Sicherheitspaket wird bis zu 290 Mio. Euro kosten

Die Finanzierung steht: Reinhold Mitterlehner und Werner Faymann beim Pressefoyer.
SP und VP haben sich auf Maßnahmepaket geeinigt - Hubschrauberfrage und Finanzierung noch unklar.

SPÖ und ÖVP haben sich auf die Finanzierung eines Sicherheitspakets geeinigt: Es wird 260 bis 290 Millionen Euro umfassen, sagte Bundeskanzler Werner Faymann am Montag nach dem Ministerrat. Verhandelt wurde über die Maßnahmen, die die Jahre 2015 bis 2018 gelten sollen, bis knapp vor Beginn der Sitzung.

"Das Sicherheitspaket ist eine der Konsequenzen aus Paris", sagt VP-Chef Reinhold Mitterlehner. Man sei einvernehmlich vorgegangen; die Sicherheitsvorkehrungen seien aber nur ein Teil der Maßnahmen – juristische Grundlagen wie das nach Nachschärfen des Staatsbürgerschaftsgesetzes oder die Grenzkontrollen seien weitere. Die Kooperation der Exekutive mit dem Bundesheer – die gemeinsame Nutzung von Hubschraubern und gepanzerten Fahrzeugen – werde noch verhandelt, bestätigte Mitterlehner; neue Hubschrauber sollen aber nur zugekauft werden, wenn keine Kooperation zustandekommt. Dementsprechend ergibt sich auch die Gesamtsumme - 290 Millionen werden nur schlagend, wenn auch neue Fluggeräte angeschafft werden müssen.

Unklare Finanzierung

Sicherheitspaket wird bis zu 290 Mio. Euro kosten
Kosten für Sicherheitsmaßnahmen - Balkengrafik Grafik 0094-15-Sicherheit.ai, Format 88 x 104 mm
Wie die Kooperation von Heer und Exekutive sonst aussehen wird, erklärte Faymann: Assistenzleistungen des Heeres seien jetzt ja bereits möglich und auch klar geregelt, geplant sei aber vor allem eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Ausrüstung - bei Fahrzeugen oder IT-Einrichtungen etwa. Zudem wird man Equipment anschaffen. Mitterlehner erläuterte, dass etwa im Bereich des Personalbedarfs 100 Planstellen für Spezialisten, etwa zur Bekämpfung von Cyberkriminalität, vorgesehen sind. Dieser Teilbereich umfasse 126 Mio. Euro. Weiters vorgesehen sind noch die Bereiche Schutzausrüstung sowie die technische Ausrüstung (Details dazu in der Grafik links und weiter unten).

Zur Finanzierung hielt Faymann fest, dass die Budgets gemeinsam getragen werden müssen - was umgelegt heißt, dass noch kein genauer Finanzierungsplan gefasst ist. Im Jahr 2015 könnte man Rücklagen im Ausmaß von 80 Millionen Euro auflösen, für die kommenden Jahre werde man noch Verhandlungen mit dem Finanzministerium führen.

Hubschrauberfrage

Die Gespräche zwischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) hatten sich am Montag bis in den Abend gezogen. Verhandelt wurde vor allem über die vom Innenministerium gewünscht Flugbereitschaft rund um die Uhr. Damit sollen Spezialeinsatzkräfte der heimischen Cobra innerhalb von zwei Stunden an jeden Ort des Landes verlegt werden können. Dazu soll laut Wunsch des Innenministeriums das Heer einen seiner Transporthubschrauber rund um die Uhr am Flugfeld in Wiener Neustadt in Einsatzbereitschaft halten, einen zweiten hätte das Innenressort gerne in Innsbruck stationiert, wie der KURIER berichtete (mehr dazu lesen Sie hier).

Mikl-Leitner hatte das Paket vergangene Woche in Folge der Terroranschläge von Paris angekündigt. Neben der Flugbereitschaft will die Ministerin auch den Einsatz von gepanzerten Fahrzeugen, mehr Schutzhelme und Schutzwesten für die Beamten sowie bessere Ermittlungstechnik und personelle Ressourcen.

In den 290 Millionen Euro sind zusätzliche Hubschrauber enthalten - sollte stattdessen eine Kooperation mit dem Verteidigungsministerium zustande kommen, würden sich die Kosten auf 260 Mio. Euro verringern. Es geht dabei um zwei Hubschrauber, die in der Nähe der Cobra-Standorte in Wr. Neustadt und in Innsbruck stationiert werden sollen. Voraussetzung sei, dass die Bundesheer-Hubschrauber für das Innenministerium rund um die Uhr verfügbar und innerhalb einer Stunde einsatzbereit wären.

Gepanzerte Fahrzeuge, bessere Schutzausrüstung, IT- und Observationstechnik, bessere Kommunikationsmittel sowie 100 zusätzliche Spezialisten sind im Paket vorgsehen. Die Details:

Für Einsatzmittel und Schutzausrüstung sollen 29 Mio. Euro aufgewendet werden. Angeschafft werden insgesamt fünf schwergepanzerte Fahrzeuge - zwei Mannschaftstransporter für je acht Personen und drei SUVs. Zusätzlich hat man sich mit dem Verteidigungsministerium bereits darauf verständigt, im Ernstfall auch auf Radpanzer zurückgreifen zu können. Weiters werden zusätzliche, moderne ballistische Schutzwesten und -helme sowie Langwaffen für Spezialkräfte gekauft.

