Bayern sieht Österreich als "Schwachstelle" in Europa

Der bayerische Finanzminister Markus Söder ärgert sich über die Wiener Finanzpolitik.
Gräben im Hypo-Streit werden tiefer. Länder-Sprecher Sobotka fordert von Schelling volle Verantwortung.

Ich gehe davon aus, dass Bund und Länder letzten Endes zu einer gemeinsamen Lösung kommen werden müssen." Das sagte Niederösterreichs Landeshauptmannstellvertreter Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Vorsitzender der Landesfinanzreferenten am Montag nach einem Gespräch mit Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), in dem es um die Landes-Hypos und Übernahme der Heta-Schulden ging.

Ein Finanzminister, der im Rahmen des europäischen Rettungsschirms Haftungen gegenüber Griechenland in Milliardenhöhe eingehe, werde sich der gemeinsamen Verantwortung gegenüber eines aus den Fugen geratenen Landes nicht entziehen können, sagte Sobotka. Er meinte auch in Richtung Schelling, dass dieser sich derzeit auch nicht entziehe. "Die finanziellen Notwendigkeiten Kärntens werden über die Bundesfinanzierungsagentur sichergestellt, da es offensichtlich für Kärnten schwierig ist, sich am freien Markt zu finanzieren."

"Vereinbart haben wir, dass wir in technische Gespräche eintreten, um einen gemeinsamen Weg im Sinne aller Steuerzahler zu finden", so der Niederösterreicher. Die Herausforderungen, denen sich die Pfandbriefstelle aufgrund des Moratoriums der Hypo-Abbaugesellschaft Heta gegenüber sehe, seien immens.

Bayern verstimmt

Der Streit um die Altlasten der ehemaligen Hypo Alpe Adria Bank verschlechtert indessen das Klima zwischen Österreich und Bayern immer mehr. Gegenüber der APA zeigte sich der bayerische Finanzminister Markus Söder tief verärgert über das Verhalten der Wiener Finanzpolitik. Österreich entwickle sich "zusehends zu einer Schwachstelle in der europäischen Finanzarchitektur", sagte Söder.

"Mini-Griechenland"

Heftige Kritik am auch aus Großbritannien: Die britische Zeitung The Telegraph bezeichnete Österreich als „Mini-Griechenland, das im Herzen Europas ausbricht“. Österreich werde zügig zu Europas neuem Schulden-Albtraum (siehe Tweet).

Von Griechenland, Spanien, Italien und Portugal erwarte man, dass deren Schulden beglichen würden, was "die Meisten" auch täten. "Dieser Maßstab muss auch für Österreich gelten", sagte Söder. Die Finanzminister Griechenlands und Österreichs verwendeten das Wort "Schuldenschnitt" in demselben Atemzug. Dadurch schwinde das Vertrauen von in- und ausländischen Anlegern in den Finanzplatz Österreich "von Tag zu Tag".

Söder zum Verhalten der Republik Österreich: "In Europa einmalig und einem Rechtsstaat völlig unangemessen"

Die Bayerische Landesbank (BayernLB) fordert von ihrer ehemaligen Tochter Hypo Alpe Adria und jetzt von der Rechtsnachfolgerin Heta 2,3 Milliarden Euro. Im Gegenzug macht die österreichische Seite Forderungen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro geltend. In Wien und München sind eine Reihe von Prozessen anhängig. "Wir haben keinen Anlass, an der Rechtsstaatlichkeit Österreichs" zu zweifeln, betonte Söder.

Angebote "nicht seriös"

Der bayerische Finanzminister bestätigte, dass es Gespräche zur Beilegung des Milliardenstreits gegeben habe. Allerdings seien alle von der österreichischen Seite vorgebrachten Angebote "aus bayerischer Sicht nicht seriös" gewesen. Durch den am vergangenen Wochenende für die Abwicklungsbank Heta verkündeten Zahlungsstopp sei jetzt die Tür für weitere Gespräche "erstmal zu".

Man sei überrascht, dass Wien diese Gespräche öffentlich gemacht habe, sagte Söder. Dies sei bei einem professionellen Umgang auf internationaler Ebene unüblich. Die Vertrauenswürdigkeit für künftige Gespräche sei auch nicht dadurch erhöht worden, dass man in Wien "öffentlich über Vergleichsverhandlungen redet und gleichzeitig durch die Hintertür eine Abwicklung plant".

Söder sieht Managementfehler: "Diese Fehler jetzt nachträglich Bayern anlasten zu wollen, ist unfair und unakzeptabel"

Bei der Übergabe der Hypo Alpe Adria an die Republik Österreich habe die bayerische Seite nicht getäuscht, bekräftigte Söder. Dies habe die Griss-Kommission herausgearbeitet: "Österreich war schlicht und einfach schlecht vorbereitet". Beim Management der Verlustbank habe Österreich in den letzten Jahren offenkundig "schwere Fehler" gemacht: "Diese Fehler jetzt nachträglich Bayern anlasten zu wollen, ist unfair und unakzeptabel".

"Fragwürdig" ist nach den Worten Söders auch die Art und Weise, wie die österreichische Bundesregierung bei der Abwicklung der Heta mit den Bundesländern umgehe. Offenkundig wolle sich der Bund auf Kosten der Länder sanieren. "Für alle Probleme Kärntens muss Österreich die Verantwortung übernehmen", forderte Söder.

Solange hinter Schulden der ehemaligen Hypo Alpe Adria Haftungen von Bund und Ländern stehen, werden Gläubiger nicht auf ihnen zustehendes Geld verzichten, waren sich Experten in der ORF-Sendung "im Zentrum" einig.

Nach der Aufwertung des Franken schulde die Heta der BayernLB 2,8 Mrd. Euro. Der BayernLB-Vorstand könne aber "auf keinen Cent verzichten", weil er sonst seine Aufsicht im Haus hätte, solange es für den ganzen Betrag eine Haftung der Republik Österreich gibt, so der bayrische Abgeordnete Ernst Weidenbusch. Sollte es aber Österreich schaffen, sich per Gesetz von den eigenen Haftungen zu entbinden, dann werde Bayern zwar sein Geld nicht bekommen, aber dafür werde der Bankenplatz Österreich massiv leiden.

Auch der Bankenexperte der Wirtschaftsuniversität Wien, Stefan Pichler, meint, wegen der Haftungen sei "der Verhandlungsstand nicht so gut für Österreich". Die meisten Gläubiger würden wohl klagen: "Die Gläubiger werden nicht freiwillig einen Beitrag leisten". Bisher hätten die Landeshaftungen funktioniert, weil alle davon ausgingen, dass am Ende der Bund für alles gerade steht. Auch die Ratingagentur Moody's gehe weiter davon aus, dass im Ernstfall der Bund für Kärnten einspringt, erinnerte Pichler - obwohl Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) beteuert, der Bund werde keinen Euro Steuergeld mehr in die Bank stecken. Weniger Problem sei die Ratingverschlechterung für Kärnten, da sich das Land über die Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) vorerst günstig refinanzieren könne.

Ähnlich der Verfassungsjurist Heinz Mayer: Ein Unternehmensvorstand müsse auf Einhaltung der Landeshaftungen klagen, weil er seinem Eigentümer ja nicht sagen könne, er lasse "die Milliarden sausen". Auch die Standard-Journalistin Renate Graber, die gemeinsam mit Andreas Schnauder kürzlich ein Buch zur Hypo veröffentlicht hat, glaubt "dass Bayern ganz gute Chancen hat", auch wenn es jetzt viel um politisches Geplänkel gehe.

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