Faymann verärgert die Berlusconi-Fans

Der Medienzar sei kein Garant für Stabilität: Die Worte des SP-Kanzlers liegen den Italienern im Magen.

Vor zwei Tagen feierte Enrico Letta seinen 47. Geburtstag – in Wien, im Beisein seines österreichischen Amtskollegen Werner Faymann. Dass dieser anlässlich dieses Treffens ein paar Worte über Lettas Vorgänger, den mittlerweile erstmals rechtskräftig verurteilten Silvio Berlusconi, verloren hat, sorgt nun in Rom für einigen Wellengang: Berlusconi sei kein Garant für Stabilität im Land, meinte der Bundeskanzler. Die Reaktion aus den Reihen der Silvio-Fans war natürlich eine empörte.

"Der österreichische Kanzler kennt offenkundig nicht Italiens jüngste Geschichte: Die Regierung Berlusconi war die langlebigste in unserer republikanischen Geschichte. Berlusconi selbst ist seit 20 Jahren der unumstrittene Chef der Mitte-rechts-Allianz. Keiner ist wie er Garant für die politische Stabilität in Italien", ärgrte sich die Europa-Abgeordnete von Berlusconis Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL), Licia Ronzulli.

Kein Einmischung erbeten

Auch Berlusconis verbindende Rolle habe Faymann ignoriert: Im Interesse Italiens habe er einer Großen Koalition zugestimmt, die nach über zwei Monaten politischen Vakuums nach den Parlamentswahlen im Februar Italien eine Regierung beschert habe. "Es wäre angemessen, wenn sich ausländische Politiker nicht in die Angelegenheiten anderer Staaten einmischen würden. Ich hätte mir eine Reaktion von Premier Enrico Letta erwartet, die es jedoch nicht gegeben hat", so Ronzulli.

"An Lettas Stelle hätte ich Faymann nicht gestattet, Urteile über Berlusconi auszusprechen, das darf keinem ausländischen Premier erlaubt werden", kommentierte der Mitte-rechts-Politiker Guido Crosetto. Kritisch äußerte sich auch der ehemalige PdL-Minister Gianfranco Rotondi. "Ohne Berlusconi wäre Letta heute nicht an Faymanns Seite gestanden", sagte Rotondi, in Anspielung auf die Große Koalition aus PdL und Lettas Demokratischer Partei (PD).

Kritik musste Faymann auch von der Zentrumspartei "Scelta Civica" um Lettas Vorgänger Mario Monti hinnehmen. "Faymanns Worte sind unangebracht", kommentierte der Sprecher der Gruppierung, Benedetto Della Vedova.

Berlusconis Zukunft wackelt

Dass Letta derzeit am Gängelband seines Vorgängers hängt, mag das Schweigen des italienischen Premiers erklären: Für viele in Lettas Demokratischer Partei ist ein Verbleib Berlusconis in der Koalition indiskutabel – Berlusconi hingegen tut alles, um seinen Senatssitz nicht zu verlieren. Er will Mitte-Rechts-Chef bleiben, erhofft sich eine „italienische Lösung“, um das Dilemma seiner Verurteilung zu lösen. Sollte das nicht passieren, drohen die Berlusconi-Anhänger mit einem Massenaustritt aus dem Parlament.

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