Griss bleibt Richterin am Höchstgericht und in Singapur

Irmgard Griss will Richterin bleiben - auch wenn sie Präsidentin werden sollte.
Ex-OGH-Präsidentin sieht "keinerlei Unvereinbarkeit" und will ihre Funktionen behalten.

Im Wahlkampf für die Hofburg präsentiert sich Irmgard Griss gern in ihrer Rolle als Richterin. Tatsächlich hat sie ihre Richter-Robe noch nicht abgelegt: Die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes ist nach wie vor Richterin am Verfassungsgerichtshof – als Ersatzmitglied. In Justizkreisen sorgt das für Unmut: Es mache kein gutes Bild, dass Griss diese Funktion nicht abgelegt hat, als sie ihre Kandidatur für die Hofburg bekannt gab.

"Meine Tätigkeit ist ruhend gestellt"

Griss selbst mag keine schiefe Optik erkennen: "Meine Tätigkeit am Verfassungsgerichtshof ist praktisch ruhend gestellt", sagt sie zum KURIER. Fakt ist: Griss ist nach wie vor vollwertiges Ersatzmitglied – sie wird allerdings derzeit nicht eingesetzt. Wird – wegen Krankheit oder Befangenheit – ein Ersatzmitglied benötigt, obliegt die Nominierung VfGH-Präsident Gerhart Holzinger. Er will zumindest während des Wahlkampfes auf Griss verzichten. Sie sei "in der Vergangenheit kaum zum Einsatz gekommen und wird während ihrer Bewerbung für das Amt der Bundespräsidentin nicht zum Einsatz kommen", sagt VfGH-Sprecher Christian Neuwirth.

Spätestens mit Jahresende muss Griss die Funktion aufgeben – aus Altersgründen, weil sie heuer 70 wird. Theoretisch könnte sie also – wenn sie nicht in die Hofburg einzieht – ohnehin nur mehr in den VfGH-Sessionen im Juni, Oktober und Dezember zum Einsatz kommen. Wieso sie ihre Ersatzmitgliedschaft dann nicht schon jetzt zurücklegt? Es gebe "keinerlei Unvereinbarkeit", heißt es aus ihrem Büro. "Deshalb gibt es auch keinen Grund, diese Funktion frühzeitig aufzulösen."

Noch kein einziger Fall

Auch eine zweite Tätigkeit will Griss behalten: Seit 2015 ist sie Richterin am Internationalen Handelsgericht in Singapur. Gegenüber ATV räumte sie zwar ein, dass Singapur "eine Mischform" zwischen Demokratie und Diktatur sei. Die Justiz sei aber "völlig unabhängig"; und "nur wenn man sich engagiert, kann man dazu beitragen, dass sich die Verhältnisse zum Besseren verändern". Besonders stark hat sich Griss in Singapur bislang allerdings nicht engagiert: Auf KURIER-Anfrage heißt es, sie habe zwar 2015 und 2016 jeweils an einer Konferenz der Richter teilgenommen – aber bisher noch keinen einzigen Fall verhandelt.

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