Glawischnig: "Für meine Kinder lasse ich Heinz Fischer warten"

Interview mit Eva Glawischnig und ihrem Ehemann Volker Piesczek. Wiener Urania am 09.08.2013.
Das erste Interview von Grünen-Chefin Eva Glawischnig mit ihrem Ehemann Volker Piesczek. Wie die Politikerin und der Puls-4-Anchorman ihre Karriere planen. Und warum der Wunsch nach einem dritten Kind nicht in Erfüllung ging.

Gemeinsame Auftritte von Grünen-Chefin Eva Glawischnig (44) und ihrem Ehemann Volker Piesczek (44) am Red Carpet besitzen keinen Seltenheitswert. Ein gemeinsames Interview hingegen schon. Seit acht Jahren sind sie verheiratet, haben zwei entzückende Söhne (Sebastian, 6 Jahre, und Benjamin, 3 Jahre). Für den KURIER machte das Power-Couple eine Ausnahme („Das wird es kein zweites Mal geben“, O-Ton Piesczek). Erstmals geben Sie Einblick, wie das Leben mit Kindern zwischen Politik und TV-Karriere funktioniert. Der Doppeltalk über das modernste Ehemodell in der Spitzenpolitik:

KURIER: Der Wahlkampf geht in die heiße Phase. Wie groß ist die Belastungsprobe für die Familie?

Eva Glawischnig: Was Wahlkämpfe betrifft, sind wir schon ein sehr eingespieltes Team. Da wird das gesamte Netzwerk eingespannt: die Großeltern, meine Schwester – einfach alles.

Volker Piesczek: Eigentlich ist es ein entspannter Wahlkampf, weil du dieses Mal nicht schwanger bist (lacht). Es ist ein enormer organisatorischer Aufwand – aber es geht. Jedes Wochenende werden bei uns die Terminkalender übereinandergelegt und dann wird geschaut, wann kann ich die Kinder betreuen, wann die Eva und wann brauchen wir die Eltern.

Wie war das erste Schuljahr für Ihren älteren Sohn?

Glawischnig: Es war doch eine große Herausforderung. Vor allem die zeitliche Fixierung. Allein das Pünktlichsein, immer zu funktionieren in der Früh, war eine große Umstellung für uns.

Piesczek:Ich habe mir das einmal angeschaut. Die Schulkinder haben plötzlich eine 30-Stunden-Woche. Das ist schon heftig.

Wie sehr muss man bei Ihrem Lebensmodell aufpassen, dass die Beziehung nicht zu Tode organisiert wird?

Glawischnig: "Für meine Kinder lasse ich Heinz Fischer warten"
Interview mit Eva Glawischnig und ihrem Ehemann Volker Piesczek. Wiener Urania am 09.08.2013.
Glawischnig:(lacht) Das ist ein sehr heißes Eisen zwischen uns (Piesczek lacht). Das ist auch einer der wenigen Punkte, wo wir streiten. Darf ich das sagen?

Piesczek: Ja.

Glawischnig: Wir waren noch nie alleine auf Urlaub seit die Kinder auf der Welt sind. Nicht einen Tag. Aber ich glaube, so geht es vielen Familien. Mit zwei Kindern geht einfach nicht mehr alles.

Piesczek: Wir machen ab und zu gemeinsame Abende. Vor Kurzem waren wir in St. Margarethen und haben uns „La Bohème“ angeschaut, weil ich ein großer Opernfan bin. Mittlerweile gefällt auch Eva die Oper, das freut mich sehr. Aber wir genießen unsere gemeinsame Zeit als Familie, weil ich das als Kind mit meinen Eltern kaum erlebt habe.

Im Gegensatz zu Faymann & Co. steht bei Ihnen Ihre Frau im Vordergrund? Wie funktioniert der Rollenwechsel?

Piesczek: Das sehe ich so nicht, wir begegnen uns auf Augenhöhe. Ich vergleiche uns gerne mit den Wetterpärchen. Einmal ist die Eva weiter vorne. Dann bin ich wieder weiter vorne. Und mittlerweile bin ich auch öfters im Fernsehen als du (lacht). Es gibt Momente, wo ich die Begleitung bin und dann ist es wieder umgekehrt.

