Regierung verteidigt Vorgehen, Kritik "unsinnig"
Die Regierung hat die österreichische Linie in der Flüchtlingspolitik gegen Kritik aus Brüssel und Berlin verteidigt. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) traten am Dienstag nach dem Ministerrat ungewöhnlich geschlossen auf. Den kritischen Deutschen bot Faymann an, die Zahl der nach Deutschland durchreisenden Flüchtlinge selbst festzulegen.
"[...] auf diese Art Ratschlag können wir verzichten."
Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere hatte die Zahl der maximal 3.200 täglich durch Österreich nach Deutschland durchreisenden Flüchtlinge als zu hoch kritisiert. "Da hat Deutschland zu entscheiden, welche Zahl gilt", betonte Faymann. Wenn Deutschland aber keine Zahl nenne und sich lieber auf die "Türkei-Lösung" konzentriere, dann nehme er das respektvoll zur Kenntnis, sagte der Bundeskanzler. Umgekehrt forderte er Deutschland und die EU auf, auch die österreichische Position "respektvoll zur Kenntnis nehmen".
Kritik an Deutschlands Haltung
Dass das "Durchwinken" der über Griechenland in die EU einreisenden Flüchtlinge am Balkan in Ordnung sei, Österreich aber untersagt sein sollte, sei eine "unsinnige Position", kritisierte Faymann: "Bis Österreich kann man leider nur in die Luft schauen und ab Österreich will man uns einen Ratschlag erteilen - auf diese Art Ratschlag können wir verzichten."
Mitterlehner kritisierte Deutschlands Haltung als "widersprüchlich": Man könne nicht einerseits eine Art Einladung aussprechen, von Österreich dann aber fordern, niemanden weiterzuschicken. Österreichs Vorgehen sieht der Vizekanzler als "derzeit alternativlos", auch weil die Zahl der bisher nach dem vereinbarten Quotensystem verteilten Flüchtlinge "lächerlich" gering sei.
Ungewohnte Einigkeit bei SPÖ und ÖVP
Einmal mehr betonte Faymann, eine europäische Lösung zu bevorzugen. "An den österreichischen Grenzen zu agieren ist ein Plan B", räumte er ein. Dies sei aber nötig, "weil Österreich das alleine nicht schaffen kann, was auch niemand vorgaukeln soll". Sowohl Faymann als auch Mitterlehner betonten, die österreichische Position nun rechtlich verteidigen zu wollen. "Wie auf hoher See: bei Gericht weiß man nie genau, wie das ausgeht", so Faymann.
"Es muss spürbar sein, dass die österreichische Position von der gesamten Regierung vertreten wird."
An der Hilfsbereitschaft Österreichs könne jedenfalls kein Zweifel bestehen, betonte Faymann und argumentierte, dass das Land auch mit der nun beschlossenen Obergrenze binnen fünf Jahren Flüchtlinge in der Größenordnung von 2,5 Prozent der Bevölkerung aufnehme. Würden alle EU-Länder so handeln, könnte die EU zwölf Millionen Flüchtlinge versorgen, so der Bundeskanzler. Außerdem lobte er die geschlossene Haltung der Regierung in dieser Frage: "Es muss spürbar sein, dass die österreichische Position von der gesamten Regierung vertreten wird und dass uns hier niemand auseinanderdividieren wird."
Ein Angebot aus Portugal will der Kanzler dennoch ablehnen: Die portugiesische Regierung will zusätzlich zur EU-Quote noch 5.800 Flüchtlinge aufnehmen und hat entsprechende Ersuchen an Österreich, Griechenland, Italien und Schweden geschickt. Faymann bedankte sich beim portugiesischen Premierminister Antonio Costa, bezeichnete das Angebot aber als "nicht sinnvoll". Die Verteilung müsse an den Außengrenzen stattfinden "Es ist nicht sinnvoll, dass Menschen 2.000 Kilometer von der griechischen Grenze bis nach Österreich kommen und wir sie dann, wieder über 2.000 Kilometer in die andere Richtung nach Portugal führen. Die Verteilung kann nicht in Österreich funktionieren, die Verteilung muss an der EU-Außengrenze funktionieren."
100 zusätzliche Zöllner am Brenner
An der Grenze zu Italien gehen indes die Vorbereitungen weiter. Für die Grenzkontrollen am Brenner sollen bis zu 100 zusätzliche Zöllner zur Verfügung stehen. Das hat Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) vor dem Ministerrat gegenüber Journalisten erklärt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hielt dabei fest, dass die Vorbereitungen für die Kontrollen fortgeführt werden.
Laut Schelling sollen die zusätzlichen Zöllner die Flüssigkeit des Lkw-Verkehrs sicherstellen. Auch zusätzliche Abfertigungsstellen seien möglich. Die Vorbereitungen für die Kontrollen an diesem Übergang werden fortgeführt, da weiter mit einem zusätzlichen Flüchtlingsstrom zu rechnen ist, erklärte Mikl-Leitner. Ihre Aufgabe als Innenministerin sei es, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, begründete sie. Aus Italien sei zugesichert worden, dass alle Bemühungen für den Aufbau der Hotspots und den Schutz der Außengrenze unternommen werden.
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