Wohin die Hypo-Milliarden verschwunden sind

Wohin die Hypo-Milliarden verschwunden sind
Der KURIER begibt sich auf Spurensuche: Für welche Hypo-Fehler der Steuerzahler einspringen muss.

Eine Bank wie ein schwarzes Loch: Milliarden von Euro aus Steuergeld werden aufgesaugt und nie wieder gesehen – wohin das Geld fließt, weiß keiner so genau. So jedenfalls dürfte die Mehrheit der Österreicher die Hypo-Alpe-Adria-Bank sehen. 2,2 Milliarden Euro Staatshilfe sind bisher schon geflossen, 700 Millionen sollen noch heuer in die Bank gesteckt werden, viele weitere könnten folgen. Doch warum braucht die Hypo so viel Geld? Und wo fließt es hin?

Der größte Brocken des Steuergeldes, 1,5 Milliarden Euro, steckt im Eigenkapital der Bank. Ohne dieses Geld hätte man die Bank zusperren müssen, denn die Hypo fuhr hohe Verluste durch ihre aggressive Expansion am Balkan ein. „Wenn die Wirtschaft am Balkan weiter geboomt hätte, wäre es für die Hypo wohl irgendwie weitergegangen“, sagt SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer. Doch die Finanzkrise ließ die Hypo-Träume platzen wie Seifenblasen. Ausreichende Sicherheiten? Zerronnen in der Wirtschaftskrise. Schnelles Wachstum war das Ziel, etwa durch günstige Leasinggeschäfte. Hinzu kamen Spekulationsverluste, Firmenpleiten und Abzocker. Ein Überblick:

Schiffbruch an der Adria

Wohin die Hypo-Milliarden verschwunden sind
Das Hauptproblem der Hypo sindfaule Kredite am Balkan. Die Bank wollte in der Region kräftig expandieren und steckte viele Milliarden an Krediten in Immobilien, Einkaufszentren, Bürohäuser und Hotelprojekte in Kroatien, Serbien und Slowenien. Die Immobilien , die als Sicherheiten für die Finanzierungen hereingenommen wurden, sind heute fast nichts wert. „Viel Geld der Hypo ist jetzt bei Kreditnehmern, die es nicht zurückzahlen können“, sagt Krainer.

Mit der Krise 2008 stoppte der Wirtschaftsaufschwung am Balkan jäh, die Immobilienpreise verfielen. Viele Hotels wurden nie fertig gebaut. Zwölf Milliarden Euro an Krediten und Immobilien-Beteiligungen hat die Hypo derzeit als uneinbringlich eingestuft. 60 Prozent des Geschäfts, das abgebaut werden muss, spielt sich in Slowenien und Kroatien ab. Die Hoffnung: Die Preise der Immobilien könnten sich erholen, Kredite wieder bedient werden.

Eines der verlustreichsten Projekte für die Hypo in der Region war die Luxus-Ferienanlage Skiper in Istrien: 160 Millionen Euro Schaden sollen der Hypo dort entstanden sein. Skiper umfasste ein Fünf-Sterne-Hotel, Luxusapartments und Villen, Golfplatz und Kongresszentrum, doch Baumängel und Kostenexplosion brachten das Investment an den Rande der Pleite.

Eng damit verknüpft ist die Pleite der slowenischen Baufirma Vegrad. Sie war federführend am Skiper-Bau beteiligt, ihre Pleite 2010 kostete der Hypo rund 60 Millionen.

Einen saftigen Verlust fuhr die Hypo auch mit der Beteiligung an der Aluflexpack, einer kroatischen Fabrik, die Aluverpackungen herstellt, ein. Das Unternehmen kam 2000 zum Hypo-Konzern, 2012 kaufte der Wiener Investor Michael Tojner der Hypo die Fabrik günstig ab. Die Bank verlor einen dreistelligen Millionenbetrag mit diesem Investment.

Riesige Verluste bescherte der Hypo zudem das Leasing-Geschäft am Balkan und in der Ukraine. Mit Ausbruch der Krise konnten viele Leasingnehmer ihre Raten nicht mehr zahlen, der Bank blieben die Leasingobjekte: 340 Autos, 133 Schwerfahrzeuge und 280 Maschinen gehören jetzt der Hypo.

