Gudenus: "Mit Ludwig ist es sicher angenehmer"

Geschäftsführender FPÖ-Klubobmann und geschäftsführender Wiener FPÖ-Chef Johann Gudenus.
FPÖ-Klubchef über Landbauer, Kooperation mit der SPÖ, Russland-Sanktionen und EU-Reform.

KURIER: Herr Klubobmann, die Affäre um rassistische und antisemitische Lieder der Germania belastet die FPÖ. Das Wahlziel, in Niederösterreich Zweiter zu werden, wurde verfehlt. Soll Udo Landbauer zurücktreten?

Johann Gudenus: Eine Verdoppelung der Mandate von vier auf acht ist beachtlich. Die FPÖ-NÖ wird die weiteren Personalentscheidungen treffen. Wir alle sagen, dass die Texte abscheulich und widerlich sind. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, aber nicht gegen Landbauer. Ich bin Mitglied zweier Verbindungen, mir ist so etwas noch nie untergekommen. Parteichef Strache zog immer Konsequenzen.

Die FPÖ spricht immer vom Einzelfall, aber die Einzelfälle ergeben eine Kontinuum antisemitischer, rassistischer Struktur. Was tun Sie dagegen?

Leider ist es so, dass Antisemitismus in vielen Bereichen der Gesellschaft und auch in Parteien zu finden ist. Das gehört beendet. 2017 ist bei der ÖH-Wahl eine parteinahe Gruppierung mit antisemitischen und rassistischen Äußerungen in einer WhatsApp-Gruppe aufgefallen. Das war nicht die FPÖ. Dabei wurde nicht viel nachgeforscht. Das neue Phänomen ist der importierte Antisemitismus durch radikale Muslime.

Islamistischer Antisemitismus nimmt zu, die große Mehrheit der Fälle kommt von rechts.

Ich will Antisemitismus nicht gegeneinander ausspielen. Fakt ist aber, dass der muslimische Antisemitismus in Österreich eine immer größere Gefahr darstellt.

Bundespräsident Van der Bellen sagte während der Regierungsverhandlungen, Sie und Vilimsky wegen inhaltlicher Bedenken nicht angeloben zu wollen. Wissen Sie warum? Hatten Sie schon eine Aussprache?

Es war vielleicht nicht passend, vor Diplomaten so etwas zu sagen. Ich habe mit ihm noch nicht geredet, und ein Ministeramt war innerparteilich nie ein Thema.

Wollen Sie bei der Wahl 2020 FPÖ-Spitzenkandidat werden?

Das wird man sehen, jetzt ist es noch zu früh. Ich bin geschäftsführender Wiener Parteichef. Die FPÖ ist in Wien personell sehr breit aufgestellt. Fairer wäre es, gleich den Wähler zu fragen.

Wird sich die FPÖ mit Michael Ludwig leichter tun als es mit einem möglichen Bürgermeister Schieder gewesen wäre?

Mit Michael Ludwig als neuem Bürgermeister ist es sicher angenehmer. Mit ihm gibt es eine Gesprächsbasis, mit Schieder hätte es diese weniger gegeben. Ludwig muss die SPÖ einen, in der Stadtregierung gibt es einen großen Spalt. Zwischen SPÖ und Grüne geht nichts weiter. Ich hatte auch mit Häupl immer eine gute Gesprächsbasis, auf menschlicher Ebene hat das gepasst. Geschenkt haben wir uns aber politisch nichts.

Wollen Sie mit der SPÖ koalieren?

Die Frage ist, was sinnvoll für Wien ist? Wir sind zwei fast gleich starke Parteien. Bereits 2015 gab es das Angebot von uns, Gespräche zu führen. Es besteht Hoffnung, dass sich die Gesprächsbereitschaft von Seiten der SPÖ erhöht.

Trägt die Politik von Außenministerin Kneissl eine freiheitliche Handschrift?

Sie identifiziert sich mit Rot-Weiß-Rot und mit dem Regierungsprogramm, das ein sehr guter Kompromiss ist. Unser Schwerpunkt ist, den Konflikt Ukraine-Russland zu lösen und die EU-Sanktionen gegenüber Russland schrittweise aufzuheben. Das kann man aber nur mit Partnern tun.

Parteichef Strache hat sich für die Unabhängigkeit der Republika Srpska ausgesprochen. Kürzlich waren Sie in Banja Luka. Konterkariert Ihre Außenpolitik nicht die Regierungslinie?

Strache und ich sagen, dass die territoriale Einheit Bosniens-Herzegowinas und das Selbstbestimmungsrecht der Völker innerhalb des Staatskonstruktes zu respektieren sei. Es gibt kein Reiseverbot nach Srpska. Nach meinem Besuch ist eine künstliche Hysterie ausgebrochen. Dieses zweierlei Maß seitens der Medien ist unverständlich, egal, was wir international tun. Wir sollten viel mehr dafür tun, den radikalen Islamismus in Bosnien zu stoppen, die Geldflüsse aus Qatar, Saudi Arabien und der Türkei nach Bosnien zu kappen. Sehenden Auges schaut die EU zu, wie hier der radikale Islamismus wächst. Der Großteil der Gefährder, der IS-Rückkehrer, kommt aus Tschetschenien, Bosnien und dem Kosovo.

Die FPÖ-Abgeordneten sind in einer rechtsextremen Fraktion, die die EU zerstören will. Die Regierung will proeuropäisch sein. Ein Widerspruch?

Das ist kein Widerspruch. Auch im Front National gibt es einen Umdenkprozess. Die Fraktion ist Teil des EU-Parlaments. Wir werden die Fraktion nicht wechseln. Wir wollen eine Veränderung der EU.

Welche?

Mehr Bürgernähe, mehr Subsidiarität. Bundeskanzler Kurz hat gesagt, dass sich vieles in der EU ändern muss. Wir wollen vermehrte Subsidiaritätsprüfungen. Die Außengrenzschutz-Agentur Frontex muss besser werden. Frontex ist kein Welcome-Service. Im Rahmen unserer Neutralität beteiligen wir uns an militärischen Kooperationen, wie der Terrorismusbekämpfung. Unser großes Anliegen ist die Lösung des Ukraine-Russland-Konfliktes. Gespräche dazu in Wien wären wünschenswert.

Sie sind oft in Russland. Spielen Sie Vermittler?

Ich nehme am International Economic Forum in St. Petersburg teil. Ich besuche auch den Wien-Ball im Mai in Moskau sowie die Fußball WM. Gespräche führe ich überall.

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