Familienbonus steht EU-rechtlich auf wackeligen Beinen

Löger
Steuergutschrift wird für EU-Ausländer auf Landesniveau angepasst – für Spitzenjurist Walter Obwexer ist das wohl rechtswidrig.

Vor zwei Monaten wurde er von der türkis-blauen Regierung als erstes "Leuchtturmprojekt" präsentiert: der sogenannte Familienbonus. Ab 2019, so das Vorhaben der Regierung, sollen Eltern jährlich für jedes Kind 1500 Euro von der Steuer absetzen können – und heute geht der Gesetzesentwurf dafür in Begutachtung.

Dieser sieht einige Änderungen zum bisher vorgesehenen Modell vor: So dürfen wider den ursprünglichen Plan auch Eltern, deren Kinder im Ausland leben (EWR-Raum inklusive Schweiz), vom Steuerbonus Gebrauch machen. Allerdings will der Finanzminister – wie bei der Familienbeihilfe – nicht die vollen Beträge ins Ausland überweisen. Will heißen: Jemand, der zwar in Österreich arbeitet und Steuern zahlt, dessen Kinder aber beispielsweise in Ungarn leben, kann nicht den vollen Bonus absetzen. Indes bekommen etwa Schweizer und Schweden mehr Geld für ihre Kinder, wenn diese im Ausland leben.

Die einstige Idee, den Bonus nur für Kinder in Österreich zu überweisen, wäre laut Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) EU-rechtlich nicht durchsetzbar gewesen, weil EU-Ausländer so schlechter gestellt wären. "Deshalb mussten wir den Bonus erweitern", so Löger. Nachsatz: "Wir haben diese Lösung aber genau geprüft und gehen davon aus, dass das hält". Der Grund: Anders als bei Sozialleistungen habe man im Steuerrecht mehr Spielraum, was Kürzungen für EU-Ausländer betrifft.

"Begründete Zweifel"

Walter Obwexer sieht das allerdings anders. Der renommierte EU-Rechtsexperte von der Universität Innsbruck hält den Plan der Regierung für rechtswidrig, weil er EU-Ausländer effektiv schlechter stelle. Dafür gebe es mehrere Gründe – einer davon: "Weil ja auch im Inland nicht wirklich nach dem Gehalt der Eltern indexiert wird, kann man eine Anpassung im Ausland wohl schwer argumentieren." Obwexer schließt also nicht aus, dass die EU-Kommission nach Inkrafttreten der Regelung ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einleitet oder dass ein Betroffener erfolgreich die Schlechterstellung einklagt. Kurzum: "Es gibt begründete Zweifel, ob das wirklich EU-rechtskonform ist."

Ebenso neu im Entwurf ist ein sogenannter Sockelbetrag für Alleinerzieher. Wer aufgrund niedrigen Einkommens gar keine oder kaum Lohnsteuer zahlt, soll demnach pro Jahr und Kind 250 Euro überwiesen bekommen. Die vollen 1500 Euro kann nur abrufen, wer mindestens 1750 Euro verdient. Während Alleinverdiener also nun doch berücksichtigt werden, gehen geringverdienende Paare in puncto Familienbonus leer aus.

Gestrichen werden mit der Einführung des Familienbonusses unterdessen der Kinderfreibetrag und die Absetzbarkeit von Kindererziehungskosten. Dadurch erspart sich die Finanz rund 300 Millionen Euro pro Jahr. Abzüglich dieser Summe kostet der Familienbonus den Staat pro Jahr rund 1,2 Milliarden Euro. Ein Beschluss im Parlament ist für Juli geplant.

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