Kurz, Lunacek & Strolz: Viel Streit, kaum Untergriffe

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Die Zweier-Konfrontationen zwischen Kurz, Lunacek und Strolz brachten manche Überraschung.

Und dann musste auch Sebastian Kurz ins Doppel-Duell: Montagabend absolvierte der ÖVP-Chef, was vor ihm schon FPÖ-Boss Heinz-Christian Strache und SPÖ-Kanzler Christian Kern erledigt hatten: Zwei unmittelbar aufeinander folgende Konfrontationen auf Puls4.

Das erste Duell bestritt Kurz mit Grünen-Chefin Ulrike Lunacek. Und es war ein weitgehend unspektakulärer Schlagabtausch. Beide blieben diszipliniert und zurückhaltend, man glitt nicht in Persönliche ab – wohl aus gutem Grund: Ulrike Lunacek ist keine, der scharfe oder gar untergriffige Angriffe besonders liegen; der Außenminister wiederum wusste genau: Es schickt sich nicht für ein Regierungsmitglied, die Spitzenkandidatin einer kleinen Partei zu attackieren – zumal die Grünen ohnehin mit bescheidenen Umfragewerten zu kämpfen haben.

Aber zurück zum Gespräch: Nach einer Runde zur "Ehe für alle", wo die Standpunkte weidlich bekannt sind – Kurz will nicht, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften "Ehe" heißen, Lunacek sieht darin eine Diskriminierung – landete die Konfrontation schnell bei dem alles dominierenden Thema, also bei Integration und Zuwanderung.

Kurz versuchte eher emotionslos, die Unterschiede zwischen seiner Politik und jener der Grünen herauszuarbeiten. Seine Grundthese: Lunacek & Co würden aus "falscher Toleranz" vieles akzeptieren, ja gutheißen, was die aufgeklärte Demokratie am Ende gefährdet.

Lunacek konterte, indem Sie Kurz Versagen vorhielt ("Als Integrationsminister sind Sie gescheitert!"), und ihn etwa bei der Streichung von Sozialleistungen für EU-Ausländer in die Nähe der rechtsrechten AfD brachte.

Kontroversiell, wenn überhaupt, wurde es bei der EU, wo sich beide allerdings ein wenig in der Frage verloren, wie "tief" die Integration am Ende gehen soll.

Den Klimawandel streifte man am Rande, die Bildung de facto gar nicht. Und trotzdem konnte Lunacek bei der anschließenden OGM-Umfrage in Teil-Bereichen ausnehmend gut abschneiden. Ein Beispiel: Bei der "Ehe für alle" hielten satte 38 Prozent der Zuschauer ihre Argumentation für besser als die des ÖVP-Chefs (47 %) – angesichts der Umfragewerte der Grünen "großer Erfolg", wie OGM-Chef Wolfgang Bachmayer im Gespräch mit dem KURIER befundet.

Kurz, Lunacek & Strolz: Viel Streit, kaum Untergriffe
ABD0120_20170925 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.), NEOS-Spitzenkandidat Matthias Strolz, Puls4 Moderatorin Corinna Milborn, ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz am Montag, 25. September 2017, anl. eines Puls 4- Duells in Wien. Am 15. Oktober 2017 finden in Österreich vorgezogene Nationalratswahlen statt. - FOTO: APA/HANS PUNZ

Zwei Gegner aus dem selben Stall

Einem bei Lunacek erprobten Erfolgskonzept, und damit ist die zweite Debatte angesprochen, blieb Kurz bei Neos-Chef Matthias Strolz treu: Kurz versuchte sympathisch rüber- und weitgehend ohne Untergriffe auszukommen.

Das begann beim obligaten Begrüßungsgeschenk – während Strolz Kurz spöttelnd eine "Ahnengalerie" mit Fotos früherer ÖVP-Chefs überreichte, schenkte Kurz dem Pinken Familientickets fürs Planetarium.

Und es setzte sich in der Debatte fort. Nicht nur einmal lobte der VP-Chef den von der ÖVP abgefallenen Strolz. "Kurz hat mehrfach versucht das Verbindende hervorzukehren und sich betont wertschätzend positioniert", analysiert Bachmayer. "Damit machte er es seinem Gegenüber schwerer, ihn anzugreifen, weil es unsympathisch wirkt, wenn man Menschen angreift, die einen loben."

Die Haltung, das war das eine. Das andere war die Themen-Lage: Migration und Integration sind Themen, bei denen Kurz eine Hausmacht hat. "Hier muss er nichts mehr erklären", sagt Bachmayer. "Hier weiß man, wofür er steht, die ,Balkanroute‘, die ,Mittelmeerroute‘ – mit den Begriffen wissen die Zuhörer, was er gemacht und was er noch vorhat."

Demgegenüber müsse Strolz beim Themen-Komplex "viel mehr erklären".

Unpackbar

Das ist wohl mit ein Grund, warum der Neos-Chef an dieser Stelle auffallend emotional wurde.

"Ich find’s unpackbar, dass die Regierung nicht besser vorbereitet war!", sagte Strolz etwa über die Flüchtlingswelle 2015 – die Regierung hätten von Geheimdiensten wissen müssen, was auf Europa zukommt.

Kurz konterte unter anderem damit, dass die Neos blind seien was den Sozialmissbrauch und die Gefahren der Zuwanderung ins Sozialsystem angehe.

Interessant wurde es, als Strolz und Kurz über Pensionen und Bildung stritten. Beides sind, das sieht auch OGM-Chef Bachmayer so, Themen, bei denen die Neos punkten können.

"Wir müssen den Kindern die Flügel heben, diese Bildungsreform ist crap!", warf Strolz dem ÖVP-Chef entgegen.

39 Prozent der Zuschauer sagten anschließend, die Neos hätten beim Reform-Thema überzeugt, für 42 Prozent war der ÖVP-Chef in dem Fall überzeugender. Es war also ein überraschendes Unentschieden, ein Punktesieg für die Pinken.

Doch auch Kurz überraschte. "Bislang, sagt Bachmayer, habe er sich zurückhaltend präsentiert, die Auseinandersetzung gemieden. "Strolz war hochtourig wie immer. Und Kurz ist das Tempo mitgegangen."

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