Finale Werbeschlacht um die Zukunft des Bundesheeres

Johanna Mikl Leitner, Norbert Darabos, Streitgespräch, Interview
Wie SPÖ und ÖVP die Wähler für ihre sicherheitspolitischen Modelle überzeugen wollen.

Eine Woche vor der Volksbefragung liefern sich Verteidigungsminister Norbert Darabos und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner via KURIER einen argumentativen Schlagabtausch.

Die Innenministerin warnt vor der Abschaffung der Wehrpflicht: „Das ist ein erster Schritt in Richtung NATO und zur Abschaffung der Neutralität.“ Österreich müsse sich sicherheitspolitisch an der neutralen Schweiz und an dem allianzfreien Finnland orientieren.

Die Beispiele, die Darabos ins Treffen führt, Schweden und Irland, taugen nicht für einen Vergleich. Beide Länder kooperieren eng mit der NATO und würden Gerät und Flugplätze der Allianz zur Verfügung stellen, erklärt Mikl-Leitner. Sie gesteht, dass die ÖVP Ende der 1990er-Jahre für ein Berufsheer präferiert habe. „Das war eine ehrliche Debatte. Wir haben offen gesagt, dass das zum NATO-Beitritt führen würde und auf jeden Fall doppelt so viel kostet.“

Verteidigungsminister Darabos kontert: „Die Wehrpflicht ist überholt, der Kalte Krieg längst vorbei. 93 Prozent der Bevölkerung in Europa (die EU hat insgesamt rund 504 Mio. Einwohner) werden von Berufsarmeen geschützt, auch wir brauchen Profis, auch für die Katastrophenhilfe.“ Ein Grundwehrdienst sei mit 200 Millionen Euro pro Jahr zu teuer. „Das ist ein volkswirtschaftlicher Schaden, Österreich entgeht durch die Wehrpflicht eine Wertschöpfung von 300 Millionen im Jahr“, rechnet Darabos vor.

Strikt weist er das Argument zurück, ein Berufsheer bedeute die Aufgabe der Neutralität und die Mitgliedschaft in einem Militärbündnis. „Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Wehrsystem und Militärbündnis. Österreich bleibt neutral.“ Deutschland war jahrzehntelang mit der Wehrpflicht in der NATO, betont Darabos.

Wirbel um Studie

Einen heftigen Streit gibt es um eine Studie der Landesverteidigungsakademie über die Integrationskraft der Wehrpflicht. Die Arbeit wurde zwischen 2008 und 2010 erstellt. Die ÖVP sagt, der Verteidigungsminister würde die Studie unter Verschluss halten. „Das Ministerium soll die Studie herausrücken“, fordert ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch.

Fischer: „Ich weiß, wie ich abstimme“

Eine Empfehlung für die Volksbefragung zum Bundesheer will Bundespräsident Heinz Fischer „mit aller Absicht“ nicht abgeben, er verhält sich den Bürgern gegenüber neutral.

Finale Werbeschlacht um die Zukunft des Bundesheeres
Heinz Fischer gibt "mit aller Absicht" keine Empfehlung ab, "aber ich weiß, wie ich stimme".

Was sein persönliches Stimmverhalten angeht, lässt er keinen Zweifel daran, wie er nächsten Sonntag entscheiden werde: „Ich weiß, wie ich abstimme“, sagte er am Samstag im Ö1-Interview „Im Journal zu Gast“. Er habe seine Meinung, die er auch öffentlich gesagt habe, nicht geändert. Fischer ist wiederholt für eine Beibehaltung der Wehrpflicht und für die Neutralität eingetreten.

Lerneffekt

Zur Beteiligung an der Volksbefragung sagte Fischer, er glaube nicht, dass man eine Teilnahme von mehr als 50 Prozent schaffen werde. „Vielleicht lernt man daraus, dass man die Instrumente der direkten Demokratie, die ich für nützlich halte, nicht allzu häufig einsetzen soll.“

Fischer entschuldigte indirekt die umstrittene Äußerung von Oberösterreichs SPÖ-Chef Josef Ackerl, der in einer Rede gemeint hatte, die Zwangsverpflichtung sei eine Nazi-Idee. Der Bundespräsident betonte, Ackerl habe ihn angerufen und ihm versichert, dass er den Vergleich von Wehrpflicht und Nazi-Zeit nicht so gemeint habe. Zuvor kritisierte Fischer im KURIER die Aussagen als „Entgleisung“.

Ackerl hat das Interview Fischers nicht gehört. „Meine Freunde sagten, es war gut. Die Passage um meine Person war in Ordnung“, sagte Ackerl zum KURIER.

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