Grassers "Tatplan": So lief der BUWOG-Deal

Anklage gegen Grasser u. Meischberger. Es gilt die Unschuldsvermutung
Auf 825 Seiten versuchen die Korruptionsjäger, den Fall aufzuschlüsseln. Dem KURIER liegen die ersten 50 Seiten der Anklageschrift vor.

Nach siebenjährigen Ermittlungen erhebt die Staatsanwaltschaft in der Causa BUWOG und Terminal Tower Linz nun Anklage. Es geht um zahlreiche Korruptionsvorwürfe, vermeintlich unsaubere Geschäfte im Umfeld des Finanzministeriums, und um Bestechung im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften, der Auswahl des Linzer Terminal Towers als neuen Standort der örtlichen Finanzdienststellen, den daran anschließenden Mietvertragsabschluss und weitere Verkäufe der Republik. Der verursachte Gesamtschaden beläuft sich auf zumindest zehn Millionen Euro.

16 Beschuldigte

Am Donnerstag wurde den 16 Beschuldigten die 825-seitige Anklageschrift der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft übermittelt. Die ersten 50 Seiten der Schrift liegen dem KURIER vor. Angeklagt werden unter anderem Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, sein Trauzeuge und Freund Walter Meischberger, Immobilienmakler Ernst Karl Plech, der Lobbyist Peter Hochegger, Ex-Grasser-Mitarbeiter Michael Ramprecht und Ex-Immofinanzchef Karl Petrikovics (siehe Faktencheck).

Die Angeklagten haben, schreiben die Korruptionsjäger am Beginn der dicken Anklageschrift, "ihre Befugnisse, über fremdes Vermögen zu verfügen (..) wissentlich missbraucht, indem sie jeweils in unvertretbarer Weise gegen die nachgenannten Regeln (..) verstießen, und dadurch (die Republik..) am Vermögen geschädigt (haben) ."

Konkret geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass bereits im Jahr 2000 Grasser, Meischberger und Hochegger gemeinschaftlich einen Tatplan verfassten, während Grassers Amtszeit als Finanzminister finanzielle Vorteile bei Verkaufsprozessen, Privatisierungen oder Auftragsvergaben der Republik zu erlangen.

Der Ex-Finanzminister habe für derartige Entscheidungen Geld von Bietern gefordert, bzw. sich versprechen lassen. Meischberger, Plech und Hochegger hätten sich um die entsprechenden Forderungen gekümmert, sich um die Abwicklung der auf sie aufzuteilenden Zahlungen gekümmert – als auch darum, die Strukturen und Unternehmensgeflechte zur Verschleierung der Zahlungen zu schaffen.

"Psychischer Rückhalt"

Grasser scheint für die Anklagebehörde meist der Kopf der Bande gewesenen zu sein, er bot etwa "den für die Tatbegehung notwendigen psychischen Rückhalt", heißt es in der Anklageschrift. So habe er sich auch bereit erklärt, "im Ablebensfall von Ing. Walter Meischberger" bei jenen Konten, auf welche die von Grasser "selbst einbehaltenen Teile der an ihn zur Auszahlung gelangten Bestechungszahlungen erlegt waren", (..)sich Zugang zum Geld zu verschaffen.

Die Anklage ist nicht rechtskräftig, alle 16 Beschuldigten können sie noch beeinspruchen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Causa Grasser in Zitaten

Grassers "Tatplan": So lief der BUWOG-Deal

APA/HDSAPA2015355-2 - 09032010 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT WI - Der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser am Dienstag, 09. März 2010 nach der Verhandlung wegen übler Nachrede gegen einen Ex-Mitarbeiter Grassers am Landesgericht Wien. APA-FOTO
Grassers "Tatplan": So lief der BUWOG-Deal

GRASSER-KLAGE GEGEN REPUBLIK: GRASSER
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Grasser
Grassers "Tatplan": So lief der BUWOG-Deal