Für Schlagzeilen sorgten die verleasten Boote und Flugzeuge: Rund 700 Leasingverträge für Motorboote und Yachten hatte die Hypo in ihrer Glanzzeit laufen. Doch mit der Zahlungsmoral haperte es oft: 36 Yachten mussten nach Zahlungsausfällen eingezogen werden, acht Bootseigner hauten einfach ab. Auch auf Leasingraten von zwei Privatjets wartete man vergeblich.

Sturm am Wörthersee

Nicht nur an der kroatischen Adria wollte die Hypo mit Tourismusprojekten Geld lukrieren, sondern auch in Kärnten. Doch ausgerechnet ein Prestigeprojekt von Landeshauptmann Jörg Haider sollte die Bank Millionen kosten. 2005 kaufte die Hypo 2003 das etwas heruntergekommeneSchlosshotel Veldenvon Gunter Sachs. Der Plan von Haider und Hypo: Neuer Luxus sollte neue Gäste nach Kärnten locken. Die Bank ließ das Hotel teuer sanieren und Apartments am Schlossgrund errichten. Investitionssumme: 130 Millionen Euro. 2011 kaufte Billa-Gründer Karl Wlaschek schließlich das Hotel für 50 Millionen Euro. Die Hypo verlor bei diesem Projekt also etwa 100 Millionen.

Auch eine Beinahe-Pleite in Tirol kam die Hypo teuer: Mit einem harten Sanierungskurs wurde der Sägekonzern Klausner 2008 vor der Insolvenz gerettet. Dabei soll die Hypo rund 60 Millionen Euro verloren haben. Pikantes Detail: Firmenchef Friedrich Klausner vermittelte einst Ex-Minister Karl-Heinz Grasser sein Kitzbüheler Anwesen (den stattlichen „Unterhierzinger Hof “), später gab es eine rechtliche Auseinandersetzung – und es war Schluss mit der Freundschaft.

Während die Bank mit Problemen kämpfte, haben betuchte Investoren gut verdient. Für Aufsehen sorgten die umstrittenen Kapitalerhöhungen, die mittlerweile von der Justiz untersucht werden. Insiderwissen über den einst anstehenden Bank-Verkauf an die Bayern-LB steht ebenso im Raum wie Karussell-Geschäfte, wo die Bank die Kapitalerhöhung mit Krediten der Tochterfirma finanzierte. Die Investoren verdienten in Summe hunderte Millionen. Dass etwa die Hypo im Frühjahr 2009 an eine Gruppe reicher Investoren fast 200 Millionen Euro auszahlte, stieß vielen sauer auf. Schließlich hatte die Bank nur wenige Monate zuvor 900 Millionen Euro an Staatshilfe bekommen.

Kein glückliches Händchen bewies die Bank zudem bei Spekulationsgeschäften: 2005 musste die Hypo 328 Millionen Euro Verlust aus einer Zins-Spekulation verbuchen. Und in einer Aktienspekulation – eingefädelt von der Deutschen Bank über die Steueroase Jersey – verlor die Hypo 500 Millionen Euro.

In Boomzeiten nahm man es mit der Abrechnung oft nicht so genau. Lustreisen samt Partnerinnen zu Autorennen sollen ebenso am Programm gestanden sein wie Privatreisen im Bedarfsflieger nach Zadar oder günstige Leasingverträge für den Reitstall von Bankchef Wolfgang Kulterer. Und Jörg Haider soll per Telefon günstige Kredite – etwa für die Pleite-Airline Styrian Spirit – bestellt haben. Ex-Bank-Chef Kulterer soll dafür hinter Gitter (Urteil nicht rechtskräftig).

Selbst die Aufarbeitung des Debakels verschlingt Millionen: Zwischen 100 und 200 Millionen Euro zahlte die verstaatlichte Hypo ab 2010 für Gutachter und Berater, die das Desaster aufklären sollten. 30 Millionen kostete die Heerschar an rechtskundigen Mitarbeitern.

