Regress: FPÖ überlegt Klage wegen Wahlpannen

FPÖ-Chef Strache: Heute beginnt die Ursachenforschung für die Niederlage
Kommt Regress? Strache- und Hofer-Auftritte befeuern Debatte über neue Nr. 1.

Zuerst kam das Verschnaufen, wie immer. Der Tag nach dem Wahlsonntag ist bei den Freiheitlichen traditionell ein "blauer Montag".

Offiziell wurde gestern in der FPÖ also nicht groß gearbeitet, man rastete, das Wahlergebnis sollte sich setzen.

Was nichts daran ändert, dass sich führende Blaue sehr wohl den Kopf darüber zerbrachen, warum es für Norbert Hofer am Ende dann doch nicht gereicht hat.

Als bemühter Funktionär kann man sich viele Fragen stellen. Fragen wie diese: Waren die sechs Millionen Euro, die man als Partei für die Wahl ausgegeben hat, wirklich gut investiert? Und kann bzw. soll sich die FPÖ an der Republik regressieren? "Darüber müssen wir jedenfalls reden – immerhin geht’s um Geld, das uns bei der nächsten Nationalratswahl fehlen wird", sagt ein FPÖ-Landesparteichef, der nicht genannt werden will.

Kann die FPÖ Klage einreichen?

„Ja“, sagt der Verfassungsjurist Heinz Mayer. "In diesem Fall könnte Amtshaftung (Anm.: Amtshaftungsgesetz, AHG) geltend gemacht werden, es handelt sich ja tatsächlich um schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten, das hier von Seiten der Republik stattgefunden hat.“ Allerdings würde der entsprechende Zivilprozesse sehr lange dauern, der Bund müsse aufgefordert werden, den Schaden anzuerkennen. Würde er diesen nicht anerkennen, müsse geklagt werden, der Instanzenzug könnte sich bis zum Obersten Gerichtshof ziehen.

Politikwissenschaftler Hubert Sickinger schätzt, dass es in so einem Fall sogar erst lange nach den Nationalratswahlen zu einer rechtskräftigen Entscheidung kommen könnte. "Es wäre aber auch denkbar, dass die Republik den Schaden anerkennt und zahlt“, sagt Mayer. Dieses Szenario scheint für den Juristen nicht unrealistisch. Die Möglichkeit der Klage bestünde im Übrigen natürlich auch für das Team Van der Bellen, welches sich auf Anfrage jedoch noch nicht dazu äußern wollte.

Zusätzliches Angebot

Für den stellvertretenden Parteiobmann Harald Stefan war schon am Montag klar, dass die FPÖ auch über Inhalte nachdenken sollte: "Ich glaube, dass wir den städtischen Wählern ein zusätzliches Angebot machen müssen. Und wir sollten unsere Wirtschaftskompetenz stärker thematisieren. Das umso mehr, als wir im Parlamentsklub ja zahlreiche Unternehmer haben", so Stefan zum KURIER.

Die Sitzung, in der Parteichef Heinz-Christian Strache erste Schlüsse aus dem Wahltag ziehen will, ist erst für heute Nachmittag geplant.

Die Abläufe am Wahlsonntag waren – rein dramaturgisch betrachtet – jedenfalls eher suboptimal.

Alles begann mit dem ersten großen Auftritt von Norbert Hofer, der ohne Not erklärte: "Ich werde bei der Nationalratswahl antreten und eventuell in sechs Jahren wieder bei der Bundespräsidentenwahl kandidieren."

Die Konsequenz: Strache sah sich genötigt, einen Pflock einzuschlagen. Noch am Wahlabend ventilierte er das eigentlich Selbstverständliche, nämlich: Er werde die FPÖ als Spitzen- und Kanzlerkandidat in die nächste Wahl führen.

Dabei blieb es aber nicht: Etwas später, quasi zum Drüberstreuen, erzählte Hofer noch, er sei ja früher nie gern im Mittelpunkt gestanden, jetzt aber sei in ihm "ein schlafender Bär geweckt".

Also macht es ihm doch Spaß, die Nummer 1 zu sein?

Nein, nein, Hofer sei die perfekte Nummer 2, kalmierten die Blauen wieder.

Und der Parteichef? Der will sich erst heute erklären und sagte vorab, was er schon bei anderen Niederlagen bemühte: "Das nächste Jahr wird das Jahr der Freiheitlichen! Unsere Zeit kommt!"

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