Sobotka unterstellt SPÖ parteipolitisches Kalkül

Innenminister Wolfgang Sobotka, Archivbild
Der "überhastete Brief" von Kern ändere nichts am rechtlichen Prozess der Flüchtlingsumverteilung, sagte der Innenminister. Die EU-Kommission reagiert ablehnend.

Die Debatte um die EU-Flüchtlingsumverteilung entzweit weiter die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP. Innenminister Wolfgang Sobtoka (ÖVP) legte am Donnerstag in einem Hintergrundgespräch vor Journalisten nach. Die SPÖ vertrete nun die Position der ÖVP aus dem Jahr 2015 und stoße aus parteipolitischem Kalkül Italien vor den Kopf. An der rechtlichen Situation ändere sich aber nichts, so Sobotka.

Der Innenminister erklärte, die politische Stellungnahme, die Kanzler Christian Kern (SPÖ) mit dem "überhasteten Brief" nach Brüssel abgegeben habe, sei vom rechtlichen Prozess zu trennen. Österreich habe sich im EU-Relocation-Programm verpflichtet, bis 26. September 2017 knapp 2.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland aufzunehmen. Für die ersten 50 Menschen - 50 minderjährige Flüchtlinge aus Italien - werde er nun die Antwort der EU-Kommission auf den Kern-Brief abwarten, so Sobotka. Die Zeit dränge aber, da es sich um ein relativ intensives Verfahren handle. Italiens Innenminister Marco Minniti sei jedenfalls versichert worden, dass Österreich rechtstreu agieren werden. "Das weiß er", so Sobotka. Da die erste Reaktion aus Brüssel in Richtung einer Ablehnung zeige, bereite er sich auf den Start der Übersiedelung vor.

Sobotka: Ausnahme nur in Notlage möglich

Sobotka sagte, die politische Haltung der ÖVP sei seit Jahren die gleiche. Er erinnerte, dass seine Amtsvorgängerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) 2015 eine Umverteilung aus Österreich und einen kompletten Aufschub vorgeschlagen habe, beides sei von der SPÖ damals abgelehnt worden. Man solle daher jetzt nicht so tun, als wäre das alles neu. Jedenfalls dürfe man dies nicht mit der rechtlichen Umsetzung vermischen, der Beschluss sei für Österreich verbindlich. Eine Ausnahme aus dem Relocation-Programm sei nur bei einer Notlage möglich, das Inkraftsetzen der Asyl-"Sonderverordnung" sei aber vom Regierungspartner abgelehnt worden. Auch das Fremdenrechtspaket sei noch immer nicht freigegeben.

Sobotka ist der Meinung, dass es der SPÖ beim Thema Relocation nicht um Sache gegangen ist, sondern dass ein "taktischer Schwenk" von Kern war, um Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) "auf die rechte Seite zu rücken". Für Sobotka "großes Kino in der Inszenierung", aber inkonsequent, da Kern im Rat dreimal dafür gestimmt habe und sich nun in Europa lächerlich mache.

Derzeit sei die ÖVP nicht für eine Aussiedelung von Flüchtlingen aus Österreich in andere EU-Länder, diese Position sei an die Realität angepasst. Der Antrag der ÖVP, die Außengrenzen dicht zu machen und Camps vor Europa zu errichten, sei beim EVP-Treffen in Malta aber angenommen worden. Im Wahlkampf sieht Sobotka die Koalitionsparteien trotz des Konflikts nicht. Bei seinen Äußerungen handle es sich um "Tatsachenfeststellungen".

EU-Kommission reagiert ablehnend

Die EU-Kommission reagiert auf den Brief von Kanzler Christian Kern mit einer Ablehnung. Der für Migration zuständige EU-Kommissar, Dimitris Avramopoulos, sagte am Rande der EVP-Tagung in Malta, die EU-Kommission verlasse sich darauf, dass Österreich zu den Vereinbarungen stehe. Avramopoulos: "Es handelt sich hier um eine politische, moralisch und rechtliche Verpflichtung." Er machte nochmals klar, dass es sich bei dem Erfüllen der Verteilungsquoten von Flüchtlingen nicht um einen Verhandlungsgegenstand, sondern um eine "Pflicht" handle.

Avramopoulos lobte Österreichs Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, ohne Österreich wäre die EU nicht, wie sie heute steht. Aber deswegen sei es besonders wichtig, den eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen.

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