Grassers "Tatplan": So lief der BUWOG-Deal

PK KARL HEINZ GRASSER
Grassers "Tatplan": So lief der BUWOG-Deal

AUSTRIA INQUIRY HEARING
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Grasser
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Karl-Heinz Grasser
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APA/ROLAND SCHLAGERAPA4186493-2 - 31052011 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT WI - Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser nimmt am Dienstag, 31. Mai 2011, im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien zu den am 26.05.2011 stattgefundenen Hausdurchsuchungen Stellun
Grassers "Tatplan": So lief der BUWOG-Deal

APA/ROLAND SCHLAGERAPA2828145-2 - 08092010 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT WI - Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser am Mittwoch, 08. September 2010, am Weg in die Meidlinger Kaserne in Wien, wo in Räumlichkeiten des Bundesamts zur Korruptionspräventi

Wann es nun zu einem Prozess kommen werde, sei derzeit "nicht abschätzbar", erläuterte Oberstaatsanwalt Konrad Kmetic von der das Verfahren führenden Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Nun haben die Beschuldigten 14 Tage Zeit, um eventuell Einspruch gegen die Anklage zu erheben. Sollte kein Einspruch folgen, wird nach Ablauf der Frist die Anklage rechtskräftig.

Sollte einer der 16 Angeklagten Einspruch erheben, beginnt ein Rechtsmittelverfahren, in dem das Oberlandesgericht Wien alle vorgebrachten Argumente prüfen muss. Grassers Anwalt Manfred Ainedter hatte bereits am Mittwochabend erklärt, er rechne jedenfalls mit einem Einspruch. Ob er selber Einspruch erheben werde, hänge von der Anklageschrift ab, hatte der Anwalt erklärt.

Grassers "Tatplan": So lief der BUWOG-Deal

Ausgerechnet im verflixten siebten Jahr machte die Justiz den Sack zu. Am Donnerstag brachte die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen Ex-Minister Karl-Heinz Grasser, seinen Trauzeugen Walter Meischberger, Ex-Lobbyist Peter Hochegger und 13 weitere Personen in der Causa BUWOG und Terminal Tower in Linz wegen Geschenkannahme sowie Untreue ein. Als Strafmaß drohen Grasser & Co. bis zu zehn Jahre Haft. Die Causen sind unglaublich komplex und die Datenmenge der gesammelten Akten geht in die Terabyte-Dimension. Bis zu zehn Millionen Euro hat sich die Justiz die Ermittlungen kosten lassen, schätzen die Experten. Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den BUWOG-Krimi.

  • Warum dauerten die Ermittlungen sieben Jahre?

Die komplexen Stiftungen, Bank- und Treuhandkonten im In- und Ausland von Grasser & Co. zu entflechten, kostet viel Zeit und vor allem auch Geld. Konten im Ausland öffnen zu lassen, entpuppt sich oft als Geduldsprobe für die Ermittler. In Ländern wie der Schweiz oder Liechtenstein, wo das Bankengeheimnis das primäre Geschäftsmodell ist, sieht das Gesetz vor, dass sich die Banken wehren dürfen. Aber auch im Inland geht der Streit um die Konto-Auskunft oft bis zum Oberlandesgericht und dauert daher Monate. Dazu kommt das Recht der Anwälte, Beweisanträge, damit die Staatsanwaltschaft bestimmte Zeugen einvernimmt, während laufender Verfahren zu stellen.

  • Wie hoch sind die Kosten für die Ermittlungen?

Die Ermittlungen starteten im Herbst 2009. Seitdem wurden 700 Einvernahmen durchgeführt. 600 Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen, Sicherstellungen, Telefonüberwachungen oder Kontenöffnungen angeordnet sowie 40 Rechtshilfeersuchen an ausländische Staaten gestellt. Insider schätzen, dass die Ermittlungen inklusive der Arbeitsstunden der Staatsanwälte rund zehn Millionen Euro verschlungen haben werden, um die Genesis aufzuklären.

