Herbert Paierl: "Von niemandem abhängig machen"

Herbert Paierl: "Von niemandem abhängig machen"
Der Ex-ÖVP-Wirtschaftslandesrat gab Stronach einen Korb. Was Paierl heute macht.

Vor elf Jahren ist er aus der Politik ausgestiegen, im Frühjahr hat er die letzte Direkt-Verbindung gekappt. Da ist Herbert Paierl aus dem Wirtschaftsbund – und damit aus der ÖVP – ausgetreten. Die Politik lässt den einstigen Wirtschaftslandesrat und heutigen Unternehmer freilich noch immer nicht los. Die aktuellen Ereignisse, wie den Wechsel der Stronach-Mandatare zur ÖVP, verfolgt er intensiv. Paierl kennt ja den Ex-Magna-Magnaten gut.

Für Stronachs Konzern war er jahrelang tätig. Was sagt er also zur Erosion in der Milliardärspartei und dem Andocken der Abtrünnigen bei der ÖVP? "Da fehlen einem die Worte. Mir erschließt sich die Ratio nicht. Ich weiß nicht, was das für einen Sinn hat." Paierl war über Stronachs Polit-Ambitionen von Beginn an informiert: "Ich war einer der Ersten, dem er seine Pläne anvertraut hat." Mitmachen wollte er nicht. "Mein oberstes Prinzip in meinem Berufsleben ist, mich von niemandem abhängig zu machen."

Mandat zurücklegen

Während also der frühere Politiker das Offert ausschlug, wollten Kathrin Nachbaur & Co. mit dem Austrokanadier reüssieren. Der Erfolg war bescheiden. Ist es vertretbar, just zu jenen überzulaufen, die man zuvor frontal attackiert hat? Paierl: "Ich meine, dass man sein Mandat zurücklegen muss, wenn man festgestellt hat, dass es in einer Partei nicht mehr geht."

Der Ex-ÖVP-Mann weiß, wovon er spricht. Er hat der Partei ja den Rücken gekehrt. "Die Hauptmotivation war das Steuerpaket. Das ist mir gegen den Strich gegangen. Die Vermögenssteuer allein zu verhindern, das reicht nicht."

Mit dem "Steuerpaket" meint der Unternehmensberater, Investor und Hotelbesitzer die Steuerreform. Die Lohnsteuersenkung, die findet der Steirer ja gut, aber dass dafür Steuern erhöht werden, missfällt ihm. Er könne etwa in seinem Hotel in Bad Waltersdorf nicht einfach die Preise erhöhen, wenn eine Steuer steigt. "Da ist der Konkurrenzdruck zu hoch." Zu hoch seien auch die Lohnnebenkosten. "Mir treibt es die Schamesröte ins Gesicht, wenn ich sehe, wie wenig meinem Koch und meinem Zimmermädchen von dem übrig bleibt, was ich zahlen muss."

Bagatell-Bescheid

Dass die hohen Steuern und Abgaben der Wirtschaft und damit dem Land schaden würden, sei längst bekannt. Finanzminister Schelling habe auch "richtig festgestellt", dass Österreich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgaben-Problem habe. "Und trotzdem höre ich seit 30 Jahren, dass für Schönbrunn drei Ministerien zuständig sind." Richtig zornig wird Paierl, wenn er über "die Ineffizienz" im öffentlichen Bereich redet. "Ich habe für ein kleines Grundstück in der Oststeiermark vom Finanzamt einen Bescheid über 1,75 Euro bekommen. Ich zahle das, aber da sind die Kosten für die Bearbeitung und den Postweg höher als die Einnahmen!"

"20 Prozent", ist der Ex-Landesrat überzeugt, könnten im öffentlichen Sektor durch Effizienzsteigerungen eingespart werden – "ohne Leistungskürzung".

Warum versagt da die ÖVP? "Mitgehangen, mitgefangen. Der Gesamtauftritt der Regierung ist besorgniserregend", sagt der Ex-Schwarze auch in Anspielung auf den roten Koalitionspartner. Wäre Schwarz-Blau besser? "Ich glaube nicht, dass mit Straches Partei Reformen möglich sind. Es geht auch nicht um die Personen oder die Parteien, die sind ja alle im selben System", sagt Paierl – und verweist auf die Macht von "Kammern, Sozialpartnern, Verbänden".

Wunderwuzzi

Was täte er in der Regierung? "Ich würde auch scheitern. Ich bin ja kein Wunderwuzzi". Ändern werde sich erst etwas, "wenn kein Geld mehr da ist, wenn wir etwa Pensionen und Beamtenprivilegien nicht mehr bezahlen können". Tut es ihm leid, dass er 2008 nicht Wirtschaftsminister geworden ist? Mit einem Blick gen Himmel meint Paierl schmunzelnd: "Im Nachhinein betrachtet ist das sehr okay. Ich sage immer: Da sitzt eh einer am Joystick und tut das Richtige."

Polit-Karriere

Paierl studierte Raumordnung, -planung und Energiewirtschaft. Er saß im Kabinett von Landeshauptmann Krainer (1981 bis 1993), war STEWEAG-Chef. 1996 bis 2004 war Paierl unter Waltraud Klasnic Wirtschafts- und Finanzlandesrat. 2008 war er als Wirtschaftsminister vorgesehen, den Job bekam aber Reinhold Mitterlehner.

Unternehmer und Privatmann

Der Steirer betreibt eine Consulting- und Investmentfirma und investierte auch in das Hotel seiner Familie in Bad Waltersdorf. Der 63-Jährige sitzt in Aufsichtsräten ( Flughafen AG, PG Enterprise AG), ist mit einer Amerikanerin verheiratet und hat zwei Kinder (aus erster Ehe). Paierl läuft täglich und hat 33 Marathons absolviert.

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