Streit über Asylzahlen: Wiener VP-Chef Blümel attackiert Kern

Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel
Innenminister Sobotka hofft auf "Missinterpretation" Kerns. Wiener ÖVP-Chef Blümel legt Kanzler Rücktritt nahe.

Am Tag des Inkrafttretens des neuen Asylgesetzes geht der Flüchtlingsstreit wieder los. Anlass sind Aussagen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der gestern von nur noch 11.000 für die so genannte Obergrenze relevanten Asyl-Anträgen sprach. Davon zeigte sich nicht nur Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), sondern auch Parteifreund Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil irritiert. Und der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel legt dem neuen Kanzler gar das "Abdanken" nahe.

Blümel befand heute in einer Stellungnahme auf Facebook: "Wenn der neue Kanzler die Obergrenze bei Asylwerbern aufweicht, kann er gleich wieder abdanken." Weiters stellte der Chef der Wiener Stadt-Schwarzen klar: "Eine Obergrenze ist eine Obergrenze. Punkt."

"Dass man mit Zahlen vorsichtig und transparent umgehen muss, sollte gerade ein ehemaliger Manager eigentlich wissen," präzisierte Blümel gegenüber der APA. Auch in einem Unternehmen könne man nicht einfach so mit anderen Zahlen "herumwerfen".

Die Bundesregierung hatte noch unter Führung von Werner Faymann (SPÖ) einen Richtwert von 37.500 Anträgen festgelegt, ab dem eine durch das neue Gesetz mögliche Notverordnung erlassen würde, die das Stellen von Asylansuchen in Österreich deutlich erschweren sollte. Bisher war man davon ausgegangen, dass bereits 22.000 dafür relevante Anträge gestellt wurden und daher die Obergrenze schon im Sommer erreicht werden könnte.

11.000

Nunmehr kam Kern gestern nach dem Ministerrat auf die Zahl von 11.000 zu sprechen. Diese ergibt sich daraus, wenn man unter anderem jene Anträge abzieht, in denen andere Staaten laut "Dublin"-Verordnung zuständig wären.

Doskozil hält das zwar inhaltlich für richtig, kritisiert aber in mehreren Zeitungen sowie im Ö1-"Morgenjournal", dass man vollkommene Transparenz walten lassen müsse und alle Zahlen monatlich auf den Tisch gelegt werden müssten. Gegenüber dem KURIER meinte Doskozil: "So kann man mit Zahlen nicht umgehen. Wir müssen ab sofort monatlich detaillierte Zahlenangaben machen. Hier geht es um die Glaubwürdigkeit der Politik, sonst machen wir uns lächerlich." Der Verteidigungsminister fordert, dass künftig die Zahlen aller Asylanträge, der zugelassenen Asylanträge, aber auch die Zahlen der Abschiebungen veröffentlicht werden.

Kritik aus dem Innenministerium

Auch der Innenminister äußerte sich kritisch. In einer Aussendung wunderte er sich, dass Kern gestern von 37.500 Asylberechtigten gesprochen habe, was mit einer Antragszahl wie im Vorjahr vergleichbar wäre. Dies dürfe sich aber nicht wiederholen. Er hoffe in diesem Zusammenhang, dass es sich hierbei um eine Missinterpretation des Bundeskanzlers handle, und nicht um einen "Links-Ruck" des SPÖ-Parteivorsitzenden, so Sobotka, der betonte, dass die Asyllinie der Regierung nicht verhandelbar sei. Unterstützung für die Position Sobotkas kommt aus dem heimatlichen Niederösterreich. Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) meinte in einer schriftlichen Stellungnahme: "Die Zahlentricksereien von Bundeskanzler Kern sind das Letzte, das wir nun brauchen." Die Verunsicherung der Menschen sei riesig, es brauche ein Miteinander von Regierung und Bevölkerung und hundertprozentige Transparenz.

Kanzleramt weist Kritik zurück

Eher kühl reagiert man im Kanzleramt auf die Kritik des Innenministeriums. Die gestern vom Bundeskanzler genannten Zahlen beruhten auf einer durch den Innenminister im gestrigen Ministerrat berichteten Darstellung, wonach von den heuer in Österreich gestellten Asylanträgen rund 11.000 in Österreich zum Asylverfahren berechtigt zugelassen seien.

Ferner betont Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) in einer Aussendung, dass er sich angesichts der aktuellen Diskussion eine Objektivierung und regelmäßig transparente Veröffentlichung dieser Zahlen erwarte: "Das zuständige Ressort sollte regelmäßig darstellen, wie viele Asylanträge in Österreich abgegeben wurden und wie hoch die Zahl der zum Asylverfahren Zugelassenen ist, also wie viele Dublin-Fälle oder Folgeanträge es gibt."

Abgesehen davon wird von Drozda nochmals festgehalten, dass der Kanzler ohnehin gestern klar gestellt habe, dass sich die Bundesregierung sofort mit der Frage der Sonderverordnung zum Asylgesetz auseinanderzusetzen habe.

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