Machtkämpfe: "Wer vertritt die Muslime?"

Sebastian Kurz hat das Gesetz durchgebracht, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Fuat Sanac, nach Kritik schlussendlich seinen Sanktus gegeben.
Hinter der Schelte der Islamischen Gemeinschaft am Gesetzesentwurf der Regierung steckt mehr als Kritik am Tempo.

Fuat Sanac klang erzürnt: Das Islamgesetz sei mit ihm bzw. der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) nicht akkordiert; es sei in manchen Punkten nachgerade "naiv"; und der Umstand, dass das Gesetz nach einer 16-jährigen Entstehungsphase just dann präsentiert wird, wenn er, Sanac, auf Pilgerreise in Mekka weilt, sei zudem seltsam.

So also sprach der Präsident der IGGiÖ im ORF-Radio. In der Regierung reagierte man ob der Schelte am Donnerstag erstaunt. Offiziell wollten man nichts zu den Vorhalten sagen. Hinter den Kulissen wies man die Anwürfe aber brüsk zurück. "Wir haben mit der IGGiÖ zehn intensive Sitzungstermine absolviert. Dass sie nicht eingebunden worden wäre, ist einfach falsch", sagt ein Beamter zum KURIER.

In den Gesprächen habe die IGGiÖ nur einen Kritikpunkt mit Nachdruck ventiliert, nämlich: "Dass die Forderung nach einer einheitlichen Übersetzung des Korans in der Praxis schwierig ist." Warum Sanac auf den Gesetzesentwurf derart negativ reagiert, erklären Regierungsinsider mit den Veränderungen, die das Gesetz für die IGGiÖ vorsieht. Tatsächlich soll die heterogene Struktur der islamischen Kultur- und Religionsvereine überschaubarer werden. Und das führt dazu, dass die IGGiÖ mit einer anderen Glaubensgemeinschaft, jener der Aleviten (ALEVI), de facto fusioniert wird. Die Re-Organisation führt zu Spannungen, wie auch die dem KURIER vorliegende Stellungnahme von ALEVI zeigt: Man ist zwar grundsätzlich mit dem Gesetz einverstanden, kritisiert aber heftig, dass die IGGiÖ als Glaubensgemeinschaft genehmigt wird, "ohne dass ihre Voraussetzungen jemals geprüft worden wären"."In der IGGiÖ bzw. in der muslimischen Vereinswelt werden Machtverhältnisse neu geordnet, es geht darum, wer vertritt die Muslime", sagt ein Insider. Das erzeuge Spannungen. "Und diese beeinflussen natürlich auch den aktuellen Präsidenten."

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