Kontroverse um EU vor Treffen der Landeshauptleute

Fehlersuchbild zur aktuellen Landeshauptleutekonferenz.
Länder wollen konsequentes Subsidiaritätsprinzip auf EU-Ebene. Auch Bundesstaatsreform, Hochwasserschutz und Pflegeregress werden diskutiert.

Das Positionspapier zur Europäischen Union, das die Länder bei der Landeshauptleutekonferenz am Freitag in Feldkirch beschließen wollen, hat bereits im Vorfeld bundesweit Wellen geschlagen. Darin heißt es verkürzt: "Dort mehr EU, wo es mehr EU braucht, dort weniger EU, wo es weniger EU braucht". Kritik erntet vor allem die Forderung, die Umweltpolitik wieder mehr den Nationalstaaten zu übertragen.

Eigentlich ist das EU-Positionspapier nur einer der sechs Schwerpunkte des Treffens der Länderchefs, die dazu dienen sollen, der künftigen Bundesregierung ihre Anliegen kund zu tun. Die Gemüter hat es aber erhitzt wie schon länger keine Forderung der Länder. Geht es dabei doch auch um die Frage, ob sich Österreich eher auf der EU-Linie der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und des französischen Präsidenten Emmanuel Macron oder der Visegrad-Staaten sieht, also Stärkung der EU versus Rückverlagerung der Kompetenzen an die Nationalstaaten.

Mehr, weniger, anders? Hauptsache subsidär

Für den Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) liegt die Zukunft der EU weder in einem generellen "mehr" oder "weniger" EU noch in einer Fortsetzung des Status quo. Vielmehr sollte sich die zukünftige Leitplanke konsequent am Subsidiaritätsprinzip orientieren, fasste er in einem Schreiben an die APA die Sicht der Länder zusammen. Was wiederum bedeutet: Was die Nationalstaaten besser machen als die EU, sollen sie künftig auch machen dürfen. Dort wo, die EU einen deutlichen Nutzen bringt, soll man hingegen gemeinsam handeln.

Außer Frage stehen dabei Themen wie Außengrenzschutz, Sicherheit, Migration, der Binnenmarkt sowie Forschung, Innovation und Digitalisierung. Bei Politikfeldern wie Gesundheit, Industrie, Kultur, berufliche Bildung oder Katastrophenschutz sollte sich die EU allerdings zurücknehmen, so die Sicht der Länder. Zudem solle die EU endlich Maßnahmen gegen ein grenzüberschreitendes Lohn- und Sozialdumping setzen.

Einen ersten Aufschrei gab es seitens des WWF hinsichtlich der Forderung, Umweltauflagen beim Bodenschutz, bei regionalen Ökosystemen und "national fließenden Gewässern" wieder national bzw. regional zu regeln zu wollen. Die Naturschutzorganisation kritisierte, die Landeshauptleute wollten sich damit offensichtlich um die Erfüllung längst überfälliger Naturschutzverpflichtungen drücken. "Fakt ist: Ohne Druck von europäischer Seite würde in diesem Bereich wenig bis gar nichts weitergehen", machte der WWF-Bereichsleiter Naturschutz Christoph Walder in einer Aussendung deutlich und wies gleichzeitig daraufhin, dass Österreich Vertragsverletzungsverfahren sowie wichtige Förderungen riskiere.

Weitere Themen

Neben dem EU-Positionspapier werden sich die Länderchefs am Freitag auch der Themen Bundesstaatsreform, Hochwasserschutz und Gewässersanierung, Pflegeregress sowie Finanzausgleich annehmen. Beim Pflegeregress fordern sie den Bund wie bereits im Anschluss an das Treffen der Landesfinanzreferenten vor drei Wochen auf, die den Ländern und Gemeinden entstehenden Einnahmenverluste und Mehrausgaben "vollständig" zu kompensieren. Gleichzeitig bekennen sich die Länder zum 2016 beschlossenen Finanzausgleich und fordern die neue Bundesregierung auf, sich ebenfalls zum Vereinbarten zu bekennen.

Beim Hochwasserschutz verlangen die Länder eine Erhöhung der Mittel um rund 100 Mio. Euro pro Jahr. Für Gewässerschutzmaßnahmen seien bis 2021 zudem weitere Mittel "von zumindest 25 Mio. Euro pro Jahr notwendig", so Wallner. Beim Thema Bundesstaatsreform gibt es ein klares Bekenntnis der Länder zur Bündelung und Entflechtung von Zuständigkeiten. Geht es nach den Ländern, soll der Kompetenztypus der Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung weitgehend aufgelöst werden.

Kommentare