"Die ÖVP ist in die Knie gegangen"

Gabriel Obernosterer wollte keine Zerreißprobe riskieren.
Keine Kooperation zwischen schwarzer Landespartei und "Einheitsliste“ der Slowenen. SPÖ und FPK im Kampf um den Landeshauptmannsessel.

Am geschichtsträchtigen 10. Oktober (Tag der Kärntner Volksabstimmung über den Verbleib von Südkärntner Gebieten bei Österreich 1920, Anm.) im Vorjahr hätte der erste Kontakt zu dem Thema stattgefunden, schildert Vladimir Smrtnik, Obmann der Einheitsliste/Enotna lista (EL) die eher kurze Liebe zur Kärntner ÖVP. Denn die Kooperation der unterschiedlichen Gesinnungsgruppierungen wurde wieder abgeblasen.

„Die ÖVP hat damit eine historische Chance vertan“, ist Smrtnik überzeugt. Und die EL muss weiter auf eine legitimierte Vertretung der Volksgruppe im Landtag warten. Laut Smrtnik war im Dezember mit VP-Chef Gabriel Obernosterer nach „sechs Gesprächen auf höchster Ebene mit allen ÖVP-Spitzen im Land“ ein Strategiepapier entwickelt und per Handschlag eine Vereinbarung getroffen worden: „Ich sollte auf der VP-Liste im Wahlkreis Ost (Bezirke St. Veit/Glan, Völkermarkt, Wolfsberg, Anm.) so wie alle anderen VP-Kandidaten einen Vorzugsstimmen-Wahlkampf führen. 2000 Stimmen hätte ich mir da schon zugetraut.“

Zerreißprobe

Damit hätte ein Parteifremder das Mandat für die ÖVP in diesem Wahlkreis erobern und einen „echten Schwarzen“ ausbooten können. Das war den VP-Funktionären dann offenbar doch zu viel. „Da ist die Partei in die Knie gegangen“, analysiert Smrtnik: „Obernosterer hat den Vorschlag am Mittwoch zurückgezogen, weil er keine Zerreißprobe riskieren wollte.“

Nun wolle die EL Gespräche mit allen Parteien führen: „Wir wünschen uns eine Partnerschaft, die uns Autonomie garantiert. Danach werden wir unsere Wahlempfehlung abgeben“, führt der EL-Chef aus. Eine Wahlempfehlung für die FPK könne er sich zwar nicht vorstellen, aber die Bemühungen von Landeshauptmann Gerhard Dörfler bezüglich der Ortstafellösung seien durchaus zu würdigen: „Allerdings haben in dieser Partei andere als er das Sagen.“

Die ÖVP sieht den Ablauf anders. „Parteichef Obernosterer wollte keinen Listenplatz hergeben, die EL wollte den aber für ihre Wahlempfehlung für die ÖVP haben“, begründet eine Sprecherin die gescheiterte Kooperation. Außerdem müsse man weiter denken: Gewänne Smrtnik tatsächlich, müsse er womöglich in den Landtagsklub und den Parteivorstand aufgenommen werden – als Nicht-ÖVPler.

Slowenische Volksgruppe will eigene Vertretung im Landtag

Seit dem 19. Jahrhundert kandidierten slowenische Listen auf Gemeindeebene. Die diversen Fraktionen wurden 1973 im „Klub der slowenischen Gemeinderäte“ zusammengefasst. 1991 vereinigte sich dieser Klub mit der damaligen KEL (Kärntner Einheitsliste) zu der heutigen Enotna lista/Einheitsliste (EL).

Die Aufgabe der EL hat sich laut Selbstbeschreibung spätestens seit den 1980er-Jahren gewandelt. Anfangs war es die reine politische Vertretung der slowenischen Volksgruppe. Nun versteht sich die EL als Sammelpartei der slowenischen Volksgruppe und als unabhängige Regionalpartei des Südkärntner Raumes.

"Die ÖVP ist in die Knie gegangen"
Mag. Vladimir Smrtnik, Obmann Einheitsliste/Enontna Lista
Eine zentrale Forderung bleibt ein gesetzlich garantiertes Landtagsmandat für einen Vertreter der slowenischen Volksgruppe. Durch eine Kooperation mit der ÖVP wäre die EL dieser Vorstellung einen Schritt näher gekommen. „Und wir hätten bis zu 2,5 Prozent der Stimmen gebracht, das hätte der VP den Regierungssitz gesichert“, ist Vorsitzender Vladimir Smrtnik überzeugt.

Die EL trat zuletzt bei der Landtagswahl 1999 mit dem Wahlbündnis „Demokratie 99“ gemeinsam mit Grünen, Liberalem Forum und Vereinten Grünen Österreichs an. „2004 und 2009 haben wir auf eine Kandidatur zugunsten der Grünen verzichtet“, erläutert Smrtnik.

