"Ich will, dass Österreich zum Innovation-Leader wird"

Staatssekretär Mahrer, Akademie-Präsident Zeilinger und eine Büste des Mathematikers Gottfried Wilhelm Leibniz in der Alten Universität
Österreich als Land der Denker und Forscher? Harald Mahrer und Anton Zeilinger im Interview.

Harald Mahrer, ÖVP-Staatssekretär im Wissenschaftsministerium und Professor Anton Zeilinger, Präsident der Akademie der Wissenschaften, zeigen im KURIER-Gespräch unkonventionelle Wege auf, wie der Wissenschaftsstandort Österreich beflügelt werden soll.

KURIER: Wie wollen sie für mehr Innovation sorgen?

Mahrer:Wir werden in Österreich kein Öl finden, außer Kernöl, und in den Hohen Tauern vermutlich auch nicht viel Gold. Daher müssen wir auf die Kreativität und Innovationskraft der Menschen setzen, auf unser Talent. Dieses Bekenntnis muss Vorrang haben, hier liegt das Zukunftspotenzial des Landes. Ich will, dass Österreich binnen weniger Jahre zum Innovation-Leader wird. Und mir ist klar, dass wir uns da ein sehr hohes Ziel stecken.

Zeilinger:Innerhalb der Akademie der Wissenschaften haben wir einen extra dotierten Innovationsfördertopf eingerichtet. Wir laden jetzt alle ein, uns Ideen in jeder Weise zu liefern! Wir schließen von vornherein nichts aus, egal, ob es sich um eine konkrete technische Idee handelt oder um Ideen, wie man besonders die Jungen besser fördern kann. Denn viele Junge erreichen wir derzeit gar nicht mit unserer Wissenschaft, obwohl sie doch unsere Zukunft sind.

Weil sie wenig Bildung haben?

Zeilinger:Nein, so einfach würde ich das nicht sehen. Ich denke eher, dass sich die Gesellschaft auf der ganzen Welt durch die Digitalisierung und die neuen Möglichkeiten zur Kommunikation in einer Art und Weise geändert haben, wie wir das sicher noch nicht verstanden haben. Auch da brauchen wir neue Ideen.

Gefördert werden aber auch ganz konkrete Ideen?

Zeilinger: Natürlich unterstützen und ermutigen wir die Leute auch,– zum Beispiel – mehr Patente anzumelden. Das mit diesem Innovationsfonds ist für uns ein klein bisschen ein Glücksspiel, weil man nie weiß, welche Ideen herauskommen.

Das Geld scheint also nicht das größte Problem zu sein?

Zeilinger: Natürlich hätte ich gerne mehr Mittel, verstehen Sie mich nicht falsch. Aber mit guten Ideen kann man schon sehr viel machen.

Was brauchen Forscher, damit wir sie hierher holen können?

Mahrer: Zuerst gibt es die Frage nach der Lebensqualität, die haben wir wie kaum ein anders Land.

Zeilinger: Und wir brauchen gute Professoren und gute Studenten, und alle brauchen sie die Möglichkeit, gute Ideen auch umzusetzen.

Mahrer: Wesentlich ist auch, die Digitalisierung in allen Bereichen voranzutreiben.

Was kann man sich darunter vorstellen?

Zeilinger:Wir machen etwa ein neues Programm für Digitale Geisteswissenschaften. Zuerst wird das vorhandene Wissen digitalisiert. Das ist noch nicht aufregend. Aber wenn man dann diese riesigen Datenmengen hat, kann man plötzlich Fragen stellen, die man sich früher in den Archiven niemals hätte vorstellen können, zu fragen. Mahrer: Dieses Phänomen von big data und der Frage, wie ich daraus Erkenntnis ziehen kann, da sind wir weltweit erst am Anfang.

Zeilinger: Vor allem, wenn man bedenkt, was für ein Potenzial da in Österreichs Archiven liegt, das einmalig ist.

Warum sind Sie so optimistisch?

Zeilinger: Weil wir jetzt eine einmalige Chance haben. Seit Beginn der 2000er-Jahre ist doch erheblich in die Unis investiert worden. Und es gibt einen Pulk von jungen Wissenschaftlern von einer Qualität, wie sie schon lange nicht da war. Denen muss man jetzt Arbeitschancen geben. Unsere Botschaft muss sein: Wer etwas Tolles machen will, bekommt bei uns eine Chance.

Mahrer: Dazu kommt, dass wir recht unbemerkt eine aktive Unternehmensgründer-Entwicklung feststellen. Da wollen wir eine bessere Vernetzung mit der Wissenschaft erreichen, weil da ein Biotop entstehen kann, das sich zum Vorteil beider wechselseitig befruchtet.

Verstehe ich Sie richtig, dass die Abwanderung der klugen Köpfe aus Österreich, der brain drain, gestoppt ist?

Mahrer: Wir haben jedenfalls jetzt die Chance, den Magneten umzudrehen und die besten Leute wieder nach Österreich zu holen.

Zeilinger: Aus meiner Sicht hat sich das umgedreht, ja. Schauen Sie sich doch das Institute of Science and Technology Austria an. Das ist ein Institut, wo kluge Köpfe fast alle von außen gekommen sind. Aber auch in die Akademie der Wissenschaften sind viele Menschen von außerhalb gekommen.

Ich kann mich an ein konkretes Problem erinnern, wo die Ehefrau eines ukrainischen Mathematikers hier nicht arbeiten durfte, und er deshalb das Land wieder verlassen hat.

Mahrer:Ja, da haben wir sicher noch unsere Hausaufgaben zu machen. Das haben wir uns für das nächste halbe Jahr vorgenommen, bei der Rot-Weiß-Rot-Card zu schauen, was zu tun ist. Diese Barrieren müssen wir abbauen.

Zeilinger:Österreich kann ja nur mit Zuwanderung überleben. Nur sollten wir uns besser anschauen, wer zuwandern will. Ich würde sagen: Die Leute, die bei uns einen positiven Beitrag leisten können, die sollten wir sogar herlocken.

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