Glanz und Elend

Glanz und Elend
Kein Politiker polarisierte wie er. Schüssel hinterlässt eine zwiespältige Bilanz.

Wolfgang Schüssels Ausscheiden aus dem Parlament ist ein Dienst an der ÖVP, der er zu Kanzlerschaft und Platz eins verhalf. Doch zuletzt war Schüssel zur Belastung geworden. Der Ausnahmepolitiker war rhetorisch brillant, hatte Visionen, ultraschnelle Auffassungsgabe, internationales Format, und er ging nicht vor dem Boulevard in die Knie. Doch er war auch stur besserwisserisch, und sein Instinkt versagte völlig bei Karl-Heinz Grasser, dem er bedingungslos vertraute. Grassers Netzwerk aus unverschämten Emporkömmlingen riss sich Jobs und Staatsgeld unter den Nagel nach dem Vorbild der rot-schwarzen Filzokratie (die Jörg Haider eigentlich bekämpfen wollte), nur dilettantischer und frecher.

Der prinzipiell richtige Weg der Privatisierung wurde damit diskreditiert. Und niemand redet mehr über positive schwarz-blaue Projekte wie Abfertigung neu, Pensionsreform oder Kindergeld. Für die SPÖ ist die Telekom-Affäre ein Geschenk, das dabei hilft, eine Regierung ohne Rote unmöglich zu machen. Schüssels größter Fehler war es, 2003 noch einmal Schwarz-Blau zu wagen, wider besseres Wissen. Wäre er über seinen Schatten gesprungen und hätte eine schwarz-grüne Koalition gebildet, sähe seine persönliche Bilanz und die der ÖVP heute besser aus.

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