Koalition: Hofer möchte Infrastrukturminister werden

Norbert Hofer und Gernot Blümel.
Es sei "ein Bereich, der mich sehr interessiert", sagt Hofer. Schwarz und Blau brachten viele Ankündigungen, aber wenig Konkretes. Schelling wird nächster Regierung nicht mehr angehören.

ÖVP und FPÖ haben am Donnerstag einen Ausblick auf ihre Vorhaben im Bereich Verkehr und Infrastruktur geliefert. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Norbert Hofer und Gernot Blümel wurde eine Reihe von Ankündigungen, von schnelleren Genehmigungsverfahren bis zur Förderung von Elektroautos präsentiert. Konkrete Details, insbesondere zur Finanzierung, blieben aber offen. Hofer bestätigte zudem sein Interesse am Job des Infrastrukturministers.

"Es ist zweifellos ein Bereich, der mich sehr interessiert", meinte der ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat der Blauen auf sein kolportiertes Interesse an der Position, betonte aber zwar, dass über das Bundesministeriengesetz (also die genaue Organisation der Ministerien) erst zum Schluss gesprochen werden soll - und erst danach darüber, wer welches Ministerium besetzen wird.

Koalition: Hofer möchte Infrastrukturminister werden
ABD0057_20160308 - WIEN - ÖSTERREICH: BM Hans Jörg Schelling (ÖVP) am Dienstag, 08. März 2016, im Rahmen des Ministerrats im Bundeskanzleramt in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

Schelling nicht mehr dabei

Fix ist indes, dass der aktuelle Finanzminister Hans Jörg Schelling nicht mehr der aktuellen Regierung angehören wird. "Ich habe heute die Entscheidung getroffen, der nächsten Bundesregierung nicht mehr als Finanzminister zur Verfügung zu stehen", sagte Schelling Donnerstag via OTS. Mit seinem Abgang war gerechnet worden, seit die EVP Schelling nicht für den Eurogruppen-Chef nominiert hat.

Was die Zukunft von Türkis-Blau betrifft, so sehen die Verhandlungspartner die Gespräche weit gediehen. "Ich hoffe, dass wir zügig vorankommen, dass wir noch vor Weihnachten eine neue Bundesregierung haben", sagte Norbert Hofer am Donnerstag. Und laut VP-Verhandler Gernot Blümel könnte die Bewertung der Verhandlungsergebnisse der Fachgruppen noch diese Woche abgeschossen werden. Danach sollen die "Dissenspunkte" geklärt werden (mehr dazu hier).

Norbert Hofer möchte Infrastrukturminister werden

Österreich als Verkehrs-Drehkreuz

ÖVP-Verhandler Gernot Blümel kündigte gleich eingangs eine "Beschleunigung von Prüfverfahren bei Infrastrukturprojekten" an. Man müsse vorrangige öffentliche Interessen festschreiben, um Projekte wie die Dritte Start- und Landebahn am Flughafen Wien oder den Wiener Lobau-Tunnel rascher umsetzen zu können. Denn hier gehe es um Arbeitsplätze und darum, Österreich als Verkehrs-Drehkreuz zu positionieren.

Dementsprechend bekennen sich die Koalitionspartner in Spe in ihrem Verhandlungspapier zur Beteiligung Österreichs am chinesischen Bahnprojekt der "Neuen Seidenstraße" und an der Verlängerung der russischen Breitspurbahn nach Wien. Ebenso zum Infrastrukturausbau der ÖBB. Welche Summen man hier investieren möchte, bleibt aber offen.

Koalition: Hofer möchte Infrastrukturminister werden
ABD0101_20171130 - WIEN - ÖSTERREICH: Norbert Hofer (l./FPÖ) und Gernot Blümel (ÖVP) während einer PK im Rahmen einer Verhandlungsrunde der Steuerungsgruppe in den Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ am Donnerstag, 30. November 2017, in Wien. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

Auch sonst geizten ÖVP und FPÖ am Donnerstag mit konkreten Details. So kündigte Hofer ein besseres Fördersystem für Elektro-Autos an, sowie steuerliche Anreize für emissionsarmes oder emissionsfreies Fahren. Bei der Frage, um welche Anreize es konkret geht, vertröstete Hofer allerdings auf das noch ausstehende Steuer-Kapitel der schwarz-blauen Verhandler. Aktuell ist ja u.a. die Normverbrauchsabgabe für neue Autos nach dem CO2-Ausstoß gestaffelt.

