Eurofighter-Ausschuss: Ein Jahr Mega-Spektakel
Kommende Woche starten FPÖ und Grüne die Einsetzungs-Prozedur für den Untersuchungsausschuss. Ab da wird das Thema Eurofighter die Innenpolitik mindestens bis Jahresende begleiten. Auch im Sommer wird nur kurz verschnauft. "Für Untersuchungsausschüsse ist keine Sommerpause im Gesetz vorgesehen", sagt Parlamentarismus-Experte Werner Zögernitz.
Dass die Causa zum Megaspektakel wird, dafür sind alle Ingredienzien vorhanden: Waffenhändler, Briefkastenfirmen, Steuerhinterziehung, ein "Maulwurf" im Wirtschaftsministerium, Manager, Beamte und Politiker unter Verdacht der Bestechlichkeit. Die Zeugenliste für den U-Ausschuss wird illuster sein, bereits im Mai wird mit einem Ex-Kanzler – Alfred Gusenbauer – losgelegt.
"Wir werden alle Leichen aus dem Keller holen", kündigten der Grüne Peter Pilz und der Blaue Heinz-Christian Strache am Freitag an.
Es ist zu hoffen, dass der Ausschuss tatsächlich mehr als ein Vorwahl-Spektakel wird. Denn aufklärungswürdig ist in der Causa noch einiges. Da wäre zum einen das Problem des Bundesheers. "Österreich hat die teuersten Abfangjäger gekauft, und dennoch sind sie nach wenigen Jahren wieder veraltet", sagt FPÖ-Wehrsprecher und Milizoffizier Reinhard Bösch. Auch die laufenden Betriebskosten mit 80 Millionen im Jahr seien für das Heer schwer zu stemmen. Laut Bösch ist die gesamte Entscheidungskette – von der Typenentscheidung 2002 bis zum Vergleich mit Eurofighter 2007 – aufzurollen. Das Heer erwartet sich bis zu 1,1 Milliarden Euro retour, falls es gelingt, dem Eurofighter-Hersteller Betrug und Täuschung nachzuweisen.
Der zweite Untersuchungsgegenstand sind vermutete Schmiergeldzahlungen bei der Kaufentscheidung und bei den vereinbarten vier Milliarden Gegengeschäften. Um dieses Thema kümmern sich vor allem auch die Staatsanwaltschaften von München und Wien. In München ist heuer, in Wien 2018 mit Anklagen zu rechnen.
Wahl-Vorverlegung wohl vom Tisch
Die unerwartete Neuauflage des Eurofighter-Ausschusses hat politische Folgen. Eine lautet: Eine Vorverlegung der Nationalratswahl auf 2017 ist wohl vom Tisch. Wer Wahlen vom Zaun bricht, macht sich schuldig, den U-Ausschuss abzudrehen. Laut Gesetz muss der U-Ausschuss nämlich 111 Tage vor dem Wahltag mit den Zeugeneinvernahmen aufhören. Damit wäre er bei Herbstwahlen bereits im Sommer wieder zu beenden.
Jene Gruppe in der ÖVP, die mit Sebastian Kurz in baldige Neuwahlen gehen will, kann diese Pläne einpacken. Somit dürfte es vor den Landtagswahlen im Frühjahr 2018 keine Nationalratswahl geben. In anderen Worten: Niederösterreich, wo sich Johanna Mikl-Leitner als Pröll-Erbin bewähren muss, gerät zur bundespolitischen Testwahl.
Für ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner ist der U-Ausschuss hingegen ein Glücksfall: Keine Neuwahl, kein Kurz, kein Obmannwechsel.
Bessere Chancen für Pilz
Folgen hat der U-Ausschuss auch bei den Grünen. Dort galt es parteiintern als so gut wie sicher, dass Peter Pilz den Sprung auf einen wählbaren Listenplatz nicht mehr schaffen würde. Die Trauer von Grünen-Chefin Eva Glawischnig über einen Abgang von Pilz hätte sich in Grenzen gehalten. Es war schon vorgesorgt, dass der junge Michel Reimon Pilz’ Rolle als Aufdecker übernehmen sollte.
Mit dem Eurofighter-Ausschuss hat Pilz seine Chance stark verbessert, dass ihn der grüne Bundeskongress im November erneut auf die Parlamentsliste wählt. Pilz sucht offenbar schon länger nach einem Sprungbrett für seine Wiederkandidatur. Reinhold Lopatka (die beiden Steirer kennen sich seit 40 Jahren) erzählt, Pilz sei in letzter Zeit mit mehreren U-Ausschuss-Ideen bei ihm vorstellig geworden. Einmal wollte Pilz Missstände im Strafvollzug untersuchen, ein andermal den Umgang der Behörden mit türkischen Organisationen in Österreich. Nun habe ihn die SPÖ erhört.
