"Ich bin eine Quoten-Frau": Fekter und "Im Zentrum"

"Ich bin eine Quoten-Frau": Fekter und "Im Zentrum"
Die ORF-Sendung "Im Zentrum" setzt auf Frauenpower und Ex-Finanzministerin Maria Fekter ändert ihre Meinung zur Frauenquote.
*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*

Wenn am Sonntagabend die ORF-Sendung "Im Zentrum" über den Bildschirm flackert, können sich Zuseherinnen sicher sein, dass Männer in der Überzahl und Frauen in der Unterzahl sind. Das bestätigt ein kurzer Ausschnitt aus der Diskutantenstatistik: Seit Anfang des Jahres wurden insgesamt 24 Debatten ausgestrahlt, dabei kamen 68 Männer und 36 Frauen zu Wort (Moderatorin Claudia Reiterer ausgeschlossen). Die Wahrscheinlichkeit, dass in einer Diskussionsrunde mehr männliche als weibliche Experten diskutieren liegt bei 92 Prozent. Männer, weil öfters an politischen und wirtschaftlichen Hebeln sitzend, werden also bevorzugt eingeladen.

"Ich bin eine Quoten-Frau": Fekter und "Im Zentrum"

Nur zwei Mal war das nicht der Fall. Das erste Mal am 2. April. Damals diskutierten drei Frauen und zwei Männer über das Thema "SOS im Mittelmeer – Wie voll ist das europäische Boot?". Das zweite Mal geschah am 2. Juli. Kein einziger Mann fand in der Runde von Claudia Reiterer Platz. Wer sich das Thema der Sendung ansieht, weiß auch warum: "Dreikampf um den Kanzler: Was sagen die Frauen?"

Bleiben Parteilinie treu

Die Logik sagt uns, dass heute Frauen diskutieren werden. Denn wie wäre es um die Gesellschaft bestellt, wenn die Meinung einer Frau gefragt ist, aber Männer für die Frau sprechen? Genau: Nicht gut. Aber eine vife Zuseherin könnte auch fragen: Ist es besser, wenn Frauen nur dann eingeladen werden, wenn die Meinung einer Frau gefragt ist? Auch nicht besonders fördernd, oder?

Aber was - gemäß der Sendung - sagen die Frauen dazu?

Diskutiert haben Pamela Rendi-Wagner (Frauen- und Gesundheitsministerin, SPÖ), Elisabeth Köstinger (Generalsekretärin, ÖVP), Ingrid Felipe (Bundessprecherin, Die Grünen), Marlene Svazek (Landesparteiobfrau, FPÖ Salzburg) und Beate Meinl-Reisinger (Vorsitzende, NEOS Wien). Besprochen wurde der Wahlkampf, Pflegefinanzierung, Universitätsfinanzierung und vieles mehr. Nicht ganz überraschend blieben die Politikerinnen ihren Parteilinien treu. Während SPÖ, Grüne und NEOS auf die Ehe für alle pochen, weil "es noch immer Unterschiede, Diskriminierungen gibt" (Rendi-Wagner), erteilen ÖVP und FPÖ der "Homo-Ehe" eine Abfuhr, weil "aus einer Ehe aus Mann und Frau Kinder entstehen. Das soll man fördern" (Svazek).

Warum keine Kanzlerin?

Die Abschaffung des Pflegeregresses vergangene Woche monierten die Oppositionsparteien wegen der nicht geregelten Gegenfinanzierung als "Wahlzuckerl". Die Vertreterinnen der Regierungsparteien wollen davon freilich nichts wissen. Ganz friktionslos sei die Gegenfinanzierung zwar nicht, aber man habe Pläne. Sozialdemokratin Rendi-Wagner wirbt mit der Erbschaftssteuer, VP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger mit Bürokratie-Abbau und Missbrauchsbekämpfung (Foto auf e-Card).

