Häupl will noch einmal auf Zeit spielen

An Michael Ludwig wird in der Wiener SPÖ wohl kein Weg mehr vorbeiführen
Die Findungskommission soll den Frieden am Parteitag retten. Ludwig-Fans drängen auf eine frühere Entscheidung.

Leute begrüßen, Hände schütteln und launige Sprüche klopfen. Ungerührt von den parteiinternen Querelen spult Bürgermeister Michael Häupl dieser Tage sein Programm ab. Am Dienstag eröffnete er mit dem Wiener Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck die Schanigartensaison: "Draußen sitzen, einen Kaffee genießen und die Leute ausrichten – das gehört alles dazu und ist typisch für unsere Stadt. Das erspart vielen den Psychiater", philosophierte Häupl. Die Nachfolgedebatte in der Wiener SPÖ lässt ihn nach außen hin kalt. Wenn es so weit sei, werde er dem Parteivorstand seine Pläne darlegen. "Momentan habe ich aber den Eindruck, dass wir schon größere innerparteiliche Probleme als jetzt gehabt haben", sagt Häupl.

Häupl tritt noch einmal an

Während das Stadtoberhaupt also mit sich im Reinen zu sein scheint, ist es seine Partei ganz und gar nicht. Am Montagabend bekräftigte Häupl auf einer Veranstaltung, dass er auf dem Parteitag am 29. April wieder als SPÖ-Wien-Chef kandidiert. Kein namhafter SPÖ-Wien-Funktionär begrüßte diese Ankündigung tags darauf mit öffentlich bekundeter Zustimmung. Im Gegenteil. Aus dem Ministerbüro von Hans Peter Doskozil kam ein "sachdienlicher" Hinweis. "Ich gehe davon aus, dass ein Jahrgang 1949 bei der Landtagswahl 2020 nicht mehr als Spitzenkandidat antritt. Der Gedanke ist ja nicht unkeusch", twitterte Raphael Sternfeld aus der SPÖ-Josefstadt.

Viele in der Partei favorisieren längst Wohnbaustadtrat Michael Ludwig als neuen Parteichef und Bürgermeister. Sie wollen schon auf dem Parteitag die Weichen für die nächste Gemeinderatswahl 2020 stellen, und nicht erst "wenn Häupl soweit ist". Daher wird der Bürgermeister vor die Wahl gestellt: Er tritt gleich ab oder er liefert als Gegenleistung für seine Wiederwahl zumindest ein verbindliches Abgangs-Prozedere (der KURIER berichtete am Sonntag).

Häupl hat sich für die dritte Variante entschieden: Als sein Abgangs-Prozedere will er vorschlagen, dass er nach seiner Wiederwahl auf dem Parteitag eine "Nachfolge-Findungskommission" einsetzt. Das wird dem KURIER im Rathaus bestätigt. Auf ein Datum oder einen Zeitplan für seinen Abgang als Bürgermeister will sich Häupl aber nicht festlegen.

Gruppe ohne Perspektiven

Ob eine erneute "Kommission" den Parteitagsdelegierten genügt, ist mehr als fraglich. Denn auch die siebenköpfige Perspektivengruppe, die seit einigen Wochen unter Häupls Vorsitz tagt, um die Wogen zu glätten, hat in den Augen der Parteirebellen bis dato keine nennenswerten Ergebnisse geliefert. In seiner typischen Art, heißt es, würde Häupl alle Vorschläge blockieren.

Für kommende Woche ist nun ein Treffen Häupls mit Vertretern der Flächenbezirke geplant, aus denen zuletzt die lauteste Kritik am Kurs der Stadtregierung kam. Dabei wollen sie Klartext mit dem Bürgermeister reden und ihn davon überzeugen, seine Nachfolge noch vor dem Parteitag zu regeln.

Gelingt auch dabei kein Kompromiss, droht Häupl beim Parteitag Ungemach. Denn mittlerweile verliert er auch in einer gewichtigen Teilorganisation zunehmend den Rückhalt: Die Gewerkschaft, die einen großen Teil der Delegierten stellt. "Der Frustpegel innerhalb der FSG-Funktionäre ist mittlerweile so hoch, dass viele Häupl streichen werden, wenn er alleine antritt", ist aus Gewerkschaftskreisen zu hören.

Gewerkschaft schwenkt um

Vor allem bei den jüngsten Entscheidungen in den Stadtwerken und den Spitälern fühlten sich Personalvertreter übergangen. Zunehmend schwenkt die Gewerkschaft in das Lager von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig um, der auch von den Flächenbezirken als Häupl-Nachfolger favorisiert wird. "Ein hoher Prozentsatz der Gewerkschafter würde Ludwig voll und ganz unterstützen", heißt es. Und: "Er ist einer der wenigen innerhalb der Wiener SPÖ, der Brücken bauen kann, auf die Menschen zugeht und die Partei in ihrer ganzen Breite sieht. "

Das Dilemma von Häupl: Egal wen er in den Gremien als Nachfolger anbietet – er/sie könnte es schwer haben, in einer Kampfabstimmung gegen Michael Ludwig zu bestehen.

Die offene Konfrontation mit Häupl wagt der Wohnbaustadtrat noch nicht. Er hat bereits angekündigt, beim Parteitag nicht gegen den Bürgermeister zu kandidieren.

Bis zum Palmwochenende (da muss aus statutarischen Gründen der Wahlvorschlag für den Parteitag feststehen), wird aber weiter auf Häupl Druck ausgeübt.

Promi-Gruppe

Dem Vernehmen nach braut sich auch außerhalb der Partei etwas zusammen. Eine Gruppe von Prominenten formiert sich angeblich, um öffentlich für ein "Ende des Stillstands" in Wien einzutreten und klare Verhältnisse an der Stadtspitze einzufordern. Als Mitglieder dieser Gruppe werden Wirtschaftscapos und Medienleute kolportiert.

Kern hält sich zurück

Die Bundes-SPÖ hält sich noch zurück. Kanzler Christian Kern mischt sich dem Vernehmen nach in Wien nicht ein, er könnte aber mit einem Bürgermeister Michael Ludwig gut leben. Für eine Nachwuchshoffnung hält die Bundes-SPÖ Jürgen Czernohorszky, den neuen Bildungsstadtrat.

Und Häupl selbst? Auf die Frage, ob er seinen Nachfolger schon kenne, antwortete er am Dienstag: "Ja, eher schon."

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