Fünf Mio. Euro sind in dem Paket für Sondereinsatztechnik reserviert. Dabei geht es um Videoauswertesysteme und Observationstechnik, aber auch um Fahrzeuge für den Entschärfungsdienst mit Fernlenkmanipulator zur Entschärfung von Sprengmitteln.

Für bessere IT-Technik sind 34 Mio. Euro vorgesehen. Um die Zusammenarbeit mit der Polizei anderer Länder zu optimieren, müssen etwa die zentralen Fahndungs- und Informationssysteme den neuen Anforderungen angepasst und ausgebaut werden. Neben der Verbesserung des Schengener Informationssystems geht es dabei auch um eine bessere IT-Beweissicherung. Weitere 25 Mio. Euro sollen in die IT-Sicherheit investiert werden.

13 Mio. Euro werden für bessere Kommunikationstechnologie ausgegeben. Dafür soll der Digitalfunk flächendeckend ausgebaut werden, der eine stabile und abhörsichere Kommunikation zwischen allen Einsatzkräften garantieren soll. Darüber hinaus soll auch ein digitales Einsatzleitsystem umgesetzt werden.

Für die Infrastruktur sollen 16 Mio. Euro aufgewendet werden. Dabei geht es um den Ausbau der Einsatztrainingszentren, der Ausbildungszentren für Polizeidiensthunde (wie Sprengstoffspürhunde), die Erhöhung der Gebäudesicherheit der Sicherheitsbehörden.

In die Prävention, die Bewusstseinsbildung und Deradikalisierung, sollen 12 Mio. Euro investiert werden. Vorgesehen sind hier die Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen. Präventionsbeamte sollen für die Lehrerausbildung an den pädagogischen Hochschulen zum Einsatz kommen - unter anderem zur Unterstützung und Schulung der Lehrer im Umgang mit Jugendlichen in der Radikalisierungsspirale.

126 Mio. Euro sind für die Aufnahme von zumindest 100 weiteren Spezialisten reserviert. Dieses Personal soll aus den 1.000 Planstellen rekrutiert werden, die dem Innenministerium für diese Legislaturperiode im Personalplan bereits zugesagt wurden. Gesucht werden etwa Datenforensiker, Chemiker, Funktechniker, Waffentechniker, Experten für Entschärfungsdienst, Techniker, Mobile Forensik, EDV-Spezialisten. Mehr Personal soll auch im Bereich der Observation, des Streifendienstes, des Personenschutzes und des Objektschutzes, insbesondere auch der jüdischen Einrichtungen, eingesetzt werden.

Kritik am Sicherheitspaket der Bundesregierung kommt von der Opposition. Für die FPÖ ist der Weg der falsche, statt Hubschrauber und gepanzerte Wagen brauche es mehr Personal. Skeptisch äußerte sich auch Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig, die "sehr behutsam" vorgehen will. Auch das Team Stronach würde im Fall der aktuellen Terror-Bedrohung eher auf Prävention setzen. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sprach am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz von einer "Blendgranate der Bundesregierung, mit der sie die Bedrohung nicht annähernd in den Griff bekommt". Für einen effizienten Schutz brauche es "Mannstärke", sagte Kickl

Auch der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer sieht das Paket kritisch: Er finde es "sehr interessant", dass man zuerst Polizei-Posten zugesperrt habe und jetzt 300 Mio. Euro investieren will. "Ich bin nicht überzeugt davon, dass der Ankauf von Hubschraubern und Panzern das Wichtigste ist", sagte er. Wichtig sei vielmehr die Investition in Personal und dessen Ausrüstung. Auch die Einsparungen beim Bundesheer kritisierte Hofer: Er verwies darauf, dass in Belgien nun das Militär zum Schutz mobilisiert wurde: "Bei uns gibt es nichts mehr zum mobilisieren." Das Heeres-Budget müsse mindestens ein Prozent des BIP ausmachen, so der Präsident.

Behutsamkeit

"Mir ist es wichtig, dass man im Zuge dieser Maßnahmen sehr behutsam vorgeht", äußerte sich Glawischnig zum Sicherheitspaket. Ihr wäre es lieber gewesen, die Maßnahmen politisch sehr präzise zu diskutieren, denn: "Die Begründung dieser Ausrüstung fehlt mir nach wie vor." Zudem warnte die grüne Bundessprecherin vor einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung als Antwort auf die jüngsten Terror-Anschläge in Paris. Es wäre wohl nicht im Sinne der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo", würden jetzt die Grundrechte weiter eingeschränkt.

Team Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur betonte, sie sei selbstverständlich dafür, dass Polizei und Bundesheer gut ausgerüstet werden - allerdings ausgewogen, kritisierte sie am Rande einer Pressekonferenz das "Aushungern" des Militärs. Noch wichtiger als die Aufrüstung sei aber zu schauen, wie man Anschläge verhindern könne. Man müsse Parallelgesellschaften verhindern und das beginne "bei einer klugen Einwanderungspolitik".

Dass Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) Dschihadisten die Pässe entziehen will, würde sie aus dem Bauch heraus goutieren, sei jedoch völkerrechtlich wohl "höchst problematisch", meinte Nachbaur. Keine Lösung sieht sie auch in einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung: In Paris seien die entsprechenden Daten vorhanden gewesen, aber nicht richtig verwertet worden: "Mehr Überwachung bedeutet nicht unbedingt mehr Sicherheit."

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