Pensionen: "Der Königsweg ist längeres Arbeiten"

Bernhard Felderer.
Eine Expertenrunde um Nationalbank-Chef Claus Raidl fordert höheres Penionsantrittsalter – Senioren sind dagegen und wollen bessere Absicherung

Parallel zu den laufenden türkis-blauen Koalitionsverhandlungen tauchen mehr und mehr Forderungen an die künftige Regierung auf – so auch im Pensionsbereich.
Konkret meldeten sich die prominent besetzte „Aktion Generationengerechtigkeit“ und der Seniorenrat zu Wort. Letzterer ist das Gremium der roten und schwarzen Pensionistenvertreter.

Derzeit muss der Staat jährlich schon mehr als 20 Milliarden Euro für das Pensionssystem ausgeben, um die Renten für ASVG-Versicherte und pensionierte Beamte zu finanzieren. Das ist ein Riesenbrocken im Budget und etwa wesentlich mehr Geld, als für das gesamte Schulsystem ausgegeben wird.
Weil die Alterung der Bevölkerung rasant fortschreitet, werben Vertreter der Generationen-Aktion wie Notenbank-Präsident Claus Raidl oder Staatsschuldenwächter Bernhard Felderer für längeres Arbeiten über die heutigen 60 Jahre für Frauen bzw. 65 Jahre für Männer hinaus. Zusätzlich müsse das Frauen-Antrittsalters rascher auf 65 Jahre steigen und ein Pensionskonto nach schwedischem Vorbild eingeführt werden. Im skandinavischen Reform-Land kann jeder Arbeitnehmer selbst entscheiden, wann er oder sie in Pension geht. Außerdem steigt in Schweden dank Pensionsautomatik das Antrittsalter parallel zur steigenden Lebenserwartung. Beides gilt den Experten auch hierzulande als „Königsweg“.

Felderer, Raidl & Co. sagen deshalb: „Wir müssen endlich etwas tun. Die Fakten müssen akzeptiert werden. Der Königsweg ist längeres Arbeiten. Pensionskürzungen oder höhere Beiträge sind nirgends ernsthaft diskutiert worden.“

Die Seniorenvertreter haben damit naturgemäß wenig Freude: „Das steht nicht zur Debatte“, sagt der SPÖ-Vertreter der wiedergewählten Seniorenbund-Spitze, Karl Blecha. Auch der Seniorenbund richtet ein ganzes Paket an Forderungen an die künftige Regierung – wenn auch gänzlich anderer Natur als bei Raidl & Co.
Im Kern des elfseitigen Leitantrages findet sich die Fixierung einer „Werterhaltung“ der Pensionen in der Verfassung, eine für die Altvorderen günstigere und raschere Anpassung an die Teuerung, Verbesserungen für Bezieher der Mindestpension („Ausgleichzulage“) und letztlich das Streichen der schlechtesten Verdienstjahre für das Errechnen der Pensionshöhe. Nicht im Leitantrag zu lesen, aber von ÖVP-Vertreterin Ingrid Korosec eingemahnt wird auch ein Abschaffen der Pensionsversicherungsbeiträge für arbeitende Pensionisten.

Wie viel die Umsetzung der Forderungen kosten würde, konnte der Seniorenbund zwar nicht vorrechnen – aus dem Sozialressort heißt es allerdings, dass allein die geforderten Maßnahmen in Sachen Ausgleichszulage (Ausdehnung des Modells auf Ehepaare und Anrechnung von Kindererziehungszeiten) zusätzlich rund 50 Millionen Euro pro Jahr verschlingen würde.

Wie viele der Forderungen letztlich im Koalitionspakt von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache aufgegriffen werden, ist derzeit nicht absehbar. Die FPÖ wollten die Mindestpension auf 1200 Euro anheben, die ÖVP wollte bisher längeres Arbeiten mit höheren Zuschlägen bei Korridorpensionen belohnen. Laut Korosec, die das Pensionskapitel des türkis-blauen Paktes verhandelt, hat derzeit das Heranführen des tatsächlichen an das gesetzliche Antrittsalters „oberste Priorität“ – von massiven Einschnitten durch die neue Regierung „fürchte ich mich nicht“, sagt Korosec.M.Bachner, K.Knittelfelder

Die Industriellenvereinigung sieht den scheidenden Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) beim Pensionsthema noch einmal gefordert. Generalsekretär Christoph Neumayer kritisierte in einer Aussendung am Dienstag, dass Stöger bisher nichts unternommen habe, um das bis Ende November fällige langfristige Pensionsgutachten vorzubereiten. Die Einladung des Ministers an die zuständigen Experten stehe noch aus.

Wie Neumayer begrüßt auch NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker die Forderungen der "Aktion Generationengerechtigkeit": "Eine ernsthafte Pensionsreform ist dringend notwendig." Als "irritierend" sieht Loacker die große Zahl an ÖVP-Unterstützern in dieser Initiative, weil ÖVP-Chef Sebastian Kurz und sein Sozialsprecher August Wöginger erklärt hätten, eine Pensionsreform sei kein Thema. Die ÖVP müsse hier ihre kurzsichtige Blockadehaltung aufgeben, so Loacker in einer Aussendung.

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