Strache fordert Kreuze für alle Schulklassen

APAJAE04- 15052009 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA-TEXT CI - Heinz Christian Strache waehrend einer Demonstration der Buergerinitiative Dammstrasse gegen das Islamische Zentrum in Brigittenau am Donnerstag, 14. Mai 2009, in Wien. APA-FOTO: LUDWIG VYSOCAN
Politische Folgen des Eklats in einer Wiener Schule: Die FP pocht auf „Identität und Tradition“.

Jener Fall einer Wiener Volksschule, in der eine Mutter vor einigen Tagen erwirkt hat, dass alle Kreuze abgehängt werden müssen, hat - erwartbare - politische Konsequenzen nach sich gezogen: Am Freitag hat sich FP-Vizebundesparteiobmann Norbert Hofer empört über den Vorfall gezeigt, am Samstag hat nun auch Parteichef Strache nachgelegt. Er fordert, dass „wieder in allen Klassenzimmern Kreuze hängen sollen“.

"Das Kreuz ist das Symbol unserer abendländischen Kultur. Es steht für unserer Identität und unsere Tradition", meint Strache. Jene in Wien geltende Regelung, wonach zumindest 50 Prozent der Schüler christlichen Glaubens sein müssen, um ein Kreuz im Klassenzimmer rechtzufertigen, sei nicht haltbar: "Die aktuelle Wiener Regelung, bei weniger als 50 Prozent Christen die Entscheidung der Schule und damit - wie im jüngsten Fall - der aggressiven Einflussnahme einzelner Eltern oder dahinter stehender atheistischer Lobbying-Organisationen zu überlassen, ist ein Unding. Kreuze gehören generell in die Schulklassen", so der FP-Politiker.

Heinz-Fischer-Porträt als Vergleich

Norbert Hofer bemühte dafür einen politischen Vergleich: "Es wäre genau so falsch, darauf zu bestehen, das Bild des Bundespräsidenten aus Schülern (sic!) und Ämtern zu entfernen, weil beispielsweise eine Mehrheit in der betroffenen Gemeinde ihre Stimme einem anderen Kandidaten oder einer anderen Kandidaten gegeben hätte.“

Zuvor hatte es auch von anderer Seite Kritik an der Kreuz-Abhängung gegeben - und zwar seitens der Lehrervertretung: Die "Christliche Lehrerschaft Österreichs" sieht den Fall als "bewusste Provokation" von "Agitatoren" aus dem Umfeld des gescheiterten Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien. "Damit zeigt sich wieder einmal, dass es einen verpflichtenden Ethikunterricht für Kinder, die vom Religionsunterricht abgemeldet werden, geben muss", folgerten die Vertreter Franz Fischer und Fritz Enzenhofer, Landesschulratspräsident in Oberösterreich.

Im März 2011 entschied der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR), dass Kruzifixe in Klassenzimmern staatlicher Schulen hängen bleiben dürfen. Die Richter stellten damit klar, dass sie Regierungen des Europarats in der sensiblen Frage christlicher Traditionen die Entscheidung überlassen. Sie betonten aber auch, dass ein Kruzifix an einer Wand ein passives Symbol sei, dessen Einfluss auf Schüler nicht mit der Teilnahme an religiösen Aktivitäten verglichen werden könne. Noch 2009 hatte der EGMR in erster Instanz der italienischen Klägerin recht gegeben, die kein Kreuz im Klassenzimmer ihrer Söhne dulden wollte. Das rief eine Welle der Empörung hervor. Die Entscheidung der großen Kammer von 2011 gilt nun als bindend.

Auf die österreichische Rechtslage wirkt sich das Urteil des EGMR jedoch nicht unmittelbar aus: Es gibt hierzulande schlicht keine Judikatur zu dem Thema. Ungefähr zur selben Zeit wie damals der EGMR entschied der Verfassungsgerichtshof in Österreich, dass nichts gegen Kruzifixe in Kindergärten einzuwenden sei. Auch religiöse Feiern wie das Nikolausfest würden nicht gegen die Verfassung verstoßen, da die Teilnahme nicht verpflichtend sei. Die Beschwerde gegen Kreuze und religiöse Feiern im Kindergarten hatte ein niederösterreichischer Vater eingebracht. Der Atheist wollte, dass seine Tochter "bis zur Religionsmündigkeit ohne religiöses Bekenntnis, jedoch weltoffen und dem Pluralismus verpflichtet" aufwachsen kann.

Die Katholische Kirche in Österreich hat sich in der Vergangenheit sehr kritisch zu den Kruzifix-Urteilen des EGMR geäußert. "Das Kreuz ist ein vielschichtiges Symbol, das als solches auf Menschen keinen Zwang ausübt und keinen Menschen ausgrenzt", sagte Kardinal Christoph Schönborn im Juni 2010. Das Kreuz als Symbol sei auch unabhängig vom Religionsbekenntnis eines Europäers wichtig, weil "das Kreuz und die damit zum Ausdruck gebrachten christlichen Werte und Überzeugungen ein wesentlicher Teil der europäischen Kultur und Identität" seien. Auch die FPÖ hat die Beseitigung von Kruzifixen aus Klassenzimmern wiederholt sehr heftig kritisiert.

Link: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

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