Kern & Mitterlehner: Dicke Luft im Ministerrat

Reinhold Mitterlehner nach einer Sitzung des Ministerrates
ÖVP-Chef rüffelte den Kanzler vor versammelter Regierungsmannschaft.

Dicke Luft herrschte gestern erstmals auch in der internen Sitzung des wöchentlichen Ministerrats zwischen Kanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Der ÖVP-Chef hatte sein SPÖ-Gegenüber vor versammelter Regierungsmannschaft wegen dessen Plädoyer in der Montagausgabe der Frankfurt Allgemeinen Zeitung (FAZ) gegen die aktuelle Sparpolitik und für mehr öffentliche Investitionen heftig kritisiert.

Der Kanzler fordert in dem auch außerhalb Österreichs für Aufsehen erregenden Text von der EU eine massive Ankurbelung der öffentlichen Investitionen, die weit über die bestehenden Programme hinausgeht.

Für Mitterlehner steht das im klaren Widerspruch zur gemeinsamen Linie der Regierung: "Kampf gegen die Schuldenpolitik." Kern reagierte nach Aussage eines Teilnehmers der Sitzung verschnupft und empfahl Mitterlehner "die Lektüre des gesamten Artikels", der eine ganze Druckseite der großformatigen FAZ füllt.

Kämpferische Parolen

Der zuletzt intern und öffentlich als ablösereif geltende ÖVP-Chef gab sich auch in der kurz vor dem wöchentlichen Ministerrat stattfindenden Sitzung des ÖVP-Parlamentsklubs auffallend kämpferisch. Er sei zwar weiterhin gegen Neuwahlen und für einen kooperativen Umgang mit dem Koalitionspartner, sagte Mitterlehner: "Aber wir lassen uns sicher nichts gefallen. "

Gemeint war einmal mehr der jüngste FAZ-Artikel des Kanzlers und seine wiederholten Vorstöße für eine Maschinensteuer. ÖVP-Insider berichten, dass vor allem die nur "halb abgesprochene Absage des Presserfoyers" durch Kern bei Mitterlehner nachhaltig Verärgerung hinterlassen hat.

Ähnlich deutlich hatte der ÖVP-Vizekanzler bereits am Tag zuvor im KURIER Kerns wirtschaftspolitische Thesen qualifiziert: "Neue Schulden sind das unsozialste überhaupt, weil sie von der nächsten Generation zurückgezahlt werden müssen. Das geht auf Kosten der Jugend." Und weiter: "Es ist leider ein alt-linker Irrglaube, dass Staatsgelder auf Pump automatisch alle Probleme lösen. Das ist der falsche Weg für Europa."

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