekündigt", meinte er vor einigen Tagen.

Anlässlich des Treffens mit Rouhani stießen Kurz und Van der Bellen auch auf Frankreich Präsidenten Emmanuel Macron, der ebenfalls einen Termin mit dem iranischen Staatsoberhaupt hatte. Kurz kommt am Vormittag mit Henry Kissinger zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen. Der ehemalige US-Außenminister (1969 bis 1977) ist 94 und damit um 63 Jahre älter als Kurz.

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