Glawischnig: Bei der ROMY-Gala bin ich das Anhängsel.

Wurden Sie schon öfters als Herr Glawischnig angesprochen?

Glawischnig: "Für meine Kinder lasse ich Heinz Fischer warten"
Interview mit Grünen-Chefin Eva Glawischnig und ihrem Ehemann Volker Piesczek. Wiener Urania am 09.08.2013.
Piesczek:Ja, sicher. Aber ich glaube, das hängt auch damit zusammen, dass mein Name so kompliziert ist.

Glawischnig: Am Standesamt hatte selbst ich Schwierigkeiten bei der Unterschrift. Ich habe mir immer vorgesagt: „sczek“.

Sie sollen zwei entzückende Kinder haben, warum zeigen Sie sie nie?

Piesczek: Weil wir unsere Buben schützen wollen. Ich liebe alle Menschen, aber nicht alle Menschen sind lieb. Ich habe schon einige Anfeindungen erlebt. Und ich möchte das Risiko nicht eingehen, dass einer nicht richtig tickt. Obwohl die Kinder gerne mit uns am Foto wären. Und umgekehrt sind wir auch stolz auf unsere Burschen und würden sie gerne zeigen. Aber da müssen wir uns zurückhalten.

Glawischnig: Ich hatte im Vorjahr bei der letzten Sommerkampagne eine große Debatte mit meinem Sohn. Da gab es ein Foto, wo ich mit Kindern spiele. Das Plakat hing auf dem Weg zur Schule. Benjamin hat es sehr irritiert, dass andere Kinder mit mir abgebildet sind, aber ausgerechnet er nicht.

Ist noch ein drittes Kind in Planung? Ein Mädchen fehlt noch ...

Glawischnig: "Für meine Kinder lasse ich Heinz Fischer warten"
Interview mit Grünen-Chefin Eva Glawischnig und ihrem Ehemann Volker Piesczek. Wiener Urania am 09.08.2013.
Piesczek: Ganz ehrlich. Wir haben uns leider Gottes zu spät kennengelernt. Sonst hätten wir vielleicht fünf Kindern (lacht).

Glawischnig: Jetzt bin ich sprachlos.

Piesczek: Also drei wären schon schön gewesen. Ein Mädel hätte ich mir schon gewünscht.

Glawischnig: Hättest oder würdest du?

Piesczek: Was?

Glawischnig: Also, ist der Wunsch jetzt beendet oder nicht?

Piesczek: Wir haben immer wieder darüber gesprochen. Ein drittes Kind wäre schön. Aber dann meinte Eva: „Das geht sich nicht aus.“ Aber es gab auch bei Eva Momente, wo sie meinte: „Ein drittes Kinde wäre aber cool.“ Dann antworte ich: „Bist du wahnsinnig?“ Da haben unsere Kalender, die wir übereinander gelegt haben, einfach nie gepasst.

Also der Wunsch war da, aber die Vernunft hat gewonnen ...

Piesczek: Liebe hätte ich für sechs Kinder. Glawischnig: Es werden immer mehr.

Piesczek: Aber dann müssten wir ein anderes Leben führen und auf einem Bauernhof leben.

Wie steht es mit der Eifersucht in der Ehe?

Piesczek: Das kommt immer wieder einmal vor, aber es hält sich in Grenzen.

Glawischnig: (überlegt kurz). Ich bin da schon strikt.

Piesczek: Wir sind beide strikt, das passt so. Das ist unser geringstes Problem.

Und wer ist in der Erziehung strikter?

Glawischnig: Ich bin viel zu lieb und geduldig.

Piesczek: Ich bewundere Evas Geduld, wie sie bei ihrem Druck im Job bei den Buben ruhig und in ihrer Energie bleibt. In dem Moment, wo Eva bei den Kindern ist, widmet sie ihre ganze Aufmerksamkeit unseren Buben. Da muss dann auch der Faymann warten, wenn er anruft.