Keine konkreten Ziele

Ausbauen will Hofer die Ladeinfrastruktur für Elektro-Autos, und zwar unter Beteiligung von Privatunternehmen, wie es in der schriftlichen Unterlage heißt. Konkrete Ziele werden nicht genannt. Auch die "schrittweise Dekarbonisierung" des Autoverkehrs findet sich in der Unterlage ohne konkretes Zieldatum. Frankreich hat zuletzt angekündigt, den Verkauf von Benzin- und Dieselmotoren ab 2040 verbieten zu wollen, Norwegen bereits 2025.

Beim öffentlichen Verkehr bekennen sich ÖVP und FPÖ sowohl zum Ausbau im städtischen Bereich als auch zum Erhalt der Nebenbahnen. Hier erwartet Hofer aber eine Kofinanzierung der Bundesländer, mit denen auch ein einheitlicher Rahmenplan für strategische Infrastruktur ausgehandelt werden soll.

Zur Verfahrensbeschleunigung kündigen ÖVP und FPÖ an, bei der Umsetzung von EU-Vorgaben auf die Mindeststandards zurückzugehen ("gold plating beseitigen") und "willkürliche Verschleppungen" zu verhindern, indem nachträgliche Beweisanträge untersagt werden. Kommen soll auch das von der Industriellenvereinigung geforderte "Standortentwicklungsgesetz". Und auch die zuletzt gescheiterte "Staatszielbestimmung" zur Förderung von Beschäftigung und Wirtschaftsstandort soll nun kommen.

Türkis-Blau soll vor Weihnachten stehen

Wirtschaftsstandort

Schwarz-Blau betonen die Drehkreuzfunktion des Flughafens Wien Schwechat und der dritten Piste. Ebenso hervorgehoben wird die regionalwirtschaftliche Bedeutung der Bundesländerflughäfen. Grundsätzlich sollen Prüfverfahren für die Umsetzung von Infrastrukturprojekten und Großinvestitionen beschleunigt werden. Basierend darauf soll von der Regierung oder dem Landesgesetzgeber das "vorrangige öffentliche Interesse" an Vorhaben festgeschrieben werden. Um die Effizienz zu erhöhen und Planungssicherheit bei der Umsetzung überregionaler Infrastrukturvorhaben sicherzustellen bzw. um Engpässe zu beseitigen, soll der Bundesgesetzgeber die Möglichkeit haben, durch eine "Rahmenkompetenz" Planungs- und Koordinationspflichten für die kommunale Raumplanung bzw. Mindestanforderungen festzulegen. Um die Genehmigungsverfahren effizienter zu gestalten und "kostspielige Verzögerungen" zu vermeiden, planen ÖVP und FPÖ "Anpassungen" im Verwaltungsverfahrensrecht, im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz sowie in Materiengesetzen. Umweltpolitische Schutzrechte sollen gewahrt bleiben. Unbestimmte Abwägungsklauseln sollen aber konkretisiert oder gestrichen und Kundmachungen via Internet ermöglicht werden. "Willkürliche Verschleppungen" will man unterbinden, indem neue Beweisanträge nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden können. Wesentlich sei auch die Einschränkung des Vorhabensbegriffs des UVP-Gesetzes auf das eigene Vorhaben.

Geplant ist auch ein Standortentwicklungsgesetz, basierend auf einer Staatszielbestimmung für Beschäftigung und Wirtschaftsstandort. Damit sollen Ziele festgesetzt und Infrastrukturprojekte, die für Österreich von strategischer Bedeutung sind, definiert werden. Durch die Evaluierung des Normenwesens sollen die Kosten gebremst werden. So soll etwa gesetzlich festgelegt werden, dass neben der Ö-Norm gerechten Ausführung auch ein guter technischer Standard als ausreichend anzusehen ist. Bei Regulationsbehörden sollen Synergien genutzt werden.

