Heinisch-Hosek möchte Schule ohne Nachhilfe

Gabriele Heinisch-Hosek im Bildungsministerium: "Mein Schreibtisch kommt erst."
Bildungsministerin Heinisch-Hosek über ihre Visionen und realistische Reformvorhaben.

Es ist kein leichter Start für Bildungs- und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Ihr Büro ist noch nicht eingerichtet, „es fehlen mein Schreibtisch aus meinem alten Büro und ein großer Tisch“, sagt Heinisch. Vom Heldenplatz tönt derweil laute Musik und gellen Trillerpfeifen der demonstrierenden Beamten.

Auch die AHS- und BMHS-Lehrer drohen demnächst mit Demonstrationen und Streik wegen des soeben beschlossenen Dienstrechts. Ein schwieriger Start? „Ich bin froh, dass das Lehrerdienstrecht beschlossen wurde“, sagt die Ministerin. „Jetzt will ich das Gespräch mit den Lehrern suchen.“

Die Gewerkschaft trete nach außen zwar geschlossen auf, sagt Heinisch, „aber ich weiß, dass schon jetzt Teile der Gewerkschaft gut mit dem neuen Dienstrecht leben können. Ich hoffe, jetzt noch alle anderen überzeugen zu können. Denn für Streiks habe ich kein Verständnis.“

Bildungsreform

Groß waren die Hoffnungen in eine breite Bildungsreform, warum ist davon nichts im Koalitionstext zu finden? „Für mich wäre ein großer Wurf, hätten wir uns dazu bekannt, dass alle 10- bis 14-Jährigen unter einem Bildungsdach unterrichtet werden. Das war aber kein Weg für die ÖVP“, gibt die Sozialdemokratin zu. „Und wir wollten keine Elitegymnasien mit Aufnahmsprüfungen für die Neun- bis Zehnjährigen.“

Die gemeinsame Schule möchte sie dennoch „weiterdenken“. Da trifft es sich gut, dass die Westachse der ÖVP (Vorarlberg, Tirol, Salzburg) in Sachen Gesamtschule bis zuletzt diskussionswillig war: „Wenn Landeshauptmann Wallner oder Platter auf mich zukommen, weil sie ihre Bundesländer zu Gesamtschul-Modellregionen machen wollen, dann begrüße ich das sehr. Ich warte darauf, vielleicht gibt es bald erste Gespräche dazu.“

Dabei soll es aber nicht bleiben: „Natürlich habe ich Visionen für mein Amt“, sagt Heinisch. Der Ausbau der Ganztagesbetreuung sei ein erster Schritt, immerhin werden dafür eine Dreiviertel Milliarde Euro trotz Budgetlochs bereitgestellt. Am Ende ihrer ersten Amtszeit wünscht sie sich: „Kinder, die neugierig in die Schulen hineingehen, zufrieden nach Hause gehen, ohne Nachhilfe oder Hausaufgaben, und ihr Tagwerk damit erledigt haben. Und der Rest des Tages ist für die Familie.“

Dazu wird es auch mehr Geld brauchen, „etwa für Unterstützungspersonal dort, wo es dringend gebraucht wird.“

Sparen

Und wo wird gespart? „Günstiger könnten wir schnell durch ein Controlling aller Landeslehrer werden. Sie werden zwar vom Bund bezahlt, aber wir haben keine Einsicht über ihre Verwendung. Die Länder liegen jedes Jahr 2000 Personen über dem vereinbarten Personalplan.“ Dieses Controlling ist vereinbart.

Schwerpunkt soll zudem „Deutsch vor Schuleintritt“ in Form von freiwilligen Förderklassen sein. „Da haben wir einiges aufzuholen, da ist eine Intensivierung dringend nötig. Auch für Quereinsteiger.“ Bis 2018 soll es für diese Kinder eine „ständige intensive Begleitung geben, bis die Sprache beherrscht wird.“

Neu hinzu kommen verbindliche Übungen zur Berufswahl der 10- bis 14-Jährigen. „Vielleicht in Form einer Orientierungswoche mit Experten, oder regelmäßig.“ Spannend auch, dass „der phasenweise Ersatz des Schulbuches durch eBooks oder Tablets kommt. Bücher werden aber nicht abgeschafft. Unsere Kinder wachsen mit elektronischen Medien auf, daher sollten sie auch in den Klassen verwendet werden.“

Nach dem dramaturgischen Höhepunkt im Ringen um höhere Beamtengehälter folgt nun einmal Stillstand: Regierung und Beamte gehen in den Weihnachtsurlaub. „Nach Weihnachten werden wir natürlich weiterreden“, sagte der neue Beamtenminister Josef Ostermayer im TV. Bei der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) gibt man sich mit der Ankündigung neuer Verhandlungen nach den Weihnachtsfeiertagen zufrieden: „Wenn das so ist, ist vorerst einmal Weihnachtsfriede“, sagt Peter Korecky, Vize-Vorsitzender des GÖD, zum KURIER.

Doch Korecky stellt auch die Rute ins Fenster: „Ziel jeglicher Aktion ist, dass es weitere Verhandlungen gibt. Wenn es dort keine Bewegung gibt, war das mit Sicherheit nicht die letzte Großveranstaltung.“ Wie berichtet hatte die Gewerkschaft zuletzt 2,3 Prozent gefordert, die Regierung hatte 1,6 Prozent geboten – mit Abzügen.

Lehrer-Proteste

Im Zentrum der Unmutsäußerungen standen am Mittwoch zwar die stockenden Gehaltsverhandlungen. Lehrergewerkschafter Paul Kimberger nützte die Gelegenheit aber auch, um gegen das neue Lehrerdienstrecht zu mobilisieren. „Wir werden eine parlamentarische Bürgerinitiative starten, um den gewerkschaftlichen Druck aufrecht zu erhalten“, erzählt Kimberger im KURIER-Gespräch. Getragen werde die Initiative von den fünf Lehrer-Gewerkschaften. Die Unterschriften dafür wollte Kimberger am Mittwoch sammeln. Die notwendigen 500 habe er zwar schon beisammen, sagt Kimberger. „Aber ich rechne mit mehreren Tausend Unterschriften.“ Donnerstag oder Freitag wolle er die Initiative im Parlament einreichen.

Zurück zum Start

Laut dem Papier soll das am Dienstag beschlossene Lehrerdienstrecht aufgehoben, eine Arbeitszeitstudie durchgeführt und ein neues Dienstrecht erarbeitet werden. Gedrängt wird zudem unter anderem auf ausreichendes Unterstützungspersonal und moderne Arbeitsplätze.

Neue Streiks kündigt Kimberger nicht an: „Ein Streik ist in den nächsten Tagen unwahrscheinlich. Aber wir haben mehrere Aktionen in der Pipeline. Jetzt steht einmal der Gehaltsabschluss im Mittelpunkt.“

In diesem Punkt erklärten sich am Mittwoch übrigens auch ÖGB und AK solidarisch. Gewerkschaftsboss Erich Foglar meint, nach einer Nulllohnrunde 2012 sei „die Verärgerung über den derzeitigen Stillstand bei den Gehaltsverhandlungen nachvollziehbar.“

Kommentare