Häupl schwört Wiener SPÖ auf Wahlkämpfe ein

Häupl mit seiner Stadtregierung bei der Klubtagung
Häupl sprach bei der Klubtagung der SPÖ die schwelende Personaldebatte nur am Rande an. Mit Spannung wird erwartet, ob die internen Diskussionen auch auf das zweitägige Treffen durchschlagen.

[Update - 15:25 Uhr: Frauenberger über Zeitplan für KAV-Umbau - Czernohorszky präsentiert "Bildungsgrätzel" ]

Der erste Tag der Wiener SPÖ-Klubtagung ist ohne interne Querelen ausgekommen. Parteichef und Bürgermeister Michael Häupl selbst verweigerte Äußerungen zur schwelenden Nachfolge-Debatte. Schließlich sollten inhaltliche Projekte im Fokus stehen - nicht zuletzt die "Bildungsgrätzl", die am Donnerstag von Neo-Stadtrat Jürgen Czernohorszky vorgestellt wurden. Zwei Tage lang sollen die roten Stadträte im Floridsdorfer Veranstaltungszentrum "Colosseum XXI" ihre Projekte für die Stadt präsentieren. Mit Spannung war erwartet worden, ob angesichts der internen Diskussionen auch Kampfarena-Stimmung aufkommt.

Parteichef und Bürgermeister Michael Häupl hat bei seiner Rede die Debatte um seine Person großteils ausgeklammert. Das Motto der Tagung laute schließlich Wien.Besser.Machen. "Ich bitte daher die Damen und Herren der Presse um Nachsicht. Wir haben uns vorgenommen zu arbeiten, Sie werden daher von mir heute kein Wort zur Personaldebatte hören", kündigte er zu Beginn an.

"Strache vom Bundeskanzleramt fernhalten"

Eine leise Mahnung an die Genossen formulierte der Parteichef dann dennoch am Schluss seiner rund einstündigen Rede, die mit lang anhaltendem Applaus quittiert wurde: Es gelte, "einen ordentlichen Beitrag zum Ergebnis bei der Nationalratswahl" zu leisten. Dies sein eine der drei Hauptaufgaben für die nächsten Wochen und Monate: Dann konkretisierte er: "Wir haben Strache vom Bürgermeistersessel ferngehalten. Schauen wir, dass wir Strache auch vom Bundeskanzleramt fernhalten. Das ist eine Zielsetzung, der andere Dinge unterzuordnen sind", betonte er. Denn wenn die SPÖ nicht Erster werde, werde es "massive personelle Veränderungen geben"- etwa in der Regierungsspitze: "Das wollen wir nicht."

Häupl bekundet damit offenbar seine Bereitschaft, zumindest bis zur Nationalratswahl als Bürgermeister im Amt zu bleiben und Schützenhilfe für Kern zu liefern.

Häupl schwört Wiener SPÖ auf Wahlkämpfe ein
Bürgermeister Michael Häupl: Wer folgt ihn nach?
Als zweites Ziel nannte er die Unterstützung der FSG bei der nächsten Arbeiterkammerwahl. Und schließlich als drittes Ziel, die "politischen, finanziellen und organisatorischen Vorbereitungen" für die nächste Wiener Gemeinderatswahl 2020 zu treffen.

"Ich stehe zur Verfügung"

"Alles andere" - also u.a. wohl die Personal- bzw. Nachfolgedebatte - "werden wir entweder in den nächsten Tagen oder in zwei Wochen diskutieren oder in einem längeren Diskussionsprozess", der aber auch vor dem Sommer - wenn auch nicht in der Umsetzung - abgeschlossen werden müsse.

"Wir sollten uns auf diese Hauptaufgaben fokussieren, Ich stehe dafür zur Verfügung", sagte Häupl. Er werde keine Anmerkungen und Fußnoten zur Personaldiskussion liefern, "das ist nicht unsere Aufgabe, das ist auch nicht meine Aufgabe".

Bürgermeister Michael Häupl bei der Klubtagung 2017

Bürgermeister Michael Häupl bei der Klubtagung der SPÖ Wien in Floridsdorf. #wien17 #wienbessermachen

Posted by SPÖ Wien on Thursday, 23 March 2017

"Werde fix erneut antreten"

Folglich gab es auch auf Journalistenfragen bei einer Pressekonferenz keinen Kommentar auf die Frage, was er von der - angeblich von einigen Genossen geforderten - Ämtertrennung von Bürgermeister und SPÖ-Wien-Vorsitzendem halte: "Ich sehe keinen politischen Mehrwert, wenn ich Ihnen diese Frage jetzt beantworte." Nur soviel: Er werde am Parteitag am 29. April fix erneut zur Wahl als Parteichef antreten, bekräftigte er einmal mehr.

Abgesehen davon werde er sicher heute keine Personaldebatte befeuern. Denn die Klubtagung sei dazu da, wesentliche kommunalpolitische Fragen in den Mittelpunkt zu stellen.

