Gewerkschaft plant schon Aufmarsch der Beamten

Fritz Neugebauer
Bus-Blockade in Wiens Zentrum: Platzen die Beamten-Verhandlungen, droht eine Demo mit 30.000 und mehr Beteiligten

Spannung vor einer möglicherweise entscheidenden Runde: Kommenden Dienstag werden Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Vertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) wieder an einem Tisch sitzen, um über die Gehälter für 2014 zu verhandeln. Dem Termin war ein geharnischtes Schreiben von GÖD-Chef Fritz Neugebauer vorausgegangen. Neugebauer hatte vom Kanzler selbst einen raschen Termin verlangt und andernfalls Kampfmaßnahmen angedroht.

Und so sieht der Plan der GÖD laut Neugebauers Vize Peter Korecky aus: Stelle sich heraus, dass der Bund am Dienstag nicht seriös verhandle und die Verhandlungen sogar platzen, „dann wird es einen Wirbel geben. Dann müssen wir Flagge zeigen“. Erster Kampftag laut dem roten Gewerkschafter: Der 12. Dezember. Ort der Auseinandersetzung: Die Wiener Innenstadt.

Busse für den Transport von Kollegen aus den Bundesländern seien schon bestellt. Koreckys Schätzung, was die Beteiligung an den Protesten betrifft: „Unter 30.000 brauchen wir gar nicht anfangen zu zählen.“ Laut dem Gewerkschafter sind die Vorbereitungen für Proteste am Laufen. In einem Rundschreiben über die Gehaltsrunde sei klar festgehalten, dass die Vorbereitungen für gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen fortgesetzt werden.

Aus dem Büro der Beamtenministerin heißt es, die Ministerin wolle am Dienstag erläutern, was ein moderater Abschluss sei. Demzufolge ist nicht ausgeschlossen, dass Heinisch-Hosek einen konkreten Vorschlag zum Gehaltsplus macht. Auch die Biennien – die automatischen Gehaltsprünge, die alle zwei Jahre zwischen 3,6 und 4,4 Prozent – betragen, blieben weiter Thema. Vergangene Woche war kolportiert worden, die Biennien könnten ausgesetzt werden. Heinisch-Hosek sagte, sie wolle darauf aufmerksam machen, dass es abseits der Gehaltsrunde das Plus durch Biennien gebe. Ein Prozent Gehaltsplus kostet 120 Millionen Euro.

Eigentlich könnte Adelheid Putz die Sache egal sein. Die Lehrerin am Goethe-Gymnasium in Wien-Penzing ist zu lange im Job, als dass sie das neue Lehrer-Dienstrecht noch treffen würde.

Dennoch ist die Deutsch- und Religionsprofessorin gegen die geplante Neuerung – wie alle, die sich an diesem Donnerstag im Konferenzzimmer versammelt haben. „Das neue Dienstrecht schadet dem Bildungssystem und damit den Schülern.“ Da müsse man protestieren.

In ganz Österreich gab es am Donnerstag in den AHS und Berufsbildenden Schulen Dienststellenversammlung. Eine erste gewerkschaftliche Maßnahme gegen das von der Regierung geplante Lehrerdienstrecht.

Aber was stört die Lehrer? „Letztlich bedeutet das neue Dienstrecht, dass der Einzelne mehr unterrichten muss und man so Kollegen einspart“, sagt Nicole Altmanninger (Englisch, Geschichte). „Es würde künftig einfach weniger Lehrer für gleich viele Schüler geben.“ Das neue Dienstrecht sei keine Reform, sondern ein Sparpaket. „Und das wird die Qualität mit Sicherheit nicht heben.“

Aber macht es nicht Sinn, wenn Pädagogen mehr Zeit in den Schulen verbringen? „Wer behauptet, die Lehrer seien mittags zu Hause, hat die Entwicklung der letzten 15 Jahre verschlafen“, sagt Deutsch-Professor Gottfried Kopinits. „Ich selbst verbringe schon heute 35,5 Stunden pro Woche in der Schule. Weil ich unterrichte, weil ich Sprechstunden habe etc. Die Korrektur von Hausaufgaben oder Schularbeiten passiert aber nicht in dieser Zeit, sondern Freitagabend und am Wochenende.“

Und was ist mit einem Streik? „Wünschen tut sich den keiner“, sagt Kollegin Putz, „aber wenn’s nötig ist, wird er kommen. Denn mittlerweile verstehen auch die Eltern, dass es uns um die Qualität der Bildung geht.“

Schauplatzwechsel: Auch in der Wiener HTL Ettenreichgasse ist das Konferenzzimmer gut gefüllt. Alle 130 Lehrer beteiligen sich am gewerkschaftlichen Protest in der Mittagspause. So, erklärt Direktor Stefan Wenka, fallen für die rund 1000 Schüler maximal ein bis zwei Stunden Unterricht aus. Die Lehrer bekamen „hohen“ Besuch: Einer der Dienstrechtsverhandler, Heinrich Himmer, kam persönlich, um über die prekäre Lage zu informieren: Noch vor Weihnachten soll das Dienstrecht beschlossen werden – gegen den Willen der Gewerkschaft.

„Tod für die HTL“

Nach der „Kampf-Sitzung“, die von allen mitgetragen wird, beraten einige Lehrer, wie es weitergeht. Die Arme vor der Brust verschränkt, wechselt die Stimmung zwischen Resignation und Wut. „Wenn sie das beschließen, bedeutet das den Tod der HTL“, befürchtet Christian Walter, Lehrer für Elektrotechnik. „Für Menschen wie mich, die aus der Wirtschaft kommen, ist dieser Job dann nicht mehr interessant.“ Die Kollegen nicken: „Das Dienstrecht ist ein Sparpaket“, sekundiert Herbert Gaudriot.

Die Sorge ist ähnlich wie in den AHS: „Wenn die Lehrverpflichtung des Einzelnen um 30 Prozent steigt, werden um 30 Prozent weniger Lehrer angestellt“, sagt Lehrervertreter Ernst Wolrab.

Unverständlich ist für viele, dass Pädagogen unabhängig von ihrer Ausbildung jedes Fach unterrichten sollen. „Wie stellen sie sich das vor? Dass ein Elektrotechniker Geografie unterrichtet?“, fragt sich Lehrer Christian Pöllendorfer. In der HTL wie in der AHS bedauert man kommende Generationen: Laut neuem Dienstrecht würden künftige Lehrer nicht langsam in den Job eingeführt, sondern müssten sofort voll unterrichten – und nebenbei noch ein Master-Studium absolvieren.

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