KURIER-OGM-Umfrage: Wahlkampf versinkt im Sumpf der Schuldzuweisungen

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Selbst deklarierte SPÖ-Wähler sehen Verantwortung für den Schmutzkübel-Skandal bei ihrer Partei. SPÖ will einen ÖVP-Skandal daraus machen.

Bundeskanzler Christian Kern versucht aus dem Schussfeld der Silberstein-Affäre zu kommen. Wie glaubwürdig ist er, wenn er sagt, er habe von Silbersteins Aktivitäten nichts gewusst.

Die Hälfte der Wahlberechtigten glaubt Kern, von den gefälschten Facebook-Seiten nichts gewusst zu haben, 41 Prozent sehen das nicht so, der Rest macht keine Angaben. Das ergibt eine aktuelle OGM-Umfrage (siehe Grafik), die im Auftrag des KURIER am 4. und 5. Oktober durchgeführt wurde.

KURIER-OGM-Umfrage: Wahlkampf versinkt im Sumpf der Schuldzuweisungen
Grafik
Generell sind etwas mehr Männer (53 %) als Frauen (47 %) davon überzeugt, dass Kern in der Causa Facebook ahnungslos war. Auch die 50 Plus-Generation nehmen dem SPÖ-Spitzenkandidaten stärker ab, nichts gewusst zu haben, als Wähler unter 30.

72 Prozent der Befragten sind hingegen überzeugt, dass die SPÖ in die Affäre Silberstein verwickelt sei und dafür auch die Verantwortung trägt. 23 Prozent schreiben die Schuld der ÖVP zu, neun Prozent der FPÖ, je sieben Prozent den Grünen und den NEOS sowie vier Prozent der Liste Pilz.

"Es gibt eine eindeutige Schuldzuweisung der SPÖ", sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer zum KURIER. Der Rücktritt von SPÖ-Wahlkampfleiter Georg Niedermühlbichler vor einer Woche sowie die Suspendierung des SPÖ-Mitarbeiters Paul Pöchhacker (er betrieb die Dirty-Campaigning-Facebook-Seiten von Silberstein auch nach dessen Rauswurf weiter, Anm.) würden die Schuldzuschreibung unterstreichen, wonach die SPÖ verantwortlich sei, betont Bachmayer. Gleichzeitig glauben aber besagte 50 Prozent, dass Kern nichts von den Facebook-Seiten gewusst habe.

ÖVP als Mittäter

Der Meinungsforscher hat dafür eine Erklärung: "Die SPÖ betreibt einen stark personenzentrierten Wahlkampf. Alles ist auf Kern zugeschnitten. Jetzt wird er massiv geschützt und gleichzeitig versuchen die Sozialdemokraten, die ÖVP als Mittäter hineinzuziehen."

Selbst unter deklarierten SPÖ-Wählern sehen 54 Prozent der Befragen die Verantwortung für die Causa Tal Silberstein in ihrer eigenen Partei, 26 Prozent erkennen eine "geringe Verantwortung" der SPÖ, nur für fünf Prozent hat die SPÖ überhaupt "keine Verantwortung".

Rote Wähler schieben den Schwarzen Peter im schmutzigen Wahlkampf der ÖVP zu: 88 Prozent geben an, dass die ÖVP schuld sei, der Rest sieht kaum oder gar keine Verantwortung der ÖVP. Gleich 89 Prozent der SPÖ-Wähler schieben die Schuld der FPÖ in die Schuhe.

Dieses vorläufige Meinungsbild betrachtet der OGM-Chef als "Momentaufnahme". Er ist überzeugt, dass "die Debatte über die Affäre Silberstein weiterhin den Wahlkampf bestimmen wird". Allerdings: "Wenn sich eine neue Beweislage ergibt, können sich diese Einschätzung wieder sehr rasch ändern", sagt Bachmayer.

Tal Silberstein war Berater der SPÖ und leitete die Schmutz-Kampagne gegen Sebastian Kurz. Der Experte für „Dirty Campaigning“ wurde im August kurzzeitig verhaftet, weil er in Korruptionsaffären involviert sein soll. Die SPÖ kündigte den Vertrag mit ihm. Silberstein darf Israel derzeit nicht verlassen.

Dirty Campaigning beschreibt einen schmutzigen Wahlkampf, mit dem Ziel den politischen Gegner zu diskreditieren. Genau das hat Silberstein gemacht. Die SPÖ bestreitet vehement, dafür den Auftrag gegeben zu haben.

Peter Puller steht im Zentrum der Schlammschlacht. Er hat mehrere Jahre für die ÖVP gearbeitet – als Ministersprecher, Kabinettschef und Chefredakteur des ÖVP-Bundespressdienstes. Danach arbeitete er für die Neos. Er managte die Schmutz-Seiten auf Facebook gegen Kurz und behauptet nun, die ÖVP habe ihm 100.000 Euro angeboten, damit er die SPÖ verrät.

Gerald Fleischmann ist Pressesprecher von Kurz und traf sich im Sommer mit Puller, weil er ihn verdächtigte, in die Schmutz-Kampagne gegen den ÖVP-Chef verwickelt zu sein. Dass er Puller Geld bot, bestreitet er vehement. Dass er ihn umstimmen wollte, für die ÖVP und nicht gegen sie, zu arbeiten, gibt er zu. Fleischmann und Puller arbeiteten lange Zeit zusammen, z.B. in der Presseabteilung der Bundes-ÖVP.

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