Initiative vom Kanzleramt
Nach dem äußeren Anschein hat Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil Pilz die Rutsche für den U-Ausschuss gelegt, aber eigentlich soll die Initiative vom Kanzleramt ausgegangen sein. Die SPÖ will im beginnenden Wahlkampf die krummen Machenschaften aus der schwarzblauen Ära wieder aufs Tapet bringen. Dass dabei auch Gusenbauer und Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos in die Ziehung kommen, wird in Kauf genommen. Ein Vertrauter von Kanzler Christian Kern: "Der Pilz kennt ja alle Papierln und hätte uns sowieso den ganzen Wahlkampf hindurch damit traktiert und angepatzt. So können die beiden wenigstens in einem geordneten Verfahren ihre Version darlegen."
Der Vorwurf lautet auf "Täuschung". Doch wie und wann haben die Airbus-Manager das Verteidigungsministerium beim Kauf der Eurofighter hinters Licht geführt? Das Delikt soll gleich mehrfach passiert sein. Auf den 133 Seiten der Strafanzeige, die dem KURIER vorliegt, wird detailgenau aufgelistet, wie die Jet-Chefverhandler den österreichischen Beamten glaubhaft versichert haben sollen, dass sie die gewünschten Eurofighter fristgerecht liefern können.
Schlüsselfrage: Welche "Tranche" des Eurofighters wird tatsächlich geliefert, sprich welche technische Ausführung und Baureife landet in Österreich. Auch bei den späteren Vergleichsverhandlungen im Jahr 2007 mit Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos (er reduziert den Ankauf von 18 auf 15 Jets und wechselt die Bautranche) soll Airbus verheimlicht haben, dass sie die Eurofighter im "Bauzustand der Tranche 1 Block 5" nicht liefern können. "Sechs der gelieferten Eurofighter wurden mit einem älteren Konfigurationsstand, nämlich jenem im Bauzustand Tranche 1 Block 2 ausgeliefert", heißt es in der Anzeige.
Auch für Nichtexperten spannender und ominöser verlief die Entscheidungsfindung zu den Eurofightern. Eine zentrale Rolle sollen dabei Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Ex-Magna-Europa-Chef Sigfried Wolf spielen (Grasser arbeitete bei Magna und ist der Firmpate von einer der Wolf-Töchter).
Sechs Monate nach Eröffnung des Bieterverfahrens (Airbus war ursprünglich nicht eingeladen mitzubieten), fand mit Grasser auf "Initiative von Siegfried Wolf (...) in den Räumlichkeiten des Airbus-Werkes (...) ein Treffen zwischen ihm, Dr. Manfred Bischoff, dem Vorstandsmitglied bei der DaimlerChrysler AG (...), Aloysius Rauen, dem damaligen Prokuristen von Airbus statt." Sie warben bei Grasser um den Zuschlag für die Lieferung der Jets. Als Ergebnis dieses Treffen bietet Bischoff dem Ex-Finanzminister in einem Schreiben eine "Paketlösung" an.
Der Grüne Peter Pilz analysiert Grassers Rolle so: "Er wechselt mehrmals in der Causa seine Meinung. Zuerst will er gar keine Jets. Dann favorisiert er den US-Lieferanten Lockheed. Und am Ende zieht er plötzlich die Spendierhosen an und kauft das teuerste Modell, obwohl Verteidigungsminister Herbert Scheibner und der Generalstab das Gripen-Modell bevorzugen. Das war ein reines Täuschungsmanöver".
Tatsächlich finden sich auch in der Anzeige einige Verdachtsmomente. Etwa lässt Grasser von seinen Beamten eine Reihung der Bieter anfertigen. Der Eurofighter landete hinter dem Gripen nur auf Platz zwei, mit dem schriftlichen Hinweis des zuständigen Beamten im Finanzministerium "sofern Geld keine Rolle spielt." Grassers damaliger Pressesprecher wies die Beamten im Finanzministerium an, "die Anmerkung sofern ‚Geld keine Rolle spielt‘ im schriftlichen Vermerk (...) zu streichen."
Magna mischt mit
Für Pilz sind Sigi Wolf und Magna-Gründer Frank Stronach zwei Schlüsselfiguren in dem Deal. "Vielleicht handelte es sich mehr um einen Automobil-Deal als einen Jet-Deal", so Pilz. Auch die Rolle Schüssels will der Grüne untersuchen. Dem Ex-Kanzler wird nachgesagt, dass er nur an der Macht interessiert war, aber nicht am Geld. Pilz hat da Zweifel: "Seit Schüssel im Jahr 2003 die schwarz-blaue Koalition wegen der Eurofighter platzen ließ, denke ich mir: Da muss mehr dahinter sein."
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