Graz-Wahl: FPÖ-Spitze legt sich ins Zeug

FPÖ-Stadtrat Eustacchio mit Hofer und Strache in Graz (v.l.n.r.)
Graz-Wahl: Der rote Stadtrat muss auf Schützenhilfe durch den Kanzler verzichten. FPÖ-Abschlusskundgebung hingegen mit Strache und Hofer.

Michael Ehmann hat Pech. "Kommt der Kanzler auch?", fragt ein Passant, dem die Wahlkampfhelfer des roten Stadtrates gerade schwarzen Kaffee aus dem mobilen "Café Ehmann" in die Hand drücken wollen. Die bedauern jedoch: SPÖ-Chef Christian Kern sei krank. Schon Minister Jörg Leichtfried, der Montag in Graz auftreten hätte sollen, blieb in Wien, der Koalitionsgespräche wegen.

Ein schlechtes Omen? Immerhin liegt die Grazer SPÖ in Wählergunst und Umfragen darnieder. Doch Ehmann, erst seit acht Monaten Parteiobmann, versucht sich in Optimismus. "Ich bin nicht gekommen, um gleich wieder zu gehen. Jetzt geht’s an die Aufbauarbeit."

Schon seit Juni tritt er mit dem "Café Ehmann" auf, um potenzielle Wähler leichter anzusprechen. "Bei klassischen Ständen wechseln die Leute die Straßenseite. Aber bei einem Kaffee kommst gemütlich ins Gespräch."

FPÖ-Doppelspitze

Fehlende Bundeshilfe hatte FPÖ-Stadtrat Mario Eustacchio nicht: Obmann Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer waren in Graz. Hofer versprach den Anhängern seine Wiederkandidatur bei den nächsten Bundespräsidentenwahlen. Strache wetterte über die Bundesregierung und stichelte: VP-Graz-Chef Nagl sei ein "Schuldenkaiser", ihm "gehören die Wadln viere g’richtet".

Der obligate Auftritt auf dem Hauptplatz also, Polizei und Demonstranten inklusive. Und der obligate Ausländer-Wahlkampf: Eustacchio schimpfte über "Moslems, die beim Weihnachtsgeld die Hand aufhalten" und dass die Hälfte der Grazer Volksschüler nicht Deutsch als Muttersprache habe. "Da wird die Bevölkerung ausgetauscht."

Rund 600 Unterstützer waren laut Polizei zur Bühne am Hauptplatz direkt vorm Grazer Rathaus gekommen, die sich von der Mühlviertler Band "Rauleder" in altbewährter blauer Manier mit Schlagern auf die Reden der Politiker einstimmen ließen.

"Wir wollen unser Graz zurück", startete Eustacchio gleich mit seinem Wahlkampf-Motto seine Rede. Immer wieder habe man von Bürgern gehört, sie fühlten nicht mehr sicher, ja fremd in der steirischen Landeshauptstadt. Der Spitzenkandidat schimpfte über "Drogenkämpfe" von Afghanen und Tschetschenen in Grazer Parks oder den hohen Anteil von Kindern nicht-deutscher Muttersprache in den Volksschulen. Das Ziel müsse sein: "Unsere Kinder kommen zuerst." Eustacchio bat seine Fans, zu kämpfen und zu laufen, damit möglichst viele zur Wahl gehen, "dass nicht mehr naive Träumer das Heft in der Hand haben", sondern die FPÖ. "Holen wir unser Graz zurück! Glück Auf!"

Hofer kritisierte "Establishment"

Prominente Unterstützung bekam der Gemeinde-Politiker aus der Bundespartei: Mit viel Jubel wurde der ehemalige Hofburg-Kandidat und Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer empfangen. Er wies den Vorwurf des Angstmachens zurück, "genau das Gegenteil ist der Fall", die FPÖ gebe Hoffnung. Hofer kritisierte "das Establishment" und die Bundesregierung, besonders den "Plan A" von Kanzler Christian Kern (SPÖ): "Jetzt ist es ein Plan B - wie bescheiden." Inhaltlich deckte Hofer klassische blaue Positionen ab: Mehr Grenzsicherung, Sozialleistungen für Zuwanderer erst nach einer Wartefrist, die Beibehaltung des Kreuzes in Klassenzimmern.