Wie teuer wird es noch?

Ist die Hypo tatsächlich ein „Fass ohne Boden“, wie Finanzministerin Maria Fekter vor Kurzem klagte? Von „vier bis sieben Milliarden Euro“ an Kapitalbedarf sprach vor einer Woche im KURIER-Interview Kanzler Werner Faymann. Die Nationalbank warnte: Wenn man die Bank sofort zusperrt, könnten es im schlimmsten Fall 14 Milliarden Euro werden.

Entscheidend für die Kosten werden die Anleihen. Kärnten übernahm einst für Anleihen im Wert von 22 Milliarden Euro Haftungen. Weil das Land Kärnten garantierte, waren die Zinsen niedrig.

Mit dem billigen Geld konnte die Hypo ihre aggressive Expansion am Balkan finanzieren. „Die Besonderheit waren die Milliarden Euro an Landeshaftungen“, sagt der Grüne Aufdecker Rolf Holub. Dass Kärnten Haftungen, die fast das Zehnfache des jährlichen Landesbudgets ausmachen, niemals einlösen könnte, war in der Zeit des Booms von 2000 bis 2008 Bankaufsehern und Politik egal.

Einen Teil dieser Anleihen hat die Hypo inzwischen zurückbezahlt. 16 Milliarden Euro sind aber noch offen. Kann die Bank diese Anleihen nicht tilgen, muss der Bund und damit der Steuerzahler einspringen. Bank-intern rechnet man damit, dass das im Jahr 2017, wenn die letzte Anleihe fällig wird, das Land bzw. die Republik vier bis fünf Milliarden Euro kosten könnte. Den anderen Teil sollte die Hypo selbst zurück zahlen können – etwa durch Krediteinnahmen oder Bank-Verkäufe.

ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll getraut sich keine Schätzung zu, wie teuer die Hypo den Steuerzahlern noch kommen wird. Wichtig sei nun, dass die Politik die Sanierer in Ruhe arbeiten lasse. Auf die Justiz sieht er weiter Arbeit zukommen: „Die Causa Hypo wird uns wohl noch einige Zeit beschäftigen.“

Bilder: Die Protagonisten im Hypo-Krimi

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Bei der Hypo, die derzeit noch ein Geschäftsvolumen von 33 Milliarden Euro umfasst, stehen die Zeichen auf Schrumpfung. Am Freitag wurde die österreichische Bank mit ihren 14 Filialen in Kärnten an den indischen Unternehmer Sanjeev Kanoria verkauft.

Damit hat die Hypo vier Milliarden Euro an Geschäften abgegeben. Als nächstes will die Bank ihre Tochter in Italien verkleinern. Neugeschäft soll dort nicht mehr angeboten werden. Das große Geschäft aber läuft nach wie vor am Balkan. Das Netz der Hypo-Tochterbanken in dieser Region ist in den Büchern mit 1,5 Milliarden Euro bewertet. Die Hypo will dieses Bankennetzwerk möglichst lange weiterbetreiben und erst verkaufen, wenn sich die Konjunktur am Balkan erholt hat.

Druck aus Brüssel

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Die EU-Wettbewerbshüter, die über Staatsbanken wachen, drängen aber auf einen rascheren Verkauf. 2014 oder spätestens 2015 sollen die Balkan-Töchter privatisiert sein. Wenn alles veräußert ist, bleibt die Hypo auf dem schlechten Geschäft sitzen: Zwölf bis 15 Milliarden Euro an Krediten, Immobilienfinanzierungen und Hotelprojekten gelten als schwer bis gar nicht mehr einbringlich.

Dieses Volumen wollen die Bank-Manager an eine so genannte Bad Bank übertragen und über viele Jahre reduzieren. Der Vorteil: Eine Bad Bank gilt nach dem Gesetz nicht als Bank und braucht daher wenig Eigenkapital – und weniger Budgetzuschüsse. Das Problem: Die zwölf bis 15 Milliarden Euro, die in der Bad Bank landen sollen, erhöhen Österreichs Schulden – weshalb sich Finanzministerin Fekter bisher kräftig dagegen gewehrt hat.

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