Fall Hofer im KURIER-Faktencheck: Warum er formal berufsunfähig ist

Kann er arbeiten? Als Politiker ja, sagt die Pensionsversicherung.
Der FPÖ-Kandidat bekommt kein Geld, solang er in der Politik ist.

Kann, darf und soll eine Tageszeitung Befunde oder Pensionsbescheide von Politikern thematisieren?

Nachdem der KURIER in seiner Donnerstag-Ausgabe veröffentlicht hat, dass Norbert Hofer vor zwei Jahren als Dritter Nationalratspräsident sowohl Pflegegeld wie auch eine Berufsunfähigkeitspension beantragt hat, wird über diesen und andere Aspekte heftig diskutiert.

Im Hinblick auf den Hofburg-Wahlkampf geht es vor allem um die eine Frage: Kann jemand, der sich selbst als berufsunfähig betrachtet, das höchste Amt der Republik ausüben – oder nicht?

Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen, die die Debatte um Hofers Frühpensionsbescheid aufwirft.

Kann Norbert Hofer das Amt des Bundespräsidenten ausüben?

Grundsätzlich ja. Eine physische Einschränkung ist kein Grund, hohe Staatsämter nicht auszuüben. Beispiele dafür gibt es zuhauf, so übt etwa der Finanzminister von Deutschland, Wolfgang Schäuble, sein Amt seit Jahren im Rollstuhl aus. Der wesentliche Unterschied: Schäuble selbst war offenkundig in keiner Phase seiner Karriere der Ansicht, er sei aufgrund der Einschränkung berufsunfähig.

Warum hat Hofer 2014 als Dritter Nationalratspräsident und trotz eines Einkommens von 14.766 Euro einen Antrag auf eine Berufsunfähigkeitspension beantragt?

Der FPÖ-Hofburgkandidat selbst erklärt dies so: Er war 2014 nach einem neuerlichen Unfall in einer Ausnahmesituation (es drohte eine Amputation des Beines) und wollte klären, ob er in seiner Situation einen Anspruch auf Invaliditätspension hat. Das Berufsbild "Politiker" gibt es für die Pensionsjuristen so nicht, es handelt sich um eine "Funktion". Die medizinischen Gutachter der PVA haben nach eingehenden Untersuchungen aber festgestellt, dass Hofer in seinem Brotberuf – er war zuerst Flugtechniker und dann im Sozialcontrolling der burgenländischen Landesregierung – nicht weiter arbeiten kann. Er ist formal berufsunfähig, das steht auch in seinem Bescheid. Im konkreten Fall wird schlagend, dass die Berufsunfähigkeitspension so lange ruht, solange Hofer ein anderes Erwerbseinkommen – nämlich seine Gage als Dritter Nationalratspräsident – bezieht.

Wenn Norbert Hofer ein Einkommen und Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitspension hat, warum wurde von ihm dann zusätzlich Pflegegeld beantragt?

Die gängige Praxis in der Pensionsversicherung zielt darauf ab, möglichst wenig Verwaltungsaufwand und kosten zu erzeugen. Wenn also beispielsweise ein Versicherter einen Unfall hat und bei ihm von dauerhaften Gesundheitsschäden auszugehen ist, prüft die PVA oft sowohl den Anspruch auf Invaliditätspension wie den Anspruch auf Pflegegeld. Der Sinn dahinter ist schnell erklärt: Würde die PVA beides separat prüfen, müsste sie zwei Verfahren führen, zwei Gutachter bestellen – man hätte die doppelten Kosten.

Wie viele Berufsunfähigkeits- bzw. Invaliditäts- pensionen fallen an?

Im Vorjahr bezogen 153.000 Personen eine Berufsunfähigkeitspension. 2011 waren es noch mehr als 180.000.

Hat die Pensionsversicherungsanstalt PVA dem KURIER die Bescheide des freiheitlichen Hofburg-Kandidaten übermittelt?

Nein. Dem KURIER wurden von einer anonymen Quelle Teile der Bescheide übermittelt. Ob diese direkt aus der PVA kommen, ist unklar. Allerdings wurde von dem Informanten in einer Notiz die moralische Frage aufgeworfen, warum der amtierende Dritte Nationalratspräsident Pflegegeld und eine Berufsunfähigkeitspension beantragt, obwohl er dies aufgrund seines Gehaltes materiell nicht nötig hätte. Die Echtheit der Bescheide war anfangs unklar. Daher hat der KURIER die Papiere Experten anonymisiert vorgelegt, um zu klären, ob es sich um authentische Bescheide handeln kann. In einem nächsten Schritt hat die Redaktion die FPÖ kontaktiert, um mit Norbert Hofer zu sprechen, ob er tatsächlich Anträge gestellt hat. Hofer hat die Authentizität der Bescheide in einem Telefonat bestätigt, seine Motive im Detail dargelegt und nicht darum gebeten, selbige nicht zu veröffentlichen.

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