Zwischen FPK und SPÖ fliegen die Hackln tief. Es vergeht kaum eine Stunde, in der nicht von der einen oder der anderen Seite Vorwürfe und der Fingerzeig auf Unrechtes kämen.

So warf SPÖ-Geschäftsführer Daniel Fellner gestern Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) vor, Realitätsverweigerung zu betreiben und unter einem akuten „Pipi-Langstrumpf-Syndrom“ zu leiden: „Er macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt.“

"Die ÖVP ist in die Knie gegangen"
SPÖ gegen FPK
Als Beweis lieferte die SPÖ ein Wahlplakat mit Dörflers Konterfei. Denn unter dem Slogan „Unser Geld für unser Kärnten“ – womit die 400 Millionen aus dem Zukunftsfonds gemeint sind – findet sich am unteren Rand der Hinweis, am 3. März die Liste 1 anzukreuzen.

„Die Landeswahlkommission hat noch keine offizielle Reihung festgelegt“, wettert Fellner und befürchtet „Einflussnahme der Dörfler-FPK auf die Verfassungsabteilung“. Die „fehlerhaften Plakate“ sollen bis zur Klärung abgehängt werden.

Die Blauen wiederum wundern sich öffentlich über die Wahlwerbemethoden der Roten: SPÖ-Chef Peter Kaiser habe am Mittwoch der Gebietskrankenkasse einen Besuch abgestattet und dort wartende Patienten mit Wahlwerbung beglückt, gab FPK-Klubobmann Gernot Darmann „Berichte“ weiter: „Die SPÖ schreckt wohl vor nichts zurück. Sie überrumpelt Leute dort, wo sie ihr nicht auskommen.“

Dem Team Stronach werden bei der Landtagswahl am 3. März bis zu 15 Prozent der Stimmen zugetraut. Das wäre locker fünf Mandate und ein Regierungssitz. Dass es bisher kein Programm gegeben hat, störte kaum jemand.

„Die sind die Einzigen, die den Altparteien auf die Finger klopfen können, weil sie unabhängig sind“, sagt eine Frau zum KURIER. Ihr Begleiter ergänzt: „Es ist gut, wenn es neue Gesichter in der Politik gibt.“ Dass Spitzenkandidat Gerhard Köfer eine SPÖ-Vergangenheit hat und großteils Leute um sich geschart hat, die von ihrer bisherigen Gesinnungsgemeinschaft enttäuscht sind – darüber wird großzügig hinweg gesehen.

Parteigründer Frank Stronach lässt sich seit Wochen nicht mehr in Kärnten blicken und fehlte auch Donnerstag beim offiziellen Wahlkampfstart in Velden. „Er wird nächste Woche kommen“, verspricht Köfer.

One-Man-Show

In Velden präsentierte der Spitzenkandidat, dem eine One-Man-Show angekreidet wird, das mit Experten ausgearbeitete, „wahrscheinlich umfangreichste Programm aller wahlwerbenden Gruppierungen“, mit dem das Team Stronach (Parteifarbe rot-weiß-rot) punkten will. Ein wesentlicher Punkt ist der maßvolle und wirtschaftlich sinnvolle Umgang mit dem Zukunftsfonds. Dieser dürfe nicht – wie die FPK fordert – für populistische und kurzfristige Maßnahmen missbraucht werden.

Themenschwerpunkte sind die Bekämpfung der Korruption, Soziales, Bildung, Wirtschaft und Regionalentwicklung. Köfer: „In den letzten Jahren wurde der ländliche Raum stiefmütterlich behandelt.“ Es gelte auch, der Jugend ein Vorbild zu sein und eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen.

Die Landesliste wird von Köfer angeführt. Es folgen Hartmut Prasch, Alois Dolinar und Siegfried Schalli. Der ebenfalls aus der SPÖ ausgetretene ehemalige Spittaler Stadt-Vize Prasch ist Listenführer im Wahlkreis West. Im Wahlkreis Ost ist Isabella Theuermann Nummer eins. Dolinar ist Listen-Erster im Wahlkreis Klagenfurt, Schalli im Wahlkreis Villach.

Sollte Köfer in die Regierung einziehen, müsste er sowohl die Funktion des Bürgermeisters als auch sein Nationalratsmandat zurücklegen. Sollte er sich für den Landtag entscheiden, könnte er Spittaler Stadtchef bleiben, nicht jedoch gleichzeitig auch dem Parlament (derzeit als „wilder“ Abgeordneter) angehören. „Warten wir die Wahl ab, dann werde mich entscheiden“, sagte er.

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