Kanzler lässt Kassen der Bundesländer durchleuchten

epa03537131 Austrian Chancellor Werner Faymann waits to delivers his speech about the future of the European Union during the plenary session in the European Parliament in Strasbourg, France, 15 January 2013. EPA/PATRICK SEEGER
Werner Faymann bittet RH-Präsident Moser, den Ländern auf die Finger zu schauen.

Es war ein außergewöhnliches Tête-à-tête im Kanzleramt. Es kommt nicht oft vor, dass ein Regierungschef einen Rechnungshofpräsidenten trifft – und um etwas bittet. Vergangene Woche war das der Fall, wie das Kanzleramt und der Rechnungshof dem KURIER bestätigen. Werner Faymann ersuchte Josef Moser, zu eruieren, ob sich die Länder an die Haftungsobergrenzen halten.

Mitte Dezember hatte Faymann ja via KURIER auf gläserne Länderkassen gedrängt. Anlass war der Salzburger Spekulationsskandal. „Nun hat er Moser gebeten, sich anzuschauen, ob die Länder die Vorgaben bei den Haftungsobergrenzen beachten“, heißt es aus dem Büro des Kanzlers. Mosers Antwort: Das habe er ohnehin auf der Agenda.

Grenzverletzung?

„Wir prüfen, ob die Länder die Verpflichtungen, die sich aus dem Stabilitätspakt ergeben, umsetzen. Dazu gehören die Haftungsobergrenzen“, wird im Rechnungshof erläutert. Kern des Paktes, den Bund, Länder und Gemeinden 2012 erneuert haben: strenge Sparvorgaben, um bis 2016 ein Nulldefizit zu haben; ab 2017 de facto keine neuen Schulden mehr, eine „Ausgabenbremse“.

In Sachen Haftungsober­grenzen erinnere man sich: Kärnten ging Haftungen von 20 Milliarden Euro für die Landesbank Hypo ein – das Zehnfache des jährlichen Budgets von zwei Mil­liarden. Diese Haftungen wurden im Rechnungsabschluss ausgewiesen. In Tirol war das bei den Haftungen für die landeseigene Hypo nicht der Fall.

Wann rücken die obersten Prüfer aus? Und in welchem Bundesland beginnen sie? In Niederösterreich, wo mit Wohnbaudarlehen spekuliert wurde? „Es wird in allen Ländern gleichzeitig geprüft“, verlautet aus dem Rechnungshof. Gestartet werde, sobald die Untersuchung in Salzburg beendet sei – jedenfalls noch 2013. Hat die Zentrale genügend Personal für das umfangreiche Unterfangen?„Ja.“

Beschlossen worden war der Stabilitätspakt im Juli des Vorjahres, in der letzten Nationalratssitzung vor der Sommerpause. Gestern wurde er im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Spekulationsverbot muss erst abgesegnet werden. Das Burgenland verabschiedet sich in diesem Zusammenhang von einem antiquierten System – der Kameralistik, einer reinen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Das öffentliche Rechnungswesen wird auf doppelte Buchhaltung umgestellt. „Wir müssen wie eine private Firma bilanzieren, mit unserem Vermögen, mit unseren Schulden – und das in entsprechender Form gegenüberstellen“, sagt SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl. Den Rechnungshofpräsidenten freut’s. Der hat kürzlich befunden: „Die Kameralistik verschleiert die Finanzlage der Gebietskörperschaften.“

Hochriskante Spekulationen mit Steuergeld sollen künftig nicht mehr möglich sein. Darauf haben sich Bund, Länder und Gemeinden Anfang Jänner aus Anlass des Salzburger Finanzskandals verständigt. Nun geht es darum, dieses Ziel gesetzlich umzusetzen.

Einerseits müssen ÖVP und SPÖ zumindest eine Oppositionspartei dafür gewinnen, dem geplanten Spekulationsverbot in der Verfassung zuzustimmen. Denn dafür ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig. Andererseits werden die Bundesländer eine Bund-Länder-Vereinbarung vorlegen, in der detaillierte Regeln festgeschrieben werden sollen. Dieser Vertrag muss danach noch im Ministerrat abgesegnet werden.

Gestern verhandelte die Regierung erstmals mit den Oppositionsparteien (FPÖ, Grüne, BZÖ, Team Stronach) über das Spekulationsverbot in der Verfassung. Geht es nach der Regierung, soll dabei nur allgemein fixiert werden, dass die Finanzierung öffentlicher Projekte und die Veranlagung öffentlicher Mittel fortan möglichst risikoarm erfolgen muss – und dass es österreichweit einheitliche Regeln geben soll. Genauere Vorgaben sollen im erwähnten Bund-Länder-Vertrag stehen.

Der Opposition reicht das nicht. Sie will schärfere Regeln für die Länder in der Verfassung verankern. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache meint, dass sich die Regierung „Hintertürln“ offenlasse. Der Grüne Verhandler Werner Kogler fordert überdies stärkere Sanktionsmöglichkeiten für den Bund.

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