Kassen sparen eine Milliarde € mehr, als sie müssen

Kassen sparen eine Milliarde € mehr, als sie müssen
Gesundheitsminister Alois Stöger frohlockt, doch Ärztevertreter warnen vor allzu großer Euphorie.

Der knapp zwei Milliarden Euro zählende Schuldenberg, der für Österreichs Gebietskrankenkassen bis vor wenigen Jahren noch eine existenzielle Gefahr darstellte, scheint abgebaut.

Laut einem am Wochenende kommunizierten Monitoringbericht des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger sind mittlerweile fast alle Gebietskrankenkassen schuldenfrei. Nur Wien hat weiterhin Schulden in der Höhe von rund 200 Millionen Euro zu Buche stehen.

Dem nicht genug, haben die Kassen ihre Finanzziele sogar übererfüllt. Laut dem Bericht werden sie anstatt der für 2010 bis 2013 veranschlagten „Kostendämpfungen“ von 1,725 Milliarden fast 2,671 Milliarden Euro sparen – also rund eine Milliarde Euro mehr als geplant (Grafik).

Anstieg der Kosten

Der Begriff „sparen“ ist in diesem Zusammenhang freilich irreführend. Denn in absoluten Zahlen gaben die Kassen von Jahr zu Jahr mehr für die Gesundheitsversorgung der Versicherten aus, zuletzt waren es 14,6 Milliarden Euro (Steigerung seit 2010: 2,7 %; Steigerung seit 2001: 40,9 %).

Geändert, sprich verringert, hat sich allerdings der jährliche Anstieg der Kosten: Anstatt Ausgabensteigerung von bis zu sieben Prozent pendelte man sich nun bei zwei bis drei Prozent ein.

Angesichts der guten Zahlen, die er am Dienstag auch im Ministerrat präsentieren kann, gab sich Gesundheitsminister Alois Stöger am Sonntag fast euphorisch: Der Schuldenabbau sei ohne Leistungskürzungen oder zusätzliche Selbstbehalte für die Patienten gelungen. „Im Gegenteil: Wir haben die Leistungen sogar ausgebaut, dazu gehört das Krankengeld für Selbstständige, die Krankenversicherung für Bezieher der Mindestsicherung oder das Angebot günstigerer Zahnleistungen in den Ambulatorien der Krankenkassen.“

Warnung

Ärztevertreter warnen derweil vor allzu großer Begeisterung. „Eine der, wenn nicht die wichtigste Gebietskrankenkasse des Landes, nämlich Wien, ist alles andere als gesundet“, sagt Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer zum KURIER.

Die Probleme der Bundeshauptstadt und ihrer Versicherten seien weitgehend ungelöst. „Bevölkerung und Patienten werden älter, doch bei den Pensionisten decken die Beiträge gerade einmal 50 Prozent der Kosten. “ Hinzu komme, dass Großstädte statistisch gesehen kränker seien und viele Patienten anderer Krankenkassen in Wien behandelt würden. Ehe diese „strukturellen Probleme“ nicht gelöst seien, sagt Szekeres, könne man wohl schwerlich von einer Sanierung des Gesundheitssystems sprechen.

Kommentare