Gratis-Öffis: Lockmittel für die Jungwähler

Gratis-Öffis: Lockmittel für die Jungwähler
Die SPÖ warb mit einem Gratis-Ticket für Öffis, schaltete dann aber einen Gang zurück.

Nach dem Schlagabtausch um die Pensionisten haben SPÖ und ÖVP nun eine neue Zielgruppe im Wahlkampf entdeckt – die Jugend. Via Gratiszeitung versprach die SPÖ am Mittwoch eine Öffi-Freifahrt für alle Jugendlichen in ganz Österreich. „Das wird im SPÖ-Wahlprogramm drinnen sein“, bekräftigte Parteimanager Norbert Darabos bei der Präsentation der neuen Plakatkampagne (siehe unten). Er sei für eine Ausweitung der Schüler- und Lehrlingsfreifahrt auf die Zielgruppe der Studenten. Abends schaltete die Partei aber einen Gang zurück. Dann war nur noch von einem billigeren Ticket für alle Jugendlichen die Rede.

Die ÖVP stieg auch in die Debatte ein: „Es war die Idee von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, dass auch Studenten ein günstiges Jugendticket erhalten sollen“, hieß es aus seinem Ministerium. Das habe man bereits vor einem halben Jahr angeregt. Gleichzeitig weite man die derzeit nur in der Ostregion (Wien, NÖ, Burgenland) gültige Aktion ab September auf alle Bundesländer aus. Sobald das passiert sei, „werden wir die Ausweitung für die Studenten angehen“, sagte Mitterlehner. Schon bisher subventioniert sein Ressort die Jugendtickets mit 400 Millionen Euro pro Jahr. Zahlen alle Studenten künftig nur noch 19,60 Euro jährlich (statt wie etwa in Wien mindestens 150 €), ortet Mitterlehner Zusatzkosten von 127 Millionen.

„Das wäre ein guter erster Schritt“, hieß es im Büro Darabos auf KURIER-Anfrage zum ÖVP-Vorschlag. „Wir wollen aber die Jugendlichen noch mehr entlasten“, sagte sein Sprecher. „Unser Ziel sind Gratis-Tickets.“ Die Kosten könne man noch nicht beziffern.

Die ÖVP war beim Rechnen schneller: „Die Idee der SPÖ, dass Schüler, Lehrlinge und Studenten künftig für öffentliche Verkehrsmittel nichts mehr zahlen sollen, kostet 1,7 Milliarden Euro“, schätzt der Wirtschaftsminister. Das sei „Spendierhosenpopulismus“. Abzüglich der 400 bisher fließenden Millionen würde das Gratisticket die Steuerzahler also 1,3 Milliarden Euro kosten. Mitterlehner: „In einen Wettbewerb der Wahlzuckerln steigen wir nicht ein.“

Am Abend stellte SPÖ-Klubchef Josef Cap schließlich klar, seine Partei sei auch für eine Erweiterung des Jugendtickets, nicht für eine generelle Freifahrt. Dass Cap auf die Bremse stieg, dürfte nicht nur auf die Kritik der ÖVP zurückzuführen sein. Selbst in den eigenen Reihen wurde Zurückhaltung eingefordert. Andreas Babler, SPÖ-Vorsitzender in Traiskirchen, etwa mahnte eine „Partei-Selbstverpflichtung“ für Wahlversprechen ein – schließlich würden viele Menschen spüren, „dass einige zentrale Versprechungen spätestens bei Regierungsverhandlungen in die Schublade wandern.“

Jugendtickets

Schon bisher können Schüler und Lehrlinge (bis 24 Jahre) um 19,60 Euro ein Jahr lang vom Hauptwohnsitz öffentlich zur Ausbildungsstätte pendeln. Um 60 Euro kann man auch alle anderen Strecken befahren. Das Angebot gilt derzeit nur im Verkehrsverbund Ostregion, wird aber auf alle Länder ausgeweitet.

Studententickets

In Wien kostet ein Semesterticket mindestens 75 Euro. Die anderen Länder fördern Studententickets in unterschiedlicher Höhe. Ein 19,60-Euro-Ticket für alle Studenten würde 127 Mio. kosten.

Knapp 60 Tage sind es noch bis zur Nationalratswahl. Die SPÖ nahm das am Mittwoch zum Anlass, ihre neue Plakatkampagne zu präsentieren. „Jetzt fällt der Startschuss für die heiße Phase“, sagte Parteimanager Norbert Darabos. 4500 Plakate werden in den kommenden Wochen affichiert – mit den roten Kernthemen Arbeit, Bildung, Wohnen und Pensionen. Die Botschaften lauten etwa „Wir kämpfen für leistbares Wohnen“, „Wir kämpfen für sichere Pensionen“ usw.

Keine Sujets werden in Kärnten zu sehen sein: „Die SPÖ ist im Landtagswahlkampf mit dem Plakatverzicht gut gefahren“, sagte Darabos. Die Landtagsparteien hatten sich dort vor allem aus Kostengründen auf ein Plakatverbot geeinigt, nicht alle haben sich dann daran gehalten. Die Roten wollen dennoch im Nationalratswahlkampf ohne Plakate auskommen. Darabos stört das nicht: „Die Funktionäre haben versprochen, sich im Gegenzug bei Hausbesuchen ins Zeug zu legen.“

Bürgerideen

Die neuen Plakate sind freilich nur ein Teil des Intensiv-Wahlkampfs der Sozialdemokraten, der dieser Tage beginnt. Freitagabend findet in Wien ein „Bürgerkonvent“ statt. Es ist die finale Veranstaltung von zahlreichen Treffen, zu denen die Bevölkerung eingeladen worden war. Die SPÖ hatte die Bürger aufgefordert, Vorschläge zu machen, wofür sich die Partei einsetzen soll. Aus Tausenden Vorschlägen wurden zehn Punkte herausgefiltert, die ins rote Wahlprogramm einfließen werden. Beschlossen werden soll dies von den rund 260 Delegierten beim SPÖ-Bundesparteirat am kommenden Samstag in Wien. Auch die Bundesliste wird an diesem Tag fixiert.

Kanzlerfest

Den Höhepunkt der roten Wahlkampfwoche bildet das Kanzlerfest Samstagabend im Gartenhotel Altmannsdorf. Während Werner Faymann in den vergangenen Jahren stets im Juni zur großen Feier lud, wurde die Veranstaltung heuer in den Wahlkampf eingebettet. Geladen sind alle SPÖ-Minister, die roten Landesparteivorsitzenden und Landeshauptleute, zahlreiche Funktionäre und Sympathisanten. „Wir erwarten mehr als 2000 Besucher“, hieß es gestern in der Parteizentrale.

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