Glawischnig: Erst letztens war es Heinz Fischer, der warten musste.

Piesczek: Eva ist eine super Mutter. Was bei Eva zu kurz kommt, ist sie selber.

Und wer von Ihnen ist eitler?

Glawischnig: (schaut ihren Ehemann an). Also ...

Piesczek: Das stimmt nicht.

Glawischnig: Okay, dann einigen wir uns auf ein Unentschieden. Deine Garderobe ist aber größer als meine.

Piesczek:Weil ich Moderator bin, nicht beim ORF arbeite und meine Kleidung selbst kaufe. Das ist ein Klischee, dass Männer, die nicht hässlich wie die Nacht sind, als eitel gelten.

Stimmt es, dass Sie gemeinsam musizieren? Wer ist der Sänger?

Glawischnig: Ich habe die musikalischen Hände und spiele Klavier, Volker singt. Hauptsächlich Jazz-Standards und Swing.

Piesczek: Ich merke, dass ich in einer ganz anderen Energie bin, wenn ich singe.

Glawischnig: Es ist etwas unheimlich Schönes, wenn man mit seinem Partner musizieren kann. Ich stehe total drauf.

Piesczek: Wenn Evas Verwandte zu Weihnachten da sind, werden ab einem gewissen Punsch-Konsum Kärntner Lieder gesungen. Ich würde mir nie eine CD mit volkstümlicher Musik kaufen, aber das hat schon etwas.

Glawischnig: Das ist eine kulturelle Geschichte, die wir in uns tragen. Beim Begräbnis meines Vaters hat die gesamte Familie vier oder fünf Stunden gesungen.

Seit einer Woche sind Sie beim TV-Sender Puls4 Anchorman. Wie läuft es?

Piesczek: Es macht großen Spaß und genau so, wie ich mir eine moderne Nachrichtensendung vorstelle.

Glawischnig: Es ist auch innovatives Konzept. Die Nachrichten des Tages werden von drei Menschen präsentiert. Das gibt es im deutschsprachigen Raum nicht.

Was machen Sie, wenn Ihre Frau ins Studio eingeladen ist?

Piecszek: Dann werde ich das Studio verlassen.

Sie waren Politik-Journalist, bevor Sie Ihre Frau kennengelernt haben. Finden Sie es unfair, dass Sie Ihre Leidenschaft aufgeben mussten?

Piesczek: Wir haben uns bei einem TV-Interview kennengelernt. Ich habe im österreichischen Strafgesetzbuch nachgeschaut, das Delikt der Sippenhaftung gibt es nicht. Solange es im ORF möglich ist, dass Gabi Waldner, die Schwester eines ÖVP-Politikers ist, ein Polit-Magazin moderieren durfte – und sie hat das wirklich sehr gut und tadellos gemacht – sollte man es auch mir zugestehen, dass ich über Politik-Themen objektiv berichten kann.

Haben Sie vor der Ehe auch schon Grün gewählt?

Piesczek: Es ist zwar schon sehr lange her, aber früher habe ich Franz Vranitzky gewählt.

Es gab auch ein ORF-Angebot. Werden die Karriereschritte gegenseitig abgestimmt?

Glawischnig: Wir stimmen alles ab. Auch kurzfristig, wenn ich in das ZiB-2 eingeladen werde. Das ORF-Angebot wäre mit der Familie nicht machbar gewesen. Als Fußball-Moderator ist man fast jedes Wochenende im Einsatz. Ein Mal gab es eine Ausnahme, als ich Bundessprecherin der Grünen wurde. Das war eine ganz kurzfristige Entscheidung.

Piesczek: Damals hat mich Eva von der Damentoilette angerufen und mich gefragt, ob ich sie bei diesem Schritt unterstütze. Meine Antwort war: „Klar mache ich das.“

Und wenn Ihrer Frau nach den Nationalratswahlen vielleicht ein Ministerposten abgeboten wird. Würden Sie zustimmen?

Piesczek: Dann suche ich mir das Ministerium aus (lacht). Aber im Ernst: Eva ging es in der Politik nie um Posten, sie will etwas bewegen.

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