Die Debatte nach der Häupl-Rede dauerte zwar sehr lange, konkrete Spitzen gegen den Bürgermeister wurden aber nicht laut - und das, obwohl sich auch etwa Ex-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid, der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy oder die Favoritner SPÖ-Bezirksparteichefin Kathrin Gaal zu Wort meldeten. Sie haben in der Vergangenheit immer wieder Kritik am Parteichef bzw. am Kurs der Wiener SPÖ geäußert.

Ludwig-Gruppe schlägt Übergabe in zwei Schritten vor

Lob für Ludwig und Czernohorszky

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, der immer wieder als Gegenkandidat für den Bürgermeisterposten ins Spiel gebracht wird, wurde von Häupl neben dem neuen Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky in der Rede lobend hervorgehoben: Das Vorhaben, das Bauvolumen von derzeit 10.000 Wohnungen auf 13.000 Wohnungen pro Jahr anzuheben, sei "durchaus ambitioniert, aber gut und richtig". Im Bereich Wohnen sprach sich Häupl außerdem für ein neues Bundesmietrecht aus, das vor allem auch jene schützen müsse, die im privaten Sektor leistbar wohnen wollen.

Häupl schwört Wiener SPÖ auf Wahlkämpfe ein
ABD0022_20170323 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky, Bürgermeister Michael Häupl und Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger am Donnerstag, 23. März 2017, anlässlich der Klubtagung der Wiener SPÖ in Wien. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT

Auch die politischen Mitbewerber sprach Häupl an und kritisierte etwa die ÖVP dafür, dass diese sich den Zukunftsthemen nicht stelle. So brauche es in Zusammenhang mit der Digitalisierung der Arbeitswelt eine Arbeitszeitverkürzung sowie eine Wertschöpfungsabgabe. "Liebe ÖVP, wacht auf", appellierte Häupl. Auch beim Thema Mindestsicherung übte der Parteichef scharfe Kritik an der ÖVP: "Ich halte es für einen Rückschritt und zutiefst bedauerlich, dass die bedarfsorientierte Mindestsicherung als bundeseinheitliche Regelung von den Schwarzen umgebracht worden ist." Sie sei "mit kalter Härte abgedreht worden". Da die bundeseinheitliche Regelung gescheitert sei, werde man nun versuchen, in den Verhandlungen mit den Grünen "eine bestmögliche Reglung" auf Wiener Ebene zu finden.

Amelie

Den Großteil seiner Rede widmete Häupl einem Querschnitt durch verschiedene Themen - vom Kindergarten bis zum Wohnbau. Anhand des heurigen Wiener Neujahrsbabys Amelie zeichnete er den Bildungs- und Ausbildungsweg von jungen Menschen in Wien nach. In der Bundeshauptstadt habe es 2016 mit über 5.000 Geburten mehr als Sterbefällen den höchsten Geburtenüberschuss seit der Nachkriegszeit gegeben. "Das ist ein Symbol dafür, dass man sich gut fühlt in einer Stadt", meinte Häupl. Er hob den hohen Versorgungsgrad bei Kindergrippen und Kindergärten hervor: "Ja, es ist gewünscht, dass Frauen selbstständig erwerbstätig sein können und selbstbestimmt auch leben können", sagte er.

Auch die verstärkte Kontrolle in den Kindergärten versprach er einmal mehr: Besonders genau müsse man sich die privaten Betreiber abseits der großen privaten Trägerorganisationen ansehen. "Ich sehe das nicht einseitig: Man wird den Kindergarten von Opus Dei genauso anschauen, wie wir uns die muslimischen Kindergärten ansehen", so Häupl. "Gegen religiöse Kindergärten habe ich a priori mal nichts, aber wenn dort keine Elementarpädagogik, sondern ausschließlich radikalisierte Religionsvermittlung geschieht, dann habe ich eine Menge dagegen." Häupl sprach sich außerdem für die Gesamtschule in ganztägiger Schulform mit verschränktem Unterricht und Leistungsgruppen aus.

Konzept für KAV: Zeitplan steht

In Bezug auf den Krankenanstaltenverbund (KAV) stellte Häupl klar, dass es ein Konzept für die Neustrukturierung gebe, dieses aber nicht im Rahmen der Klubtagung präsentiert werde. "Das muss jetzt politisch bewertet werden", sagte Häupl. Bevor das Konzept der Öffentlichkeit vorgestellt werden könne, werde es in der Ausschussfraktion, in der Partei, mit dem Koalitionspartner und mit Personalvertretern diskutiert werden. Eine Ausgliederung sei jedenfalls vom Tisch, ein "möglichst hohes Ausmaß an Selbstständigkeit" müsse jedoch gegeben sein.

Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger skizzierte in ihrer Präsentation den Zeitplan. Bis Ende Mai soll feststehen, wie es mit dem KAV weiter geht. "Bis dahin sollten wir uns auf die neue Organisationsform geeinigt haben", sagte Frauenberger. Das Konzept klopfe alle möglichen Varianten auf Machbarkeit ab und beinhaltet die jeweiligen rechtlichen Auswirkungen auf das Personal.

Frauenberger betonte einmal mehr, dass der städtische Spitalsbetreiber keinesfalls aus dem Eigentum der Stadt Wien herausgelöst - also privatisiert - werde. Es gehe vielmehr darum, eine rechtliche Form zu finden, die dem KAV Eigenverantwortung in personeller und finanzieller Hinsicht ermöglicht.