Die Diskussion ist lebendig, manchmal ruppig, aber zu den gewohnten Untergriffigkeiten, die der "Im Zentrum"-Seherin bekannt sind, kommt es nicht. Ein "populistischer Vollholler" ist nicht zu hören. Dafür "sprühen" die Politikerinnen vor Ideen, sagt ORF-Moderatorin Claudia Reiterer und fragt: "Woran es denn liegt, dass noch keine Frau in diesem Land um die Kanzlerschaft rittert?"

"An der Politik", antwortet Gesundheitsministerin Rendi-Wagner. "Von unten werden die Frauen nicht gefördert, um in Entscheidungspositionen zu kommen." Grünen-Chefin Felipe empfindet deshalb eine Frauen-Quote als wichtig und derzeit als einziges Instrument, um die politische bzw. wirtschaftliche Teilhabe (Frauenquote in Aufsichtsräten) von Frauen zu ermöglichen.

Anders sehen es NEOS, FPÖ und ÖVP - mit feinen Nuancen. "Bei uns gibt es keine Quote. Ich bin keine Quotenfrau. Wenn es ohne Quoten nicht gehen würde, wäre ich heute nicht hier", erklärt FPÖ-Landeschefin Svazek. NEOS-Wien-Chefin Meinl-Reisinger meint, dass eine Quotierung ein "sehr schwerer Eingriff in die Privatautonomie", weil eine Quote nicht an die Qualifikation gebunden ist. Auch Elisabeth Köstinger ist keine Freundin von Quotenregelungen. Frauen würden es auch mit Vorzugsstimmen in den Nationalrat schaffen, sagt sie.

Fekter für die Quote

Ist die Quote also überflüssig? Geht es ohne Quote auch? Nein, sagt Maria Fekter. Die ehemalige Innen- und Finanzministerin der ÖVP widerspricht ihrer eigenen Partei und sorgt mit einer sehr persönlichen Rede für Frauenquoten für Jubelstimmung im Netz.

"Ich bin vor 27 Jahren in die Politik gekommen und habe damals auch die Auffassung vertreten: A Quote brauch ma nicht", sagt sie. Fekter saß damals in der Regierung mit Johanna Dohnal, SP-Frauenministerin und Ikone der österreichischen Frauenbewegung, und war "absolut gegenteiliger Meinung." Damals. Deshalb verzeihe sie allen Jungpolitikerinnen, die glauben, Frauen würden das alles alleine schaffen und benötigen daher keine Quoten.

"Ich habe in 27 Jahren Politik einfach zu Kenntnis nehmen müssen: Es funktioniert halt nicht ohne Quote. Auch wenn die Quote mir persönlich unsympathisch ist", sagt die VP-Nationalratsabgeordnete. Zwar seien Frauen gesetzlich in fast allen Bereichen gleichgestellt, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Fekter hatte selbst das Glück, "dass Ende der 80er Jahre es populär wurde, Frauen auch in die Politik zu bringen. Und ich bin so eine Quotenfrau. Ich bin aufgrund dessen, dass man a Frau auch gebraucht hat in den Gemeinderat nach Attnang kumman. Und diese Quote hat mich nicht blöder gemacht, hat mich nicht schlechter gemacht, hat mich auch nicht weniger motiviert in der Politik engagiert zu arbeiten."

"Die sind gut!"

Die ehemalige Finanz- und Innenministerin Fekter hätte sich auch deshalb darum gekümmert, dass nach ihr immer Frauen zum Zug kommen. Direkte Nachfolgerin im Innenministerium wurde damals VP-Kollegin Johanna Mikl-Leitner. Beim Finanzminister sei ihr das nicht gelungen. "Da hat der Chef geglaubt, der kann es besser. Aber das ist eine andere Geschichte."

Der häufig verwendeten Argumentation - sowohl von Männern als auch Frauen getätigt -, dass eine Quote zu einer "Abqualifikation" führen würde, tritt sie vehement entgegen. "Die Frauen, die sich engagieren, die den Mentorinnenprozess für die Aufsichtsräte durchlaufen, die in den Aufsichtsräten tätig sind - die sind gut! Und zwar meistens besser als so manche Männer, die die Sesseln versitzen."

Die Frage ist nur, welche Männer nächste Woche "Im Zentrum" die Sesseln versitzen werden.

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