Islam-Kindergärten: Kurz übernimmt laut Strache alte FPÖ-Forderung

Sebastian Kurz
ÖVP-Chef Sebastian Kurz will islamische Kindergärten in Wien schließen lassen. Kritik kommt von FPÖ, Grünen und Wiener SPÖ. Stadt Wien wirft Kurz "Erfinden von Problemen" vor.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz ist mit dem Wunsch, die islamischen Kindergärten zu schließen, einmal mehr der FPÖ in die Quere gekommen. Deren Parteichef Heinz-Christian Strache stellte Donnerstag umgehend fest, dass Kurz "neuerlich eine langjährige FPÖ-Forderung" aufnehme, rechnet aber nicht mit Umsetzung durch den "Ankündigungsweltmeister". Die Grünen sprachen von "billigem Wahlkampfgetöse".

Kurz würden "Wille und Mut" fehlen, seine Ankündigungen umzusetzen, merkte Strache in einer Aussendung an. Der Integrationsminister hätte schon längst handeln können und müssen, spätestens nach der im Vorjahr veröffentlichte Studie Ednan Aslans über islamische Bildungseinrichtungen. Damals habe Kurz aber nur eine "Placebo-Aktion" gesetzt, nämlich eine neue Studie für Mai 2017 angekündigt, von der man bis heute nichts gehört habe.

Kurz will Verschärfung

"Es soll keine islamischen Kindergärten geben", hatte Kurz Mittwochabend im KURIER-Gespräch erklärt (hier zum Nachsehen). Diese seien sprachlich und kulturell von der Mehrheitsgesellschaft abgeschottet und würden vom Steuerzahler auch noch gefördert. Er will die Schließung über eine Verschärfung der Qualitätskriterien erreichen - und geht davon aus, dass die kritisierten Einrichtungen dann nicht mehr förderungswürdig seien und schließlich von selbst zusperren müssten.

Endlich bundesweite Qualitätskriterien für Kindergärten hält zwar auch der Grüne Bildungssprecher Harald Walser für geboten. Aber Kurz' Hoffnung, dass dann die islamischen Kindergärten in Wien zusperren müssen, sei "nur billiges Wahlkampfgetöse". Missstände gebe es, die sollte man auch dringend angehen, aber "Verallgemeinerungen und ein generelles Verbot lösen die Ursachen nicht, sondern vergiften nur das gesellschaftliche Klima", merkte Walser an - und fragte auch, was passieren solle, wenn in Wien 10.000 Kinder schlagartig ihren Platz verlieren.

Wien gegen "Erfinden" von Problemen

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Czernohorszky in seinem Büro in der Wipplingerstraße
Kurz Forderung sorgt im Wiener Rathaus für Staunen. Der zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) forderte Kurz auf, konkrete Anhaltspunkte zu nennen - was dieser aber schon bisher nie getan habe. "Ich bin der Meinung, Politik soll Probleme lösen und nicht erfinden", befand der Stadtrat.

Falls es auch nur einen Fall gebe, wo der Verdacht bestehe, dass es Verstöße gebe, werde man prüfen, versicherte der Ressortchef im APA-Gespräch. Sollte Kurz aber gemeint haben, dass man nur mehr säkulare Kindergärten erlauben solle, würde dies sicher zu einer "interessanten Diskussion" führen. Bei dieser sollten dann aber alle konfessionellen Träger dabei sein.

IGGiÖ: Schließungen "nicht sinnvoll"

Kritik erntete VP-Chef Sebastian Kurz von der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ). Der Integrationsminister schüre "ein bisschen die Islamfeindlichkeit an", meinte IGGÖ-Sprecherin Sevgi Kircil im Ö1-Mittagsjournal.

Auch inhaltlich hält Kircil Kurz' Wunsch nach Schließung der islamischen Kindergärten für "nicht sinnvoll" - gebe es doch gute Gründe, warum muslimische Familien ihre Kinder dorthin schicken. So sei nicht in allen Kindergärten Halal-Essen gewährleistet und generell würden, wie Studien zeigten, muslimische Kinder in nicht-konfessionellen Einrichtungen benachteiligt im Bildungsverlauf. Wie Kurz sei sie jedoch der Meinung, dass die Qualität der Kindergärten erhöht gehört - aber nicht nur der islamischen, sondern aller, denn "es gibt ein bildungstechnisches Problem".

Duzdar: "Laufend Kontrollen"

Es passiere schon sehr viel, um die Qualität auch der islamischen Kindergärten zu heben, merkte SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar an. So sei ein gemeinsames Projekt von Kurz mit der Stadt Wien im Laufen, es sei vereinbart, dass im Herbst eine Studie veröffentlicht wird. Es gebe schon laufend Kontrollen, die auch zu Schließungen führten - und dies werde auch in Zukunft der Fall sein, "wenn es Probleme gibt". Nicht zu verstehen sei, warum Kurz den gemeinsamen Weg nicht fortsetzen wolle - und stattdessen "nur Schlagzeilen produziert. Das hat mit seriöser Politik nichts zu tun", sagte Duzdar zur APA. Wichtig wäre ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr für alle, dafür sollte sich Kurz einsetzen.

Aslan hält nichts von Kurz' Forderung

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Islamexperte Ednan Aslan
Religionspädagoge Ednan Aslan hält "nichts" von einer pauschalen Schließung aller islamischen Kindergärten. "Das ist keine Lösung" und "solche Äußerungen helfen uns wenig", sagt er laut "Presse" zu dieser Forderung von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Richtig sei aber, dass man Qualitätsstandards für alle Kindergärten bräuchte.

Wenn ein Kindergarten Abwertung und Isolierung im Programm anbiete, sollte dieser auch mit Konsequenzen wie einer Schließung rechnen müssen. Aber es gebe einen legitimen Bedarf an Kindergärten mit islamischer Ausrichtung: "Wenn 15.000 Eltern eine religiöse Erziehung für ihre Kinder wollen, dann können wir das nicht ablehnen", meinte der Religionspädagoge, der in den vergangenen Monaten gemeinsam mit anderen Experten an einer Studie über Islamische Kindergärten arbeitete - und zwar auf Initiative von Kurz und der Stadt Wien. Die Ergebnisse gibt es noch nicht, die Studie soll voraussichtlich im Herbst veröffentlicht werden.

Eine Vorstudie - nach Untersuchung erst eines kleinen Teils der islamischen Kindergruppen in Wien - hat Aslan allerdings schon vor einem Jahr veröffentlicht. Er ortete darin Fehlentwicklungen, Kurz sprach damals von der Gefahr einer "islamischen Parallelgesellschaft".

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