Wahlkampf mit Kreisky und seinem Plan A

Wahlkampf mit Kreisky und seinem Plan A
Kanzler auf Tour: Der SPÖ-Chef ist längst im Wahlkampfmodus. Wer daran zweifelt, wurde am Montag in Wien eines Besseren belehrt.

Das Mikrofon ist fix an der Backe montiert – wie üblich; der schmal geschnittene Anzug sitzt makellos – wie üblich; nur die Krawatte, die blieb diesmal im Auto. Christian Kern wird viel trinken an diesem Abend, einen dreiviertel Liter Wasser in exakt einer Stunde. Er wird seine Zuhörer mit Anekdoten aus der Volksschulzeit unterhalten. Er wird sie zum Lachen und Jubeln bringen. Und auch, wenn er das selbst so nicht sagt: Christian Kern macht an diesem Abend Wahlkampf – und das schon ziemlich gut für einen "Frischg’fangten", wie er sich selbst in betonter Bescheidenheit gerne beschreibt. Im Wiener Austria Center macht die Länder-Tour des SPÖ-Parlamentsklubs Halt, der Kanzler erklärt seinen Plan A – und knapp 1000 Genossen hören zu.

Jubel für Häupl

Rote Scheinwerfer werfen ein angenehmes Licht an die Wände, an der Bühne hängen überdimensionale Videowalls – hier soll nichts dem Zufall überlassen sein. Bevor wir zu den Details kommen, ein Wort zum Hausherren, zu Michael Häupl: Seine Wiener Stadtpartei hatte schon ruhigere Zeiten. Seit Wochen toben Diadochenkämpfe um die Nachfolge, Häupl solle endlich gehen, wird geunkt. Doch im Austria Center ist derlei nicht zu spüren, im Gegenteil: Zwei Mal muss der Bürgermeister aufstehen. Sie jubeln und pfeifen, fast so als wollten sie sagen: Unseren Häupl, den lassen wir uns nicht schlechtreden!

Dann kommt Kern. "Leistung-Aufstieg-Sicherheit": Die drei Begriffe, die Kreisky einst seinem Arbeitsprogramm voranstellte, macht sich der Simmeringer Kern zu eigen. Der frühere ÖBB-Manager will für die da sein, die "morgens aufstehen, arbeiten gehen, sich an Regeln halten" – und dabei ein böses Gefühl haben. Die Angst nämlich, dass es den Kindern nicht besser geht als ihnen selbst, sondern vielleicht sogar einmal schlechter.

"Weniger Starke mitnehmen"

Vieles von dem, was Kern sagt, kann man verkürzt ganz gut auf Plakate drucken. "Wir haben Millionen für die Rettung der Banken, aber kein Geld für Schulen, in denen der Putz von den Wänden bröckelt?" Das ist so ein Satz. Oder der hier: "Es darf nicht sein, dass man sich kein eigenes Haus mehr leisten kann, wenn man nichts erbt." Der einprägsamste Sager aber ist dieser: "Den Starken muss es eine stolze Verpflichtung sein, die weniger Starken mitzunehmen!" Bravo-Rufe in vielen Reihen, so etwas will man als Roter von einem roten Kanzler hören.Die ÖVP? Kern streift sie mit Halbsätzen.Die FPÖ? Das sind für ihn die, die mit peinlichen Selfies zeigen, wie toll sie den EU-Feind Donald Trump finden. Für Christian Kern gibt es nur ein Thema: den Plan A. "Er soll euer und mein Plan sein", sagt er. Er könnte auch sagen: Das ist unser Wahlprogramm. Wobei: Hat er das nicht ohnehin längst getan?

Kommentare