Eurofighter: Airbus bot Grasser "Paketlösung" an
Der Vorwurf lautet auf "Täuschung". Doch wie und wann haben die Airbus-Manager das Verteidigungsministerium beim Kauf der Eurofighter hinters Licht geführt? Das Delikt soll gleich mehrfach passiert sein. Auf den 133 Seiten der Strafanzeige, die dem KURIER vorliegt, wird detailgenau aufgelistet, wie die Jet-Chefverhandler den österreichischen Beamten glaubhaft versichert haben sollen, dass sie die gewünschten Eurofighter fristgerecht liefern können.
Schlüsselfrage: Welche "Tranche" des Eurofighters wird tatsächlich geliefert, sprich welche technische Ausführung und Baureife landet in Österreich. Auch bei den späteren Vergleichsverhandlungen im Jahr 2007 mit Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos (er reduziert den Ankauf von 18 auf 15 Jets und wechselt die Bautranche) soll Airbus verheimlicht haben, dass sie die Eurofighter im "Bauzustand der Tranche 1 Block 5" nicht liefern können. "Sechs der gelieferten Eurofighter wurden mit einem älteren Konfigurationsstand, nämlich jenem im Bauzustand Tranche 1 Block 2 ausgeliefert", heißt es in der Anzeige.
Auch für Nichtexperten spannender und ominöser verlief die Entscheidungsfindung zu den Eurofightern. Eine zentrale Rolle sollen dabei Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Ex-Magna-Europa-Chef Sigfried Wolf spielen (Grasser arbeitete bei Magna und ist der Firmpate von einer der Wolf-Töchter).
Sechs Monate nach Eröffnung des Bieterverfahrens (Airbus war ursprünglich nicht eingeladen mitzubieten), fand mit Grasser auf "Initiative von Siegfried Wolf (...) in den Räumlichkeiten des Airbus-Werkes (...) ein Treffen zwischen ihm, Dr. Manfred Bischoff, dem Vorstandsmitglied bei der DaimlerChrysler AG (...), Aloysius Rauen, dem damaligen Prokuristen von Airbus statt." Sie warben bei Grasser um den Zuschlag für die Lieferung der Jets. Als Ergebnis dieses Treffen bietet Bischoff dem Ex-Finanzminister in einem Schreiben eine "Paketlösung" an.
Der Grüne Peter Pilz analysiert Grassers Rolle so: "Er wechselt mehrmals in der Causa seine Meinung. Zuerst will er gar keine Jets. Dann favorisiert er den US-Lieferanten Lockheed. Und am Ende zieht er plötzlich die Spendierhosen an und kauft das teuerste Modell, obwohl Verteidigungsminister Herbert Scheibner und der Generalstab das Gripen-Modell bevorzugen. Das war ein reines Täuschungsmanöver".
Tatsächlich finden sich auch in der Anzeige einige Verdachtsmomente. Etwa lässt Grasser von seinen Beamten eine Reihung der Bieter anfertigen. Der Eurofighter landete hinter dem Gripen nur auf Platz zwei, mit dem schriftlichen Hinweis des zuständigen Beamten im Finanzministerium "sofern Geld keine Rolle spielt." Grassers damaliger Pressesprecher wies die Beamten im Finanzministerium an, "die Anmerkung sofern ‚Geld keine Rolle spielt‘ im schriftlichen Vermerk (...) zu streichen."
Magna mischt mit
Für Pilz sind Sigi Wolf und Magna-Gründer Frank Stronach zwei Schlüsselfiguren in dem Deal. "Vielleicht handelte es sich mehr um einen Automobil-Deal als einen Jet-Deal", so Pilz. Auch die Rolle Schüssels will der Grüne untersuchen. Dem Ex-Kanzler wird nachgesagt, dass er nur an der Macht interessiert war, aber nicht am Geld. Pilz hat da Zweifel: "Seit Schüssel im Jahr 2003 die schwarz-blaue Koalition wegen der Eurofighter platzen ließ, denke ich mir: Da muss mehr dahinter sein."
Werner Amon ist unzufrieden, und das hat mit dem Koalitionspartner, konkret mit SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil zu tun. Am Dienstag bekam Amon im "Nationalen Sicherheitsrat" (NSR) alle Dokumente präsentiert, die im Zusammenhang mit der Eurofighter-Anzeige bisher Verschlusssache waren – oder zumindest dachte das der ÖVP-Generalsekretär.
Wie Amon am Freitag gegenüber dem KURIER erklärte, habe Doskozil eine vom 6. Juli 2007 stammende "Detailvereinbarung" im NSR unterschlagen. "Die Vereinbarung wurde mündlich zwischen Darabos und Rauen (EADS-Chef) abgeschlossen und später im Verteidigungsministerium verschriftlicht", sagt Amon. Der ÖVP-Mann weiß das, weil er Eurofighter-Berichte des Rechnungshofes mit dem verglichen hat, was Doskozil präsentierte. Amon fordert, dass die Detailvereinbarung sofort allen Fraktionen vorgelegt wird. "Denn allein ihre Entstehungsgeschichte mutet skurril an."
Am 14. März wollen FPÖ und Grüne im Rahmen einer Sondersitzung im Parlament die Neuauflage des Eurofighter- U-Ausschusses beantragen.
Der Antrag enthält vier Schwerpunkte: Den Start machen Pilz und die FPÖ mit dem Vergleich aus dem Jahr 2007, hier werden Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer und Norbert Darabos befragt. Dann werden unzulässige Zahlungsflüsse, die Informationslage bei Vertragsabschluss 2003 sowie die mögliche Vorenthaltung von Informationen im alten Ausschuss untersucht.
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