Die Ressortchefin bekräftigte außerdem, dass man wieder Vertrauen zu den Mitarbeitern aufbauen müsse. Dieses hatte die Stadt zuletzt nicht mehr zum KAV-Generaldirektor Udo Janßen. Am Montag trennte sich das Rathaus mit sofortiger Wirkung von ihm.

Czernohorszky will Bildungsgrätzel schaffen

Bildungsstadtrat Czernohorszky will Kindergärten, Schulen und andere Einrichtungen wie Jugendtreffs und Büchereien stärker vernetzen. Ergänzend zu den Bildungscampussen sollen dadurch "Bildungsgrätzel" entstehen, sagte Czernohorszky, der das Projekt am Donnerstag gemeinsam mit Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer vorstellte.

"In der österreichischen Bildungspolitik ist meiner Ansicht nach über Jahrzehnte oft mit einem falschen Fokus gearbeitet worden", sagte Czernohorszky in einer Pressekonferenz am Rande der Klubtagung der Wiener SPÖ. Statt von der Struktur und den Lehrenden auszugehen, wolle er "um den einzelnen lernenden Menschen die Bildungseinrichtungen verstärkt vernetzen".

90 mögliche Standorte

Bisher gibt es fünf Bildungscampus-Standorte, die Kindergarten und Schule an einem Standort vereinen, in Wien. Vier weitere Standorte sind derzeit im Bau, weitere vier in Planung. Zusätzlich zu diesen Neubauten soll die bereits bestehende Bildungsinfrastruktur stärker vernetzt werden. In Wien gebe es 90 Schulstandorte, an denen Volksschulen und Neue Mittelschule in unmittelbarer Nähe liegen, die sich also für ein sogenanntes Bildungsgrätzel eigneten. Einbezogen werden können nach den Vorstellungen des Bildungsstadtrats neben Kindergärten und Schulen Freizeiteinrichtungen, Jugendzentren, Volkshochschulen und Büchereien.

Ein Beispiel dafür, das bereits im nächsten Schuljahr starten soll, sei das Gebiet rund um die Spielmanngasse im 20. Bezirk. Dort gibt es derzeit zwei Volksschulen, eine Singschule und einen städtischen Kindergarten. Bis zum Schuljahr 2018/19 werden die beiden Volksschulen um 16 NMS-Klassen für Zehn- bis 14-Jährige erweitert, die von der Volksschuldirektion geleitet werden.

Auch auf die Burschenarbeit will der Stadtschulrat einen stärkeren Fokus legen. "Spätestens seit der Studie, die Sandra Frauenberger zur Radikalisierung unter Jugendlichen präsentiert hat, ist klar, wir haben da ein Thema", sagte er. "Wir müssen an einem starken, selbstbewussten Männerbild arbeiten, aber an einem, das ohne Abwertung von anderen auskommt ", betonte er. Im Sportbereich soll das zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Kampfsportvereinen geschehen, in denen Trainer als positive männliche Vorbilder auftreten.

Ein weiteres Projekt, das der Bildungsstadtrat vorstellte, sind die "Summer Schools": An Wiener Schulen sollen in den Sommerferien vor allem Kindern mit Sprachdefiziten Förderangebote und Freizeitbetreuung zur Verfügung gestellt werden.

Am Nachmittag wird noch Wohnbaustadtrat Ludwig seine Präsentation halten.

Kern kommt am Freitag

Am morgigen Freitag wird u.a. Öffi-Stadträtin Ulli Sima Neuigkeiten präsentieren. Gleich zu Beginn wird auch Kanzler Christian Kern kurz vorbeischauen. Nach der Stippvisite geht es für ihn weiter nach Rom zum dortigen Gipfel der europäischen Sozialdemokraten. Der öffentliche Teil des Treffens endet zu Mittag, am Nachmittag wird dann hinter verschlossenen Türen weiter diskutiert.

Kerns Vorgänger Werner Faymann war bei der roten Wiener Klubtagung im Vorjahr von einigen Genossen ausgepfiffen worden. Was damals noch keiner wusste: Damit wurde gewissermaßen das Ende der Ära Faymann eingeläutet. Er trat einige Wochen später - nach einer desaströsen 1. Mai-Kundgebung - zurück.

Opposition kommentiert

Was den Auftakttag betrifft, hat sich die Rathausopposition freilich wenig begeistert vom roten Meeting bzw. an Häupls Statements gezeigt. Häupl habe "wieder einmal deutlich gezeigt, wie fernab von der Realität die Stadtroten mittlerweile sind", meinte FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus in einer Aussendung. Auch der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel zeigte sich unbeeindruckt: "Anstatt endlich die notwendigen Maßnahmen für die enormen Herausforderungen in unserer Stadt anzugehen, wurden von Bürgermeister Häupl wieder einmal alte linke Rezepte aus der Schublade hervorgekramt." Beide monierten außerdem, dass das Konzept zur Neuaufstellung des KAV noch nicht vorgelegt wurde.

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