Kasse machen bei Schwarzgeld-Sündern

Kritischer Blick: Minister Schelling will die SPÖ-Ideen prüfen.
Dem KURIER liegt ein Steuerexperten-Geheimpapier vor: "Bis zu eine Milliarde" wäre zu holen.

Die vom KURIER enthüllten Mehrwertsteuererhöhungspläne von Finanzminister Hans Jörg Schelling erregen nach wie vor. Mit den Einnahmen soll die Steuersenkung mitfinanziert werden. Mehr lukriert werden soll auch mit der Umsatzsteuer (2013 in Summe 25,2 Milliarden) – indem eine Lücke geschlossen wird, die durch „Schattenwirtschaft“ entsteht. Die Schätzungen reichen von 3,2 bis zu sechs Milliarden Euro, die dem Staat dadurch entgehen.

Im Kapitel-9-Entwurf ihres Berichts hat sich die – von SPÖ und ÖVP installierte – Steuerreform-Kommission des Themas angenommen; dem KURIER liegt er vor. Darin steht: „Im Bereich der Schwarzumsätze gibt es zwei Hinterziehungsmöglichkeiten: Die Nichterfassung von Umsätzen und die nachträgliche Manipulation von in Registrierkassen erfassten Umsätzen. Nachdem Geschäftsinhaber oft die Kontrolle über Mitarbeiter ausüben durch strikten Bonierungszwang, werden Umsätze vorerst erfasst, aber nachträglich manipuliert.“

Im Papier ist auch angeführt, was die SPÖ begehrt: „Belegpflicht für Transaktionen“. Das hieße: Auch für einen Espresso muss der Kunde eine Rechnung bekommen. Weiters: eine Beleglotterie und eine Registrierkassenpflicht für alle Betriebe; zudem müsse die „Barbewegungsverordnung“ weg. Die regelt: Bis zu einem Jahresumsatz von 150.000 Euro (gilt für 75 % der Unternehmen) muss nicht jede Einnahme aufgezeichnet werden, es reicht ein „Kassensturz“. Die Steuerfachleute merken an: „Echtheit und Plausibilitäten“ seien „in Wahrheit durch keinerlei nachträgliche Prüfungsmaßnahmen der Finanz verifizierbar “. Die SPÖ drängt auch auf ein Sicherheitsprogramm für Registrierkassen, um Manipulation zu verhindern.

Berichtsfazit: Aus Sicht der Betrugsbekämpfungsexperten des BMF (Finanzministerium) könnte möglich sein, dass ... ein steuerliches Mehraufkommen von bis zu 1 Mrd. Euro erzielt werden kann.

Was möchte der Koalitionspartner? Dazu steht im Entwurf des Endberichts der Steuerreform-Kommission: Die ÖVP lehnt die Vorschläge ab und ersucht um Folgendes – die Kosten für das Registrierkassensicherheitsprogramm müssten „dargestellt“ werden, eine vergleichende Betrachtung eines anderen Landes, wo derartige Lösungen eingeführt wurden, müsse her; bisher gesetzte legistische Betrugsbekämpfungsmaßnahmen seien zu evaluieren. Zudem will die ÖVP Vorschläge möglicher Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen.

Als Sicherheitskosten sind im Expertenpapier „zwischen 3 und 5 Euro jährlich“ festgeschrieben.

Als Vergleichsland wurde Kanada gewählt: „Auch nach dem Vergleich mit Quebec kann von den Relationen her die angeführte Milliarde Euro pro Jahr als plausibel angesehen werden.

Weder SPÖ noch ÖVP wollen die heikle Causa kommentieren – mit dem formalen Verweis, „dass der Bericht der Expertenkommission noch nicht vorliegt“.

Viel Zeit, um den fast fertigen Entwurf zu überarbeiten, ist nicht mehr. In elf Tagen sollen die Fachleute ihr Papier für die politischen Verhandlungen freigeben.

Die Debatte über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf bestimmte Güter nimmt eine skurrile Wendung: Während Finanzminister Hans Jörg Schelling und SPÖ-Arbeitnehmervertreter bestätigen, dass eine teilweise Mehrwertsteuer-Erhöhung Teil der Steuerreform sein dürfte, spricht Vizekanzler Reinhold Mitterlehner von „Falschmeldungen“. Genervt twitterte der ÖVP-Chef: „Wir kommentieren alle was noch nicht einmal präsentiert, beste Einnahmen hätte Steuer auf Falschmeldungen.“
Wie berichtet, werden in der Regierung Überlegungen gewälzt, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von zehn Prozent auf 15 oder 20 Prozent anzuheben. „Auszuschließen“ ist laut Schelling, dass der ermäßigte Steuersatz auf Wohnen, Lebensmittel und Arzneien verändert wird.

Der 10-Prozent-Steuersatz gilt darüber hinaus für Hotelübernachtungen, Personenverkehr (Tickets und Taxi), Kulturveranstaltungen, Tierfutter, Saatgut, Schnittblumen, Pflanzen und Tiere, Zeitungen und Bücher usw.

„Typisch für die Regierung. Anstatt über längst fällige Reformen zu diskutieren, werden neue Steuern ins Spiel gebracht“, wettert Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Für die Hotellerie wäre eine Anhebung der Mehrwertsteuer eine Katastrophe, denn die Schweiz senke die Mehrwertsteuer in der Hotelbranche auf drei, Deutschland auf sieben Prozent. Gegen die Pläne mobilisiert nicht nur die Opposition, sondern auch die SPÖ-Wien. Finanzstadträtin Renate Brauner kündigt massiven Widerstand gegen eine Verdoppelung der Steuer auf Öffi-Tickets an.

Kommentare