Graz-Wahl: FPÖ-Spitze legt sich ins Zeug
ABD0080_20170202 - GRAZ - ÖSTERREICH: von links: Stadtrat Mario Eustacchio (FPÖ), der dritte NR-Präs. Norbert Hofer (FPÖ), FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz Christian Strache, FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek und Klubobmann Armin Sippel (FPÖ) während der Schlusskundgebung der FPÖ Graz anl. der bevorstehenden Gemeinderatswahl in Graz am Donnerstag, 2. Februar 2017, in Graz. Die Gemeinderatswahl in Graz findet am Sonntag, 05. Februar 2017, statt. - FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU
Den "Nazi"-Rufen von ein paar Dutzend Demonstranten - bis auf einen Eierwerfer blieb es laut Polizei während der gesamten Veranstaltung ruhig - entgegnete Hofer: "Ihr müsst froh sein, dass Dummheit nicht weh tut, meine Lieben." Wie für die FPÖ üblich, kritisierte Hofer auch den ORF und andere Medien. "Wenn wir zusammenhalten, kann uns niemand aufhalten", rief er seinen Anhängern entgegen. Seine Aufgabe sei es nun, gemeinsam mit Strache dafür zu sorgen, dass die Freiheitlichen bei der nächsten Nationalratswahl stärkste Kraft würden. Die Nationalratswahl sei aber nur ein "Zwischenschritt", danach wolle er nämlich Bundespräsident werden, "ich trete noch einmal an", bekräftigte der Ex-Kandidat unter "Hofer, Hofer"-Rufen. "Es lebe Graz, es lebe Österreich", gab er sich staatsmännisch.

Zum Finale wurde Strache mit "HC"-Rufen von der einen Seite und "Buh"-Rufen von der anderen empfangen. "Ihr habt es in der Hand", die ÖVP "ordentlich zurückzustutzen" und "dass diese Stadt nicht linkslinks wird". Besonders verbiss sich Strache in den amtierenden Bürgermeister. Nagl sei "ein Schuldenkaiser", "politisch abgenutzt" und stehe für "Freunderlwirtschaft". Eustacchio habe mit seiner Verkehrspolitik bewiesen, dass sie den Menschen zugute komme, im Gegensatz zur "Verbotspolitik" der Linken.

Strache kritisiert Kern und Regierung

Auch Strache vergaß nicht, ausnehmend auf die Bundespolitik einzugehen. Die Regierung in Wien stehe für Streit und Stillstand, sie habe "nichts Wesentliches zustande gebracht", meinte er. "Der einzig ehrliche Neustart wären Neuwahlen gewesen." Im Speziellen schoss sich Strache auf den Kanzler selbst ein, und zwar ziemlich untergriffig: So hielt er Kern vor, wegen einer akuten Grippe - inklusive Fieber - einen Wahlkampfauftritt am Donnerstag in Graz abgesagt zu haben. "Ich hab eine Grippe und bin trotzdem gekommen, weil ihr mit wichtig seid", betonte Strache bei nasskaltem Wetter rund um den Gefrierpunkt. Die Temperaturen könnten auch ein Grund dafür gewesen sein, dass sich die Zuhörer-Reihen noch während Straches Rede ordentlich lichteten.

Inhaltlich rieb sich der FPÖ-Chef etwa an der Flüchtlings-Obergrenze - "wir brauchen eine Nullzuwanderung". Das geplante Neutralitätsgebot für Richter und Staatsanwälte sei "lieb", meinte Strache, aber "es braucht ein Kopftuchverbot an allen öffentlichen Schulen und Universitäten und generell im Öffentlichen Dienst". Nicht nur die Bundesregierung, auch die Medien bekamen wie so oft ihr Fett weg - ihnen warf Strache "Fake-News" und Zensur vor.

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