Blecha nimmermüde: Und ewig lockt die Politik

Er marschiert und marschiert und marschiert: Blecha, 81, lässt sich wiederwählen.
Der 81-Jährige ist ein zentraler Kopf in der SPÖ. Das ist beachtlich und sagt viel über die Partei.

Er holt weit aus mit seiner Rechten, schnappt sich die Hand des Gegenübers und von unten, tief aus seiner Lunge, kommt dann ein festes "Servaaas!" Ja, er kann hier fast alle duzen, der "Charly".

Der SPÖ-nahe Pensionistenverband (PVÖ) hat Verbandstag im Wiener Austria Center und Karl Blecha kennt die meisten der 300 Delegierten gut, seit Jahrzehnten, und manche seit einem halben Jahrhundert.

Heute wird der rote Haudegen zum Präsidenten gewählt werden, wieder einmal. Seit 1999 führt er die Geschäfte des PVÖ, er darf noch mal ran, der "Charly", vier weitere Jahre, Blecha wäre dann 85.

Kann er das? Was für eine Frage! Der frühere Innenminister ist voll im Saft und fällt auf: Während andere im Freizeit-Sakko und bequemen Sneakers kommen, gibt sich Blecha weiter administrabel: Brauner Lederkoffer, ein fein sitzender blauer Anzug, das graue Haar akkurat nach hinten frisiert. Kaum einer ist eleganter an diesem Nachmittag.

Mit 81 gibt es für Blecha wenig in der Politik, was er nicht gesehen hat. Er wurde Chef des Partei-nahen Umfrageinstitutes IFES und erster Spindoktor der SPÖ, da war die Berliner Mauer gerade erst gebaut.

Vor 44 Jahren saß der Wiener dank Kreiskys Drängen erstmals im Parlament. Er war Zentralsekretär, Minister, stellvertretender Parteichef und musste nach zwei Affären (Lucona, Noricum) alle Ämter aufgeben. All das weiß man.

Nicht ganz so bekannt ist, insbesondere unter jüngeren Semestern, dass dieser Herr als stiller Parteichef zu gelten hat. "Die SPÖ ist heute keine Arbeiter- sondern eine Pensionistenpartei", sagt Politikberater Thomas Hofer im Hinblick auf fast 400.000 PVÖ-Mitglieder. "Insofern ist Blecha für Kanzler Werner Faymann unverzichtbar."

Kein Wunder also, dass Faymann und etliche SPÖ-Minister schon am ersten Verbandstag vorstellig werden. "Ohne Charly gäb’s keine Mindestsicherung und keine Mindestpensionen. Das wurde erkämpft und wird erhalten", sagt der Kanzler.

Blecha erwidert die Nettigkeit mit Lob: "Der Werner ist ein verlässlicher Freund", sagt er und erzählt, wie Genosse Parteichef dem ÖVP-Finanzminister jüngst Contra gab, als dieser die steuerliche Entlastung der Pensionisten in Zweifel zog.

Es wäre freilich zu wenig, Blecha nur als geschickten Generationen-Lobbyisten zu würdigen. Der studierte Soziologe ist immer noch einer der versiertesten Köpfe in der SPÖ und darf – wie in den 70er-Jahren – am neuen Parteiprogramm mitarbeiten.

Twitter? Facebook? All das, sagt Blecha, kennt und nutzt er. Er ist neugierig geblieben, ungemein wach im Kopf, dazu all die Erfahrung.

Das eigentliche Problem ist, sagen Beobachter, ein anderes, nämlich: Blecha dürfte eigentlich nicht mehr sein, wo er ist: "In einer Partei wie der SPÖ müsste es eine Reihe an Personen geben, die um Jahrzehnte jünger sind als Blecha und sich um seine Aufgaben reißen", sagt Thomas Hofer. "Aber offenbar ist Blecha der Einzige, der noch ein derartiges Gewicht auf die Bretter bekommt."

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