Kern zu Türkei: "Inakzeptable Anschläge auf Demokratie und Pressefreiheit"

Bundeskanzler Christian Kern
Wenn der Flüchtlingsdeal mit der Türkei scheitert, soll die EU "den Geldhahn zudrehen".

Bundeskanzler Christian Kern hat über Facebook zu den Vorgängen in der Türkei Stellung genommen. "Es ist höchst bedauerlich, wie Präsident Erdogan die Türkei in die falsche Richtung führt. Statt sich den europäischen Werten von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten anzunähern, entfernt er sich mit Riesenschritten davon. Unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus und der Aufarbeitung des Putschversuches soll in der Türkei offensichtlich ein autoritäres Regime errichtet werden", so Christian Kern auf Facebook.

Und Kern weiter: "Die Verfolgung von Oppositionspolitikern, Journalisten, Richtern, Staatsanwälten und Wissenschaftlern, die Erdogan kritisieren oder ihm sonst wie im Wege sind, ist besonders verwerflich."

Die EU müsse sich laut Kern nun zu einer klaren Haltung durchringen: "Mit der Verhaftung von Parlamentariern der Oppositionspartei HDP und der polizeilichen Schließung einer der angesehensten Tageszeitungen, Cumhuriyet, ist ein Punkt erreicht, an dem wir uns als EU endlich zu einer klaren Haltung durchringen müssen. Das sind inakzeptable Anschläge auf Demokratie und Pressefreiheit."

Ohne Flüchtlingsdeal "Geldhahn zudrehen"

Für den Fall des Scheiterns des Flüchtlingspaktes zwischen der EU und der Türkei spricht sich Kern dafür aus, dem Land "den Geldhahn zuzudrehen". Die Regierung in Ankara suche "bewusst die Zuspitzung" in ihrem Vorgehen, sagte Kern in einem im Voraus veröffentlichten Interview mit der "Kronen Zeitung" (Sonntag). Es müsse die Formel gelten: "Kein Flüchtlingsabkommen, kein Geld".

Gegenüber der APA sagte eine Sprecherin des Bundeskanzlers am Samstag, Kerns Forderung beziehe sich auf die im Zuge des Abkommens zugesagten drei Milliarden der EU für die Unterstützung von Flüchtlingen in der Türkei.

Im Zuge des Flüchtlingsabkommens hatte die EU der Türkei im Frühjahr finanzielle Hilfe für die rund drei Millionen Syrer in der Türkei versprochen. Von dem Geld sind nach Angaben der EU-Kommission von Anfang Oktober bereits etwa 500 Millionen ausgezahlt worden, weitere 1,25 Mrd. wurden vertraglich zugesichert. Ein Teil des Geldes wird etwa für ein im September gestartetes Programm genützt, durch das einer Million Flüchtlinge in der Türkei in elektronischer Form Geld überwiesen wird.

Die Türkei hatte zuletzt aber mit einem Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens mit Jahresende gedroht.

Auf die Frage, was die Streichung der rund 2,5 Milliarden Euro an bisher nicht ausgezahlten Geldern für die Flüchtlinge vor Ort bedeute, betonte die Sprecherin Kerns: "Diese Frage muss sich zuallererst die Türkei stellen."

Kommentare