Hans Jörg Schelling: "Ich koche ungern nach Rezept"

Der Finanzminister hält nichts von Rezepten, er improvisiert lieber.
KURIER-Serie "Politiker nach Dienstschluss": Als Ausgleich zum Stressjob Finanzminister rührt Schelling, was der Kochlöffel hergibt.

Seinen Alltag dominieren Zahlenkonstrukte, Budgetsitzungen, strenge EU-Finanzvorgaben oder Not leidende Kredite. Am Wochenende bricht Hans Jörg Schelling gerne aus der Welt der Zahlen aus. Wenn er dann in seine Kochweste schlüpft, schert sich der ÖVP-Finanzminister allerdings herzlich wenig um Genauigkeit.


KURIER-Serie: Politiker nach Dienstschluss

Gramm, Stückzahlen oder Zehntelliter sind in Schellings Kochwelt Nebensache. Improvisation ist das Motto seiner Küche. "Ich koche ungern nach Rezepten. Deswegen bereite ich auch kaum Süßspeisen zu."

Ein bewusster Kontrapunkt zum Job? "Ich befürchte, manchmal ist das auch bei den Zahlen so", witzelt der Finanzminister. Denn Kosten für unerwartete Flüchtlingskrisen, Bankenrettungen & Co. lassen sich nicht kalkulieren – auch hier ist man gezwungen zu improvisieren. Wahrscheinlich öfter, als dem Minister lieb ist.

Hans Jörg Schelling: "Ich koche ungern nach Rezept"
Finanzminister Hans Jörg Schelling am Herd im "Kochamt" im Palais Ferstel im Rahmen der KURIER-Serie "Politiker nach Dienstschluss". Schelling ist in seiner Freizeit passionierter Hobbykoch. Wien, am 20.07.2016.
Das Gefühl fürs Kochen hatte der 62-Jährige schon in seiner Kindheit. Seine Mutter war Krankenschwester. "Sie zählte zu den wenigen berufstätigen Frauen damals in Vorarlberg", erzählt der Minister. Erschöpft von der Mehrfachbelastung Familie, Nachtdienste und Haushalt, weigerte sich Schellings emanzipierte Mutter, auch noch am Wochenende die Familie zu bekochen.

Kurzerhand übernahmen am Wochenende die Männer (Vater und die beiden Söhne) der Familie das Kommando in der Küche. "Vor dem Wochenende machten wir unserer Mutter einen Menüvorschlag. Sie kaufte dann die Zutaten ein und gab uns Tipps", erinnert sich Schelling. Damals lernte er das Handwerk. Seine Routine kann man bei jedem Handgriff in der Küche beobachten. "Kochen ist für mich pure Entspannung. Da bringt mich nichts aus der Ruhe." Den Beweis dafür konnte der ehemalige XXXLutz-Chef dann gleich während des KURIER-Termins liefern.

Hans Jörg Schelling: "Ich koche ungern nach Rezept"
Finanzminister Hans Jörg Schelling beim Kochen im "Kochamt" im Palais Ferstel im Rahmen der KURIER-Serie "Politiker nach Dienstschluss". Wien, am 20.07.2016.
Schelling zauberte ein Drei-Gänge-Menü für seine engsten Mitarbeiter im Kabinett. Als dann überraschend zehn statt wie angekündigt fünf Mitarbeiter zum Lunch erscheinen, nimmt es der Minister locker. Schelling reagiert und kalkuliert blitzschnell, wie er fünf in zehn Gerichte verwandeln kann. "Ich koche auch gerne für 100 Personen", scherzt er.

Den Auftakt machte eine eine aromatisch facettenreiche Karotten-Ingwer-Orangen-Suppe. Das kulinarisches Zwischenspiel bestritt der Minister mit raffiniert marinierten Eierschwammerln und Kartoffelpuffern.

Hans Jörg Schelling: "Ich koche ungern nach Rezept"
Finanzminister Hans Jörg Schelling am Herd im "Kochamt" im Palais Ferstel im Rahmen der KURIER-Serie "Politiker nach Dienstschluss". Schelling ist in seiner Freizeit passionierter Hobbykoch. Wien, am 20.07.2016.
Als Höhepunkt servierte Schelling Lachsforellenfilets, die er am Punkt genau im Rieslingsud zubereitete.

Klar, der Wein darf nicht fehlen. Denn 2009 hat Schelling das Stiftsweingut Herzogenburg übernommen. Wenn seine Zeit als Minister vorüber ist, möchte der gebürtige Vorarlberger dann seinen Traumjob als Winzer endlich ausüben.

Gibt es für einen "alten" Koch-Haudegen, wie Schelling einer ist, überhaupt noch eine Herausforderung am Herd? "Ja, die große Kür sind für mich Saucen. Sie benötigen viel Zeit durch das Einreduzieren, das Zubereiten des Fonds und viel Gefühl beim Verfeinern. Die Saucen erinnern mich an Wein. Am Ende ist die große Frage, ob sie schmecken oder nicht."

Gerade in diesem Kürprogramm ist die improvisierte Küche des Ministers ein Nachteil. "Wenn mir ein Gericht gelingt, dann merke ich mir leider nie die genaue Zubereitung." Dazu liefert Österreichs oberster Budgethüter gleich eine lukullische Anekdote. Als er wieder einmal für rund 40 Personen in einem Wirtshaus kochte, verfeinerte Hobbykoch Schelling den Rindslungenbraten mit einer Rotweinsauce. "Alle waren so begeistert, dass der Wirt die Sauce auf seine Karte einfließen lassen wollte." Die Krux an der Sache: Der Minister konnte dem Wirt die Rezeptur nicht verraten. "Also verbrachten wir den ganzen Sonntagnachmittag damit, so lange Saucen anzusetzen, bis wir alle der Meinung waren: Das ist es."

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