Mobilität

Das Angebot im öffentlichen Verkehr soll verbessert werden, und zwar sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum. Unter anderem ist ein neues österreichweites Tarif- und Vertriebssystem und die Harmonisierung der Tarif- und Automatensysteme geplant. Die Finanzierungs- und Verrechnungsströme sollen transparent sein und zwischen Systempartnern Synergien genutzt werden. Der Infrastrukturausbau der ÖBB und der Privatbahnen soll fortgesetzt werden. Geprüft werden soll eine mittelfristige Liberalisierung des öffentlichen überregionalen Busverkehrs. Für die Aufrechterhaltung von Nebenbahnen sollen technische Standards evaluiert werden. Hervorgehoben wird auch der bundesweite Ausbau von Park&Ride oder Carsharing-Lösungen an Bahnhöfen.

Zur frühzeitigen Vermeidung von technisch mangelhaften LKW im österreichischen Straßennetz sind KFZ-Kontrollen an der Außengrenze geplant. Weiters soll die Polizei besser mit Drogenvortestgeräten ausgerüstet werden.

E-Mobilität

Einen Schwerpunkt bildet die E-Mobilität. So sollen etwa das Carsharing forciert und reservierte Stellplätze für ebensolche Fahrzeuge geschaffen werden. Angekündigt wird ein Masterplan "Digitalisierung und Mobilität".

Österreich soll zu einem Vorreiter beim autonomen Fahren werden, denn dies schaffe Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Land. Unter anderem sollen Teststrecken für die Industrie ausgebaut werden. Einen Ausbau soll es auch bei der Elektromobilität geben, geplant ist etwa die Festlegung bundesweit einheitlicher Standards und Nutzungsmöglichkeiten beim Infrastrukturausbau für Elektromobilität. Alternative Antriebsformen sollen erforscht und gefördert werden. Mit dem Ziel einer "schrittweisen" Dekarbonisierung sollen die Abgasemissionen gesenkt und die Umweltverträglichkeit erhöht werden. Ein Zieldatum hierfür wird in der Unterlage nicht genannt. Für die Anschaffung effizienter und emissionsarmer Fahrzeuge soll es steuerliche Anreize geben - Details dazu werde es erst im Steuern-Paket geben, hieß es am Donnerstag.

Infrastruktur

In Zusammenarbeit mit Ländern und Gemeinden soll ein strategisches Infrastruktur- und Raumordnungskonzept beschlossen werden, um die Infrastruktur bedarfsgerecht und aufeinander abgestimmt weiter auszubauen und zu optimieren. Zur Schaffung von Wohnraum, Betriebsansiedelungen sowie Logistikstandorten brauche es Schwerpunkte. Veränderungen durch den Klimawandel will man mit infrastrukturellen Maßnahmen wie dem Ausbau des Hochwasserschutzes begegnen. Thematisiert wird auch die fortschreitende Bodenversiegelung. Zur nachhaltigen Reduktion von verkehrsbedingten Emissionen werden schrittweise Maßnahmen angekündigt - auch unter Nutzung der Digitalisierung.

Generell soll der wachsende Gütertransport von der Straße auf Schiene und Wasser verlagert werden. Mit Logistik-Hubs wie den Containerterminals in Ostösterreich soll der Logistik-Standort gestärkt werden. Was das Bahn-Projekt "Neue Seidenstraße" anbelangt gibt es ein Bekenntnis dazu bzw. zur Beteiligung. Um die Wertschöpfung nicht an Österreich vorbeizulenken soll das Projekt Breitspurbahn nach Wien umgesetzt werden.

Der Hochwasserschutz soll forciert werden, genannt wird etwa das Projekt entlang der Donau, das plangemäß bis 2021 fertiggestellt werden soll. Umgesetzt werde auch die Verwaltungsreform der Donauhochwasserschutzkonkurrenz zur Herstellung einer in anderen Bundesländern üblichen, zeitgemäßen Hochwasserschutzorganisation. Für den Infrastrukturausbau entlang der europäischen Achsen gelte es, EU-Gelder zu lukrieren. Das Zielnetz 2025+ soll weiterentwickelt und ein österreichweit integrierter Taktfahrplan mit den dafür notwendigen Kapazitäten geschaffen werden.

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