Hypo-Konkurs: Riskant, aber günstiger

Die höchste Milliardensumme, die je versenkt wurde: Wer rettet die Steuerzahler vor der Hypo?
Die Eckpunkte des Insolvenz-Szenarios samt der nötigen Begleitmaßnahmen.

Die Bundesregierung ist in keiner beneidenswerten Lage. Sie muss in den nächsten Wochen eine Entscheidung über das größte Milliardendesaster in der zweiten Republik fällen.

Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger betonten zuletzt wiederholt, sie würden tun, „was die Experten sagen“. Doch das Abschieben der Verantwortung auf Experten ist kein Fluchtweg. Erstens wird das von Klaus Liebscher und Ewald Nowotny favorisierte Bankenbeteiligungsmodell mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht funktionieren. Zweitens handelt es sich bei der Methode zur Hypo-Abwicklung letztlich um eine politische Entscheidung. Und genau deswegen wird, drittens, die Opposition der Regierung die Ausrede auf „Experten“ nicht durchgehen lassen. Das wurde spätestens diese Woche im Nationalrat klar.

In bemerkenswerter Übereinstimmung verlangen alle Oppositionsparteien – Neos, Grüne, Team Stronach und FPÖ – die Veröffentlichung des vom Finanzministerium bezahlten Oliver Wyman-Gutachtens, in dem als eines von vier Szenarien die Hypo-Insolvenz geprüft wurde. Finanzminister Michael Spindelegger verweigert die Veröffentlichung des Gutachtens, obwohl durchsickerte, dass Wyman die Insolvenz als die für den Steuerzahler günstigste Variante beurteilt.

Aus Expertenkreisen erfuhr der KURIER die Eckpunkte des Insolvenz-Szenarios:

Assetverwertung Die werthaltigen Assets der Hypo würden zum Kauf angeboten, und zwar ohne rechtliche Risken für die Käufer, weil im Konkursfall (anders als bei der Bad Bank) alle Verfahren auf null gestellt sind.

Gläubiger-Beteiligung Die Gläubiger der Hypo, die die von Kärnten garantierten Anleihen im Wert von 12,5 Milliarden halten, wenden sich an Kärnten und fordern ihr Geld ein. Das Land antwortet, es könne nicht zahlen, die Gläubiger sollen klagen. An dieser Stelle tritt der Bund auf den Plan und bietet den Gläubigern an, ihnen das Prozessrisiko zu ersparen und ihnen die Forderungen gegenüber dem Land Kärnten abzukaufen – beispielsweise zum Preis von vier Milliarden für die 12,5 Milliarden („Haircut“).

Im Bad-Bank-Modell hingegen übernimmt der Bund, also der Steuerzahler, zu 100 Prozent das Risiko für die 12,5 Kärntner Milliarden, die Gläubiger der Bank bekommen 100 Prozent ihres Geldes zurück.

Alteigentümer Die Bayrische Landesbank müsste im Insolvenzfall 2,3 Milliarden zu den Verlusten beitragen. Möglicherweise könnte der Hypo-Masseverwalter sogar jene Milliarden, die die Alteigentümer 2008 aus der Bank abzogen, zurückfordern.

Beim Bad-Bank-Modell riskiert Österreich, dass Bayern den laufenden Prozess um die 2,3 Milliarden gewinnt. Nicht nur, dass die Alteigentümer dann nichts zur Verlustabdeckung beitragen würden, müsste ihnen Österreich sogar noch Geld nachtragen. Bayrische Politiker bejubelten kürzlich, dass Österreich eine Pleite ausschließt und zerstörten alle Hoffnungen auf Vergleichsverhandlungen. Nur um „Schönwetter“ zu machen, werde man keine Milliarden verschenken, tönte CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer.

Begleitmaßnahmen Um Folgeschäden eines Hypo-Konkurses zu vermeiden, müsste der Bund Begleitmaßnahmen setzen. Etwa die rund 1,5 Milliarden Pfandleihbriefe im Verbund der Landeshypothekenbanken mit einer Bundes-Garantie unterlegen, damit kein Domino-Effekt entsteht. Und Kärnten mit einem günstigen Sonderkredit vor einem Anschluss-Konkurs retten.

Reputationsrisiko Dass die Hypo-Insolvenz das günstigste Szenario für die Steuerzahler wäre, scheint offensichtlich. Das Risiko liegt in einer Rufschädigung für die Bonität der Republik, was letztlich erst wieder die Steuerzahler belasten würde. Daher, so sagen Experten, müsste die Insolvenz von einer Sprachregelung aller Staatsorgane begleitet werden, wonach der Bund auf jeden Fall zu seinen Zahlungs-Verpflichtungen stehe.

Eines ist klar: Sobald der Bund die Bad Bank etabliert und die Risiken Kärntens übernommen hat, ist jedes Insolvenz-Szenario auszuschließen, denn es würde den Bund selbst betreffen. In anderen Worten: Die sogenannte „Anstaltslösung“ bedeutet, dass der Steuerzahler in jedem Fall alles, was kommt, zahlen muss.

Die Bad Bank soll wacklige Hypo-Geschäfte von bis zu 19 Milliarden übernehmen. Wie viel sich davon zu Geld machen lässt, und wie viel bei den Steuerzahlern landet, weiß niemand. Kundige rechnen mit einem Schaden von zehn Milliarden. Damit könnte man 60 Kilometer U-Bahn in Tunnelbauweise oder zwanzig moderne Universitäten im Campus-Format bauen ...

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