Die Causa Grasser in Zitaten

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APA/HDSAPA2015355-2 - 09032010 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT WI - Der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser am Dienstag, 09. März 2010 nach der Verhandlung wegen übler Nachrede gegen einen Ex-Mitarbeiter Grassers am Landesgericht Wien. APA-FOTO
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Karl-Heinz Grasser
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  • Wie schwer ist die Beweislast?

Dieser Punkt dürfte vor Gericht brisant werden, stützt sich die Staatsanwaltschaft doch im Wesentlichen auf Indizien. Zwingende Beweise für den Verdacht der Untreue und der Bestechlichkeit gibt es demnach nicht, meinen Insider. "Weil es mangelnde objektivierte Beweisergebnisse gibt, hat die Staatsanwaltschaft das durch einen einheitlichen Tatplan ersetzt. Hier will sie ein gewisses Verhaltensmuster als Beweis gegen die Angeklagten heranziehen, um so eine erhöhte Verdachtslage zu konstruieren", erklärt Meischberger-Anwalt Eduard Salzborn. Für Salzborn fehlt bis heute die "Smoking Gun" . Andererseits sind Prozesse mit derart vielen Angeklagten für die Staatsanwaltschaft eine große Chance. "Da besteht immer das Risiko, dass einer der Angeklagten die Nerven wegschmeißt und im Sinne der Anklage aussagt", so ein Insider. Als Strafmaß drohen den Angeklagten bis zu zehn Jahre Haft.

  • Was wird Grasser in der BUWOG-Affäre vorgeworfen?

Bei der Privatisierung der Bundeswohnungen 2004 in der Ära Grasser erhielt die Immofinanz den Zuschlag. Kurz vor der entscheidenden Runde hatte der Immofinanz-Chef Karl Petrikovics einen geheimen Tipp von Peter Hochegger bekommen, wie viel er bieten müsse. Hochegger hatten den Tipp von Meischberger. Dieser bestreitet, die Information von Grasser bekommen zu haben. Petrikovics zahlte eine Provision von rund 9,6 Millionen Euro an Hocheggers Firma auf Zypern. Nach Abzug der Hochegger-Provision landeten rund 7,5 Millionen auf drei Konten in Liechtenstein, die die Staatsanwaltschaft Grasser, Meischberger und Ernst Plech zuordnet.

  • Worum geht es in der Causa Terminal Tower Linz?

Hier geht es um die Einmietung von Dienststellen der oberösterreichischen Finanzlandesdirektion in den Terminal Tower Linz. Dabei floss wieder eine Vermittlungsprovision über Peter Hochegger an Meischberger, der das Geld nach Liechtenstein transferierte. Der damalige Finanzminister Grasser hatte das Projekt zunächst abgelehnt und erst Monate später zugestimmt. Der Verdacht: Nach der Zusage einer Provision an Grassers Vertrauten Meischberger habe er grünes Licht gegeben.

  • Wovon leben Grasser, Meischberger & Co. heute?

Die Honorare von Anwalt Manfred Ainedter kann sich Grasser noch leisten. "Ich arbeite nicht umsonst", so Ainedter zum KURIER. In der ORF-Sendung "Am Schauplatz" meinte Grasser vor zwei Jahren: "Ich versuche, mich halt über Wasser zu halten." Er habe das Glück, "früher ganz gut verdient zu haben". Dadurch habe er sich einen Polster angespart, den er nun aufbrauche. "Deswegen ist Grasser froh, sich nun im Prozess rehabilitieren zu können", meint Ainedter. Grassers "Spezi" Meischberger lebt, laut seinem Anwalt Salzborn, von der Unterstützung von Freunden, die ihn hin und wieder mit Jobs versorgen. Der Ex-Lobbyist Hochegger hat sich nach Brasilien, wo seine Schwester lebt, zurückgezogen, ist im Konkurs und hatte ein Burn-out.

Grassers "Tatplan": So lief der BUWOG-Deal

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