Korruptionsjäger, neu bewaffnet

Korruptionsjäger, neu bewaffnet
Strasser, BUWOG & Co.: Das Team um Walter Geyer ermittelt seit September in den heikelsten Causen - ein erster Blick hinter die Kulissen.

Menschen wie Martin Eberhart werden besser nicht fotografiert. Nachbarn oder Bekannte müssen nicht wissen, was er tut; und wenn, dann nur so viel: Herr Eberhart jagt die Bösen. In seinem früheren Leben war der Anzugträger ein Top-Manager: Als Finanz-Chef eines französischen Großkonzerns kümmerte er sich um Osteuropa. Er prüfte die Umsätze, war ein "Watchdog". Doch irgendwann hatte es Eberhart satt, aus dem Koffer zu leben und Vorgesetzen zu erklären, warum die Umsätze nicht noch besser sind. "Der Druck war mir zuwider", sagt er heute. Er stieg aus und begann für Staatsanwalt Walter Geyer zu arbeiten.

Geyer ist Chef der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, kurz WKSta, und im Unterschied zu Eberhart, heißt er wirklich so. Keine Fotos, keine echten Namen der Mitarbeiter, so lautet die Vorgabe, will man über die neue Staatsanwaltschaft berichten.

Die strengen Regeln sind der heiklen Aufgabe geschuldet: Denn seit 1. September kümmert sich die Nachfolgebehörde der Korruptionsstaatsanwaltschaft um die größten und delikatesten Causen der Republik: Das Verfahren gegen Ernst Strasser, die BUWOG-Affäre, den Prozess gegen Jörg Haiders Ex-Protokollchef Franz Koloini. All diese Fälle werden von Geyer und seinem Team bearbeitet.

Korruptionsjäger, neu bewaffnet

"Wir sind Pioniere, die Speerspitze im Kampf gegen die Korruption", sagt Geyer. Im Unterschied zu anderen Staatsanwaltschaften genießt die WKStA ein paar "Privilegien", die ihre Schlagkraft erhöhen sollen: Heikle Einvernahmen werden per Video aufgezeichnet; und um zwischen Tausenden Seiten Papier den Überblick zu wahren, testen die Ermittler eine völlig neue Software, mit der sie Akten individuell ordnen.

Zur Ausnahmebehörde macht die WKStA aber vor allem ihr "Experten-Pool". Denn im Unterschied zu anderen Staatsanwaltschaften arbeitet hier ein halbes Dutzend an Fachleuten, darunter Steuerberater, Bilanzprüfer und Controller.

Welche Buchungen in einer Bilanz sind auffällig? Welche Konto-Bewegungen müssen untersucht, welche Akten sollten konfisziert werden? Für Fragen wie diese mussten bis vor Kurzem oft Sachverständige beauftragt werden. Das war langwierig, kostete den Steuerzahler viel Geld - und brachte nicht immer die besten Ergebnisse. "Heute sitzen wir Tür an Tür mit den Staatsanwälten", sagt Martin Eberhart. "Und wenn wir bei einer Einvernahme dabei sind und ein Verdächtiger bilanz-technischen Unsinn erzählt, können wir eingreifen."

Das Justizministerium setzt große Hoffnungen in den Expertenpool. "Derzeit steht einem einzigen Staatsanwalt oft eine Armada an spezialisierten Anwalts- und Wirtschaftsprüfungskanzleien gegenüber", sagt Korruptionsjäger Geyer. Der Experten-Pool in der WKStA fördere die "Waffengleichheit" zwischen Justiz und Wirtschaftskriminellen.

Finanziell kann man ohnehin schwer mithalten: Für die exponierte Arbeit bekommen junge Staatsanwälte rund 2000 Euro netto - nicht annähernd das, was sie in einer gut zahlenden Wirtschaftskanzlei verdienen. Doch für Menschen wie Herrn Eberhart ist es ohnehin nicht das Geld, das den Unterschied macht: "Du sitzt vor Konto-Daten von Leuten, die eine Million Euro abheben und im Sack zu einer anderen Bank tragen, obwohl sie alles per Überweisung erledigen könnten. Da willst du einfach wissen: Warum macht der das?" Und das sei spannender als ein Krimi - oder sein altes Leben in einem Großkonzern.

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