Glawischnig-Rücktritt: Kritik an "ORF"-Analyse

Warnung vor Chaos: Bürger plädiert für Regeln für soziale Medien
Der Innenpolitik-Chef des ORF, Hans Bürger, analysierte den Rücktritt von Grünen-Sprecherin Eva Glawischnig und erntete Kritik. Der Journalist verteidigt sich im KURIER-Gespräch.

*** Update 15:10 - Statement von Hans Bürger ***

Es ist Eva Glawischnig zu viel geworden. Die Bundessprecherin der Grünen ist am Donnerstagvormittag zurückgetreten. "Ich habe eine zutiefst persönliche Entscheidung getroffen. Es gibt keinen bestimmten Anlass", sagte sie in ihrer Rücktrittsrede. "Ich habe eine Familie. Es hat körperliche Warnsignale gegeben, die ich ernst nehmen muss. Ich habe gegenüber meiner Familie eine Verantwortung."

Nur wenige Minuten nach der Pressekonferenz versuchte man im ORF den Rücktritt ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen und das ging gründlich schief. Denn Innenpolitik-Chef Hans Bürger - derzeit in vielen Live-Schaltungen zu sehen - kam auch auf den Wahlkampf zu sprechen und scheute nicht vor einer gewagten These (fett hervorgehoben):

Bürger (ORF) analysiert Glawischnig-Rücktritt

"Man muss als Journalist immer aufpassen, dass man objektiv bleibt", fing Bürger seine Analyse an. Als langjähriger Innenpolitik-Redakteur würde der ORF-Mann wissen, wie der Mensch hinter den Politikern tickt. "Die Angriffe gegen Eva Glawischnig waren - gerade seit der Flüchtlingskrise 2015 - in einem Ausmaß schlimm. Es war schon damals zu merken, dass sie es eine Zeit lang wegstecken, aber nicht auf Dauer aushalten kann. Und: "Sie weiß es ganz genau: Das wird der brutalste und härteste Wahlkampf. Da gilt es auch gegen Männer zu bestehen", sagte Bürger und führte weiter aus, dass man als Journalist ohnehin eine Vorahnung hätte, ob sich jemand – in diesem Fall die Politikerin Eva Glawischnig – so etwas nochmals antun will.

Glawischnig-Rücktritt: Kritik an "ORF"-Analyse
The leader of the Austrian Green Party, Eva Glawischnig arrives for a news conference in Vienna, Austria, May 18, 2017. REUTERS/Leonhard Foeger

In den Sozialen Medien wird Hans Bürger für seine Analyse kritisiert. So heißt es zum Beispiel: "Glawischnig kritisiert 'sexistische Machos' in den Medien. Hans Bürger erklärt ihren Rücktritt mit weiblicher Schwäche. 100 Punkte!" oder "Geht's dem noch gut?" (damit ist freilich Bürger gemeint). Manche rieten dem ORF-Redakteur, für das Frauenvolksbegehren zu spenden. "Das wär' mal eine angebrachte Einsichts- und Entschuldigungsgeste."

Übrigens war Glawischnig seit 2008 Bundessprecherin der Grünen und in allen Wahlkonfrontationen für die Nationalratswahl 2013 saßen ihr Männer gegenüber. Sie ist eine von insgesamt 56 Frauen im Nationalrat (Männer: 127).

Bürger: Habe Glawischnig zugestimmt

Hans Bürger stellte sich schon gegen die verbale Phalanx und fragt auf Twitter rhetorisch, wie man die "Aussagen nur so falsch interpretieren kann". Implizit schwingt hier mit, dass die Empfänger einen Fehler gemacht haben. Der Sender der Botschaft nicht.

Der ORF-Mann fühlt sich nämlich missverstanden. Er habe der scheidenden Grünen-Chefin in ihren Äußerungen sogar zugestimmt. "Sie hat sich zu Recht über die Medienszene und die politische Debattenkultur beklagt - sowohl in den Sozialen als auch in klassischen Medien. Und in dem Zusammenhang habe ich gemeint, dass es im Wahlkampf schwieriger wird, gegen fünf Männer anzutreten, wo der eine oder andere untergriffig werden könnte."

Der Redakteur zeigt sich von den Kommentaren zu seiner Analyse irritiert. "In meinen 32 Jahren als Journalist hat mir noch niemand unterstellt, dass ich Frauen herabwürdige. Aber hier in der Twitter-Welt reißt man jede Aussage aus dem Zusammenhang", sagt Bürger dem KURIER.


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