Dörfler: "Gehe in Landtag. Punkt"

APA9291158 - 02092012 - VILLACH - ÖSTERREICH: ZU APA 087 II - FPK-Landesparteitag am Sonntag, 2. September 2012, in Villach. Im Bild: LH Gerhard Dörfler bei seinem Einzug in die Halle APA-FOTO: GERT EGGENBERGER
Der Ex-Landeshauptmann sieht Schuld an FPK-Zwist „bei den anderen“ und fühlt sich "nur der Bevölkerung verpflichtet".

Gerhard Dörfler lässt wieder etwas von sich hören. Nach vier Tagen Funkstille stellte der Kärntner Landeshauptmann am Mittwoch gegenüber dem KURIER noch einmal: „Es bleibt dabei, dass ich mein Landtagsmandat wahr nehme. Punkt.“

Der FPK-Politiker sieht sich durch „wunderbare SMS, die ich zuhauf jeden Tag bekomme“, bestätigt.

Er sieht darin den „klaren Auftrag, mein Direktmandat anzunehmen, und zwar zu hundert Prozent. Das ist logisch, daran kann und wird mich niemand hindern“.

Dörfler: "Gehe in Landtag. Punkt"
APA11706156 - 02032013 - KLAGENFURT - ÖSTERREICH: LANDTAGSWAHL IN KÄRNTEN: LH Gerhard Dörfler am Samstag, 02. März 2013, während der Wahlkampf-Abschlussveranstaltung der FPK in Klagenfurt. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Dass er mit seiner Weigerung die Partei in arge Schwierigkeit bringt, scheint Dörfler nicht groß zu stören. „Wenn sich die FPK selbst zerstört, ist das nicht meine Sache, sondern die der Anderen“, sagt er. Er sei nie ein Parteisoldat gewesen und werde es auch nie sein. „Ich fühle mich nur der Bevölkerung gegenüber verpflichtet.“

Kein Interesse

Es sei auch nicht seine Sache, wie es mit der FPK weitergeht, sagt Dörfler. Das sei „ihre Sache“ spielt er ganz offensichtlich auf Neo-Chef Christian Ragger und dessen Vertraute an. Dass mit dem Beharren auf den Einzug in den Landtag – neben Dörfler weigern sich bekanntlich auch Noch-Landesrat Harald Dobernig und Hannes Anton die Verzichtserklärung zu unterschreiben – sogar der Klubstatuts verloren gehen und die Wahl des freiheitlichen Regierungsmitgliedes blockiert werden könnte, ist für Dörfler schlicht nicht nachvollziehbar. „Ich finde künstliche Blockaden unvernünftig, habe null Interesse an einer Verzögerung.“

Durchgreifen wollte Heinz-Christian Strache nach den Wahldebakeln in Kärnten und Niederösterreich; er griff daneben. Dort wie da weigern sich seine Kameraden, zu tun, was er wünscht. Seine Frontfrau in Niederösterreich, Barbara Rosenkranz, denkt nicht daran, abzudanken. Und bei der FPK herrscht Ausnahmezustand.

Vergangenen Sonntag hatte eine sechsstündige Zusammenkunft der blauen Spitzen in Wien keinen Ausweg aus der Misere gebracht. Gestern versuchte es Strache wieder. Neu aufstellen möchte er die Truppe in beiden Ländern – und die Kärntner Freiheitlichen, die autonom sind, in die FPÖ eingliedern. Eine „ehrliche, starke, geschlossene“ Partei wolle er, sagte Strache, bevor die Marathonsitzung im Parlamentsklub begann.

Bei der war auch Neo-FPK-Chef Christian Ragger. Von ihm wollte Strache wissen, wie er den blauen Laden im Süden auf Vordermann bringen wird. Erfreuliches hatte Ragger nicht zu berichten. Trotz der historischen Niederlage (minus 27,8 Prozent) weigern sich Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Ex-Finanzlandesrat Harald Dobernig und der Abgeordnete Hannes Anton, ihre Landtagsmandate abzugeben. Und jetzt wird auch noch via KURIER bekannt, dass das Trio eine Partei gründen will (siehe Daniela Kittners "Politik von innen"-Kolumne).

Der bisherige FPK-Chef Kurt Scheuch hat zwar sein Landtagsmandat zurückgelegt, von der Politik will er aber nicht lassen. Er liebäugelt mit einem Sitz im Bundesrat, der Länderkammer. Zudem ist nun auch Ragger im Visier der Justiz. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Es geht um ein Inserat, das im Dezember 2011 in Kärntner Medien erschienen ist. Im Bild: Dörfler, Dobernig, der damalige Landeshauptmann-Vize Uwe Scheuch und Ragger als „unser Regierungsteam“. Tatsächlich besteht dieses aus sieben Leuten; zwei rote und ein schwarzer Landesrat gehören dazu. Ragger geht davon aus, nicht angeklagt zu werden – „weil ich in dieser Angelegenheit nicht der Auftraggeber gewesen bin“.

Straches gestriger Auftrag an seine Gesinnungsfreunde war, forscher aufzutreten, um bei den nächsten Wahlen wieder zu reüssieren. Vor allem Neo-Konkurrent Frank Stronach dürfe nicht mehr ignoriert werden, zu attackieren sei er. Insider berichten, Generalsekretär Herbert Kickl habe Strache abgeraten, das im niederösterreichischen und Kärntner Wahlkampf zu tun. Intern werde ihm das angekreidet.

Anwalt gesucht

Auch personell wollte Strache nicht erneut ohne Ergebnis an die Öffentlichkeit treten. Für die Sitzung war anvisiert, einen Kandidaten für die Volksanwaltschaft zu nominieren; im Juli soll dieser die Grüne Terezija Stoisits ablösen. Gute Chancen habe der Abgeordnete und Anwalt Peter Fichtenbauer, ließ FPÖ-Vize Norbert Hofer wissen. Dieser Job ist aus wahlstrategischen Gründen wichtig: Die Volksanwälte haben eine TV-Bühne. Im ORF helfen sie Bürgern, die Probleme haben. Derzeit bräuchte Strache am dringendsten einen solchen Helfer.

Als FPK-Chef und Landtagsabgeordneter nahm Kurt Scheuch noch am Abend des Kärntner Wahldesasters den Hut. Nun soll er als blauer Bundesrat wiederkehren. Gleiches Einkommen, gemütlichere Baustelle – Heinz-Christian Strache würde ab sofort nicht müde, „Pfui, Sesselkleber“ zu trompeten, trüge Kurt Scheuch rot oder schwarz statt blau.

Gerhard Dörfler denkt erst gar nicht daran, zurückzutreten. Der mit Bomben und Granaten abgewählte FPK-Landeshauptmann sagt im KURIER-Interview: „Es bleibt dabei: Ich bleibe.“ Straches Schlachtruf für die Dörflers aller anderen Parteifarben liegt abrufbar im FPÖ-Fundus: „Pfui, Polit-Bonze“. Und der vorgeblich einzige unbelastete FPK-Mann, Christian Ragger, der den blauen Saustall im Süden als neuer Chef ausmisten soll, hat nun selber ein Strafverfahren am Hals.

Da helfen auch Straches tägliche Ankündigung eines Neustarts und blaue Krisensitzungen am laufenden Band nichts. Der blaue EU-Mandatar Andreas Mölzer nennt als Einziger die Krux der Blauen beim Namen: „Der Frust der Leute über das etablierte Parteiensystem ist so groß, viele zählen uns schon dazu.“

Haiders Erben im blauen Robin-Hood-Kostüm sind als hemmungslose Apparatschiks entzaubert – und schauen noch älter aus als die sogenannten „Altparteien“. Nach dem Motto „Rette sich, wer kann“ könnte sich jetzt das blaue Lager nach FPÖ, BZÖ, FPK auch noch in ein „Team Dörfler“ aufspalten (siehe Seite 3). Die Wähler-Karawane zieht derweil weiter und macht kurz halt bei Stronach – frei nach dem Motto: Ein Milliardär sollte es nicht notwendig haben, in die Steuerzahler-Kassa zu greifen. Ob das auch für seine Mitstreiter um Mandate zutrifft? Die Mehrheit hat als Blaue begonnen.

Im Kärntner Landtag könnte bald die Rekordzahl von sieben Parteien sitzen. Aus Protest gegen Kurt Scheuch und HC Strache überlegt das Team um Noch-Landeshauptmann Gerhard Dörfler die Gründung einer eigenen Partei. Das Trio hat bereits bei der Landes-Finanzabteilung angefragt, ob es Anspruch auf Parteienförderung hätte. Die Antwort sei positiv gewesen. Tatsächlich steht im Kärntner Parteienförderungsgesetz lediglich, dass „den im Landtag vertretenen Parteien“ Förderung zusteht. Von einer Einschränkung auf Wahlparteien ist darin nicht die Rede. Außerdem gibt es Präzedenzfälle: Als Jörg Haider 2005 das BZÖ während laufender Periode abspaltete, erhielt das BZÖ Parteienförderung, obwohl Haider 2004 als „FPÖ“ in den Landtag gewählt worden war; als Uwe Scheuch im Dezember 2009 das BZÖ in die FPK umwandelte und wieder an die FPÖ anhängte, nahm die FPK die Parteienförderung mit, obwohl sie im März 2009 als „BZÖ“ in den Landtag gewählt worden war.

Das „Team Dörfler“ – bestehend aus Dörfler selbst, dem scheidenden Finanzlandesrat Harald Dobernig und dem Landtagsabgeordneten Hannes Anton – würde im Jahr 930.000 € Parteienförderung bekommen. „Damit ließe sich eine Infrastruktur für Parteiarbeit finanzieren“, heißt es von bestens informierter Seite.

Hinter dem Abspaltungs-Plan stehen handfeste politische Überlegungen. Das Team Dörfler will mit Kurt Scheuch, der in der FPK nach wie vor die Fäden zieht und nun Bundesrat wird, sowie mit der Strache-FPÖ nichts zu tun haben. Es hält den Strache-Scheuch-Kurs für den falschen, nicht zukunftsträchtigen Weg. „Abgewählt wurde Scheuch, nicht Dörfler“, heißt es. Das Team Dörfler glaubt, das dritte Lager politisch breiter vertreten zu können. Bei der nächsten Wahl in fünf Jahren rechnet es sich großes Potenzial aus: 35.000 Ex-FPK-Wähler seien diesmal gar nicht zur Wahl gegangen; hinzu kämen vielleicht die Stimmen von Team Stronach (11 %) und BZÖ (6 %), denn bei beiden Parteien sei nicht gewiss, ob es sie in fünf Jahren noch gebe. Auch von den 16 % FPK-Wählern würden viele keine „Scheuch-Partei“ wählen.

Das Team Dörfler sieht nun zwei Szenarien: Entweder in der FPK finde ein „Umdenken“ statt, die FPK jagt Scheuch davon und kappt die enge Anbindung an die Strache-FPÖ. Oder es gibt eben eine eigene, neue Partei. „Den Leuten um Dörfler geht es um den besseren Weg für das freiheitliche Lager“, so der Insider.

Abgesehen von den inhaltlichen Differenzen fühlen sich Dörfler und Dobernig von Scheuch auch hintergangen. Scheuch habe die Parteisitzungen nach der Wahlschlappe so orchestriert, dass Dörfler und Dobernig hinaus gedrängt werden, Scheuch selbst aber mit Christian Ragger als Strohmann weiter